Adolf Noreen Altnordische Grammatik I Altisländische und altnorwegische Grammatik 4. Auflage 1923 In HTML umgearbeitet von Andrea de Leeuw van Weenen 2010 |
Noreens Altnordische Grammatik I ist auch nach 87 Jahren noch nicht ersetzt und für wissenschaftliche Zwecke weiterhin maßgeblich. Natürlich ist die 4. Auflage von 1923 längst vergriffen, ebenso deren photomechanischer Nachdruck von 1970 (5., unveränderte Auflage). Antiquarisch sind beide Ausgaben nicht gerade häufig und oft entsprechend teuer. Das brachte mich auf die Idee, eine am Nordischen Institut in Greifswald erstellte Datei zu korrigieren und in HTML-Format umzuwandeln, wobei Verweise als Links ausgeführt wurden.
Die vorliegende Version folgt der Druckversion genau; sie weicht allerdings ab, wenn offensichtliche Druckfehler zu berichtigen waren wie fehlende Klammern, oder < “kommt aus” statt > “wird zu” (und umgekehrt). Einige Verweise im Buch laufen ins Leere, also auf einen fehlenden Paragraphen oder Unterparagraphen; solche Angaben sind berichtigt bis auf ein oder zwei Fälle, wo sich das richtige Ziel nicht sicher feststellen ließ. In den Fällen, in denen der Verweis zwar auf einen existierenden, jedoch nicht den richtigen Paragraphen oder die richtige Anmerkung führt, wurde berichtigt, sofern es mir aufgefallen ist.
Damit im Zweifel nachgeprüft werden kann, ob und wie die HTML-Version mit dem Buch übereinstimmt, steht auch eine Scan-Version zu Verfügung. Diese ist zu erreichen unter digital-humanities.uni-tuebingen.de/altn-gram/noreen1923-digitalisat.
Neuere Untersuchungen und Editionen haben zu der Erkenntnis gefürt, dass Noreens Darstellungen zu berichtigen und differenzieren sind. Ich habe vor, neben die vorliegende HTML-Version, die das gedruckte Buch genau wiedergeben soll (auch den veralteten Anhang Die wichtigsten urnordischen Inschriften), eine kommentierte Version zu erarbeiten, die die verschiedenen Kommentare typografisch von dem Originaltext abhebt und sie mit Namen ihres Autors und Datum versehen soll. Wer einschlägige Berichtigungen zu Noreens Grammatik hat, wird gebeten, diese an die Emailadresse noreen@leeuw.net zu schicken.
Andrea de Leeuw van Weenen
[I. aufl. 1884] Beim ausarbeiten der vorliegenden altisländisch-norwegischen grammatik habe ich in erster linie mich bestrebt, der in den vorhandenen werken dieser art wenigstens nach heutigen anforderungen gar zu kärlich bedachten lautlehre die ihr gebührende sorgfältige behandlung angedeihen zu lassen. Aus der besonders in den letzten jahren auf diesem gebiete so reich emporgewachsenen literatur, die ich mit allem fleiss ausgebeutet zu haben glaube, ist in meine darstellung alles das aufgenommen worden, was mir von wesentlicher bedeutung zu sein und dabei die vergleichsweise gesicherten ergebnisse der forschung darzustellen schien, während noch unabgeschlossene untersuchungen und flüssige theorien nur in geringerem masse berücksichtigung finden konnten. — —
Ein anderer punkt, auf welchen ich auch ganz besonders mein augenmerk gerichtet habe, ist die zeitliche und örtliche auseinanderhaltung der vielartigen in der altnordischen lautgeschichte zutage tretenden erscheinungen. Ich habe also den versuch gemacht, sowol den lautentwicklungen ihr rechtes sprachgebiet als entweder urnordisch, altisländisch oder altnorwegisch anzuweisen, als auch innerhalb jedes der genannten sprachkreise das gegenseitige chronologische verhältnis der erscheinungen , soweit möglich, festzustellen. — —
[II. aufl. 1892] Die schnellen fortschritte unserer wissenschaft haben dazu geführt, dass diese grammmatik schon nach wenigen jahren fast wie ein neues buch erscheint. Von arbeiten, die mir bei der ausarbeitung dieser neuen ausgabe besonders nützlich gewesen sind, nenne ich nur für das altnorwegische die ausgezeichnete abhandlung E. Wadsteins, ‘Fornnorska homilienbokens ljudlära’, Upsala 1890, für das altisländische das musterhafte werk L. Larssons, ‘Ordförrådet i de älsta islänska handsckrifterna’, Lund 1891. — —
Betreffs der altnordischen orthographie habe ich in dieser auflage (wie auch schon in meiner ‘Geschichte der nordischen sprachen’ in Pauls Grundriss I, V, 4) nur die eine wichtige veränderung durchgeführt, welche mir dringend geboten schien, indem ich konsonantisches i und u überall durch i, resp. u (nicht j, resp. v wiedergebe, jenes in einklang mit allen, dieses mit den besten handschriften. — —
[III. aufl. 1903] Wiederum haben die wissenschaftlichen fortschritte dazu geführt, dass die neue auflage meines buches ein wesentlich verändertes aussehen darbietet. Keine seite, kaum ein einziger paragraph ist ohne erhebliche änderung geblieben. Von arbeiten, die mir bei dieser revision förderlich gewesen sind, mögen besonders hervorgehoben werden: für die allgemeine grammatik die wichtige abhandlung O. v. Friesens, ‘Till den nordiska språkhistorien’, Uppsala 1901, welche mir zu einer durchgreifenden umarbeitung der umlautslehre anlass gegeben hat, und für das altnorwegische die reiche materialsammlung M. Hægstads, ‘Gamalt trøndermaal’, Kristiania 1899 (desselben ‘Maalet i dei gamle norske kongebrev’, 1902, habe ich hauptsächlich nur mehr für die nachträge benutzen können).
Um eine allzugrosse anschwellung des buches zu vermeiden, habe ich jedes irgendwie entbehrliche wort gestrichen, besonders bei diejenigen vielen altnorwegischen nebenformen, welche nur ganz regelmässige entsprechungen oder rein orthographische varianten zu den altisländischen sind; so dass also jetzt jede von mir erwähnte form, welche nicht ausdrücklich als ‘aisl.’ oder ‘anorw.’ angegeben wird, als altisländisch und altnorwegisch anzusehen ist, obwol sie nur in ihrem altisländischen gewand auftritt. Trotz dieser knappen form ist dennoch das ganze nicht unbedeutend umfangreicher als früher geworden, besonders wol weil ich nötig gefunden habe seltene sprachformen der regel nach durch quellenzitate zu belegen, was hoffentlich beifall finden wird. Auch habe ich zu den etwas seltneren flexionstypen die beispiele soweit möglich vollständig angeführt, was nicht nur and und für sich empfehlenswert erschien, sondern auch dadurch geboten, dass Wimmers grammatik, auf die ich in den früheren auflagen diesbezüglich manchmal rekurieren konnte, jetzt nicht mehr vorrätig ist.
In der orthographie habe ich jetzt, wie schon in meinem ‘Abriss der an. (aisl.) grammatik’, 1896, die änderung vorgenommen, dass ich ausser bei wiedergabe rein altnorwegischer formen das zeichen ð durch þ ersetzt habe, dies in übereinstimmung mit den ältesten altisländischen handschriften und vielen in der letzten zeit erschienenen ausgaben (auch solchen, die hauptsächlich für anfänger bestimmt sind) wie Sijmons und Jónssons Eddaausgaben, Golthers und Jónssons ausgaben der Íslendingabók u. a. Zwar halte ich es aus gründen, die Brate in Bezzenbergers Beiträgen XI, 179 ff. trefflich entwickelt hat, diese neuerung weder von der wissenschaft unbedingt erheischt, noch für den ersten unterricht gerade förderlich, aber sie ist doch eine früher oder später zu ziehende konsequenz unserer sonstigen altisländischen orthographie und scheint deshalb auch schon ziemlich allgemein durchgedrungen zu sein. — —
Zur vierten auflage: Dass nach zwanzig jahren mein buch in vielfach veränderter gestalt erscheinen muss, ist selbstverständlich. Der text ist jetzt um drei bogen erweitert, der urnordische anhang ist von 68 zu 95 inschriften angeschwollen, und übrigens ist fast jede seite dank reichlicher benutzung der neueren fachliteratur mehr oder weniger revidiert worden. Aus der einschlägigen literatur ist vor allem Hægstads überaus reiches werk Vestnorsk maalføre mir von nutzen gewesen. Viel verdanke ich auch Marstranders Bidrag til det norske sprogs historie. Pippings De nordiska språkens ljudlära ist aber zu spät mir zu hand gekommen um berücksichtigt werden zu können. Die sehr wichtige abhandlung I. Lindquists ‘Galdrar’ (Göteborg 1923) ist erst, nachdem mein runologischer anhang schon gedruckt worden ist, erschienen und hat daher nur als nachtrag einigermassen benutzt werden können.
Herzlichen dank schulde ich sowol herrn Johannes Warneck, der die güte gehabt hat, die ausarbeitung des mühsamen registers zu übernehmen, wie auch meinem sohn Erik, die bei der heiklen korrektur mir vielfache hilfe geleistet hat.
Uppsala, 1. April 1923 Adolf Noreen
Aarbøger = Aarbøger for nordisk oldkyndighet, København 1866 ff.
abb.= abbildung(en).
Accentuierung= Die alt- und neuschwedische accentuierung von A. Kock, Strassburg 1901 (Quellen und forschungen LXXXVII).
adän.= altdänisch.
AfdA.= Anz. f. d. A. (s. unten).
afranz.= altfranzösisch.
afries.= Altfriesisch.
ags.= angelsächsisch.
agutn. = altgutnisch.
ahd. = althochdeutsch.
aind. = altindisch.
air. = altirisch.
aisl. = altisländisch.
allg. = allgemein.
an. = altnordisch.
anal. = analogisch.
anfr. = altniederfränkisch.
An. gr. II = Altnordische grammatik II. Altschwedische grammatik von A. Noreen, Halle 1897 ff.
Annaler = Annaler for nordisk oldkyndighet, København 1836 ff.
anorw. = altnorwegisch.
Ant. tidskr. f. Sv. = Antiqvarisk tidskrift för Sverige, Stockholm 1864 ff.
Anz. f. d. A. = Anzeiger für deutsches alterthum, Berlin 1876 ff.
aostnorw. = altostnorwegisch.
Arkiv = Arkiv for nordisk filologi (s. § 16, a, s.27).
as. = altsächsisch.
aschw. = altschwedisch.
asl. = altslawisch.
awestnorw. = altwestnorwegisch.
beisp. = beispiel.
Beitr. = Beiträge zur geschichte der deutschen sprache und literatur, Halle 1874 ff.
bes. = besonders.
Beyging = J. Þorkelsson, Beyging sterkra sagnorða í íslensku, Reykjavík 1888.
bez. = bezeichnet, -en.
Bezz. Beitr. = Beiträge zur kunde der indogermanischen sprachen, herausgg. von A. Bezzenberger, Göttingen 1877 ff.
Bugge, Bidrag = Bidrag til den ældste skaldedigtnings historie af S. Bugge, Christiania 1894.
Burg = Die älteren nordischen runeninschriften von Fritz Burg, Berlin 1885.
Cod. AM. s. § 12 anm. 2 (s. 15).
Cod. Holm. s. § 12 anm. 2 (s. 15)
Cod. Reg. g. s. s. § 12 anm. 2 (s. 15).
Cod. Tunsb. = Codex Tunsbergensis (s. § 15, 30).
Cod. Ups. Delag. s. § 12 anm. 2 (s. 13).
d. = deutsch.
dän. = dänisch.
dial. = dialektisch.
dicht. = dichterisch.
Egilsson = Lexicon poëticum. conscripsit S. Egilsson, Havniæ MDCCCLX.
engl. = englisch.
F. Hom. = Fornnorska homiliebokens ljudlära af E. Wadstein, Uppsala 1890.
finn. = finnisch.
Forn. forml. = L. F. A. Wimmer, Fornnordisk formlära (s. § 16, 1; die citate stimmen auch mit desselben verfassers ‘Altnordische grammatik, aus dem dänischen übersetzt von E. Sievers’, Halle 1871).
Fritzner = Ordbog over Det gamle norske Sprog af J. Fritzner. Omarbeidet Udgave. I-III, Kristiania 1886-96.
germ. = germanisch.
Germania = Germania. Vierteljahrsschrift hrsgg. von F. Pfeiffer und K. Bartsch, Stuttgart und Wien 1856-81.
Geschichte³ = A. Noreen, Geschichte der nordischen sprachen, 3. Auflage, Strassburg 1913 (in Grundriss³).
geschr. = geschrieben.
gew. = gewöhnlich.
got. = gotisch.
Gött. gel. Anz. = Göttingische gelehrte Anzeigen.
gr. = griechisch.
Grundriss³ = Grundriss der germanischen philologie, herausgg. von H. Paul, 3. auflage, Strassburg 1911 ff.
G. Tr. = Gamalt trøndermaal av M. Hægstad, Kristiania (Videnskabsselskabets Skrifter II, 1899, no. 3) 1899.
Hb. = Hauksbók udg. af Det kong. nord. Oldskrift-selskab, København 1892-96.
hdschr. = handschrift.
Hertzberg = E. Hertzberg, Glossarium, Christiania 1895 (Norges gamle love V, 2).
Hild. = Hildinakvadet av M. Hægstad, Christiania (Videnskabsselskabets Skrifter II, 1900, no. 2) 1900.
ieur. = indoeuropäisch.
I. F. = Indogermanische Forschungen. Zeitschrift hrsg. von K. Brugmann und W. Streitberg, Strassburg 1892 ff.
I. F. Anz. = Anzeiger für indogermanische Sprach- und Altertumskunde, hrsg. von Streitberg, Strassburg 1892 ff.
inschr. = inschrift, -en.
isl. = isländisch.
Kong. = Maalet i dei gamle norske kongebrev av M. Hægstad, Kristiania (Videnskabsselskabets Skrifter I, 1902, no. 1) 1902.
kons. = konsonant(isch).
K. Z. = Zeitschrift für vergleichende sprachforschung, hrsg. von A. Kuhn u. a., Berlin 1852 ff.
lapp. = lappisch.
Larsson = Ordförrådet i de älsta islänska handskrifterna av L. Larsson, Lund 1891.
lautges. = lautgesetzlich.
Læsebog = L. F. A. Wimmer, Oldnordisk læsebog (s. § 16 f.).
lehnw. = lehnwort, -wörter.
litau. = litauisch.
Marstrander, Bidrag = C. J. S. Marstrander, Bidrag til det norske sprogs historie i Irland (in Chra. Vid. Selks. Skrifter, Hist.-fil. Klasse 1915).
mengl. = mittelenglisch.
misl. = mittelisländisch.
mnorw. = mittelnorwegisch.
mndd. = mittelniederdeutsch.
ndän. = neudänisch.
ndd. = (neu)niederdeutsch.
ngutn. = neugutnisch.
nisl. = neuisländisch.
nnorw. = neunorwegisch.
No. Hom. = das anorw. homilienbuch (s. § 15, 6).
No. I. = Norges Indskrifter med de ældre Runer. Udg. ved S. Bugge, und M. Olsen, Christiania 1891 ff.
Nord. stud. = Nordiska studier tillegnade Adolf Noreen, Uppsala 1904.
nschw. = neuschwedisch.
N. spr. = Till den nordiska språkhistorien. Bidrag af O. v. Friesen, Uppsala 1901, 1906 (Skrifter utg. af K. Hum. Vetenskaps-Samfundet i Uppsala VII, 2 und IX, 6).
obl. = casus obliqui.
onorw. = ostnorwegisch.
Oplysninger = Oplysninger til trondhjemske Gaardnavne I, II, Trondhjem 1893 (in K. No. videnskabers selskabs skrifter).
orkn. = orknöisch.
ostn. = ostnordisch.
Reykj. Máld. = Reykjaholts Máldagi (s. § 12, 3 und 9).
Rímb. = Rímbeygla (s. § 12,4).
run. = runisch.
Runenschrift = Die runenschrift von L. F. A. Wimmer. Uebers. von F. Holthausen, Berlin 1887.
schw. = schwach.
selt. = selten.
shetl. = shetländisch.
Skjaldesprog = Det norsk-islandske skjaldesprog. Af F. Jónsson, København 1901.
son. = sonant(isch).
Sønderjyll. run. = Sønderjyllands runemindesmærker af L. F. A. Wimmer, København 1901. (Separat aus ‘Haandbog i det nordslesvigske spörgsmaals historie’).
st. = stark oder statt.
St. Hom. = das Stockholmer homilienbuch (s. § 12, 7).
Studier = Studier over de nordiske Gude- og Heltesagns Oprindelse af S. Bugge, Christiania 1881-89.
Stud. nord. fil. = Studier i nordisk filologi, Helsingfors 1910 ff.
Supplement = Supplement til islandske Ordbøger af J. Þorkelsson, (ved J. Thorkelsson) I, II, IV, Reykjavík 1876, 1879-85, 1899.
Sv. fornm. tidskr. = Svenska fornminnesföreningens tidskrift, Stockholm 1872 ff.
Sv. landsm. = Nyare bidrag till kännedom om de svenska landsmålen ock svenskt folklif, Stockholm 1879 ff.
Tidskr. f. Fil. N. R. und III R. = Nordisk Tidskrift for Filologi (og Pædagogik), Ny Række, resp. Tredje Række, København 1874 ff.
Tidskr. f. Phil. og. Pæd. = Tidskrift for Philologi og Pædagogik, København 1860 ff.
Upphavet = Upphavet til det norske folkemaal av M. Hægstad, Kristiania 1899. (Separat aus ‘Syn og segn’).
urgerm. = urgermanisch.
Urg. lautl. = Abriss der urgermanischen lautlehre von A. Noreen, Strassburg 1894.
urn. = urnordisch.
urspr. = ursprünglich.
Vestno. maalf. = M. Hægstad, Vestnorske maalføre fyre 1350, Kristiania 1906 ff. (in Videnskapsselskapets skrifter).
Vigfusson = An icelandic-english dictionary by G. Vigfusson, Oxford MDCCCLXXIV.
vok. = vokal.
westn. = westnordisch.
wgerm. = westgermanisch.
wnorw. = westnorwegisch.
ZfdA. = Zeitschrift für deutsches Alterthum, Leipzig und Berlin 1841 ff.
ZfdP. = Zeitschrift für deutsche Philologie, Halle 1868 ff.
§ 1. Unter altnordisch (an.) verstehen wir hier die sprache der germanischen bewohner des skandinavischen nordens (mit einschluss von Island, Grönland und den Färöern) und der vom norden aus besiedelten gegenden der jetzigen britischen, russischen und deutschen reiche, von den durch denkmäler bezeugten anfängen (bald nach Christi geburt) dieser sprache bis zur reformation (um 1530). Seit welcher zeit die vorfahren der germanischen bevölkerung im norden vorhanden gewesen sind, kann nunmehr annäherungsweise exakt angegeben werden. Es steht jetzt fest, dass sie schon sehr lange vor Christi geburt da waren, ja nach Montelius, Fürst und De Geer vielleicht teilweise schon bald nach dem 13. jahrtausend v. Chr. Indessen kennt man nichts von der beschaffenheit der sprache in der zeit v. Chr.
Anm. 1. Man wendet bisher oft — aber sehr inkorrekt — die bezeichnung altnordisch als gemeinsamen namen für nur zwei (übrigens nicht hinlänglich scharf auseinander gehaltene) altnordische sprachen (das altisländische und das altnorwegische) an. Diese ausdrucksweise, anfänglich auf einem theoretischen irrtum beruhend, muss aber jetzt, weil auch praktisch irre führend, vermieden werden.
Anm. 2. Ueber das alter der germ. sprache im norden s. einerseits O. Montelius, Nordisk tidskrift 1884, s. 21, und 1921, s. 401 ff.; G. Kossinna, I. F. VII, 276 ff., 293 note und Die Herkunft der Germanen (Mannus-Bibliothek Nr. 6) Würzburg 1911; K. B. Wiklund, När kommo svenskarne till Finland? Upsala 1901; G. Retzius (und C. M. Fürst) Anthropologia suecica, Stockholm 1902, s. 19 ff.; J. Ailio und A. Hackman, Förhistoriska fynd (in Atlas öfver Finland 1910, Text II), s. 24, 39, 86; andererseits Joh. Steenstrup, Historisk tidsskrift (dän.) 6. Række, VI. 114, R. Saxén, Den svenska befolkningens ålder i. Finland (in Finska fornminnesföreningens tidskrift XXI, no. 3), Helsingsfors 1901 und B. Salin, Vitterhets historie och antiqvitets akademiens Månadsblad 1896, s. 42 ff. (Stockholm 1901).
§ 2. Seinen verwandtschaftsverhältnissen nach bildet das nordgermanische oder nordische einen selbständigen zweig innerhalb der germanischen (germ.) familie des indoeuropäischen (oeur.) sprachstammes. Seine nächsten verwandten sind also die beiden übrigen zweige derselben familie, der (wandilische oder) ostgermanische — das gotische (got.), wandalische, burgundische u. a. umfassend — und der (deutsch-englische oder) westgermanische (wgerm.), von denen vielleicht jener dem nordischen etwas näher steht, weshalb er früher oft mit diesem unter dem namen "ostgermanisch" zusammengefasst worden ist. Die vorzugsweise wichtigen übereinstimmungen der nord- und ostgermanischen sprachen sind:
Anm. Noch andere übereinstimmungen erwähnt H. Hirt, Journal of germ. philology II, 272.
§ 3. Das altnordische ist keine einheitliche sprache, sondern eine kollektivbezeichnung vieler zu verschiedenen zeiten und in verschiedenen gegenden existierenden sprachen, von denen die älteste, die zugleich die mutter der übrigen ist, passend als urnordisch (urn.) bezeichnet wird. Unter der urnodischen sprache versteht man demnach das altnordische bis zu der zeit seiner verzweigung in verschiedene dialekte, die später als völlig selbständige sprachen hervortraten. Diese spaltung fällt in die sogenannte vikingerzeit (c. 800 bis c. 1050) und ergab statt éiner altnordischen sprache zunächst drei: altnorwegisch (anorw.), altschwedisch (aschw.), das in weiteren verstand auch den sehr eigentümlichen altgutnischen (agutn.) dialekt umfasst, und altdänisch (adän.), zu denen nach der besiedelung Islands (c. 900) bald als vierte altisländisch (aisl.) kam. Erst im 11. jahrh. sind die differenzen so gross, dass man von vier (literatur)sprachen, statt dialekten, reden darf, wenn auch noch lange zeit einerseits aisl. und anorw., andererseits aschw. und adän. einander sehr nahe stehen, so dass man die beiden ersten als westnordische (westn.), die beiden letzteren als ostnordische (ostn.) gruppe zusammenzufassen pflegt.
Anm. In der vikingerzeit und noch später wurde sowol in Skandinavien als in England das altnordische als dǫnsk tunga ‘dänische zunge’ bezeichnet. Später kam dieser ausdruck auch, obwol selten, in der bedeutung von altwestnordischer sprache statt des dann in dieser bedeutung üblichen norrǿnt mál ‘nordische sprache’ vor.
§ 4. Die hauptkennzeichen des urnordischen gegenüber dem gotischen sind:
§ 5. Die denkmäler des urnordischen bestehen fast ausschliesslich aus runeninschriften. Diese, die an altertümlichkeit der sprachform alle übrigen germanischen sprachdenkmäler überragen, bedienen sich des älteren, allen germanischen stämmen gemeinsamen runenalphabets von 24 zeichen und sind zu einer anzahl von beinahe 150 in Schweden, Norwegen und Dänemark vorhanden. Von dieser ziemlich grossen anzahl sind jedoch nur etwa die hälfte von eigentlich sprachlicher bedeutung, und auch von diesen sind die meisten sehr kurz. Die wichtigsten sind die folgenden, welche hier in chronologischer ordnung aufgeführt werden, wiewol bei vielen die datierung sehr unsicher ist und die ansichten der gelehrten zum teil noch ein wenig auseinander gehen.
Aus der zeit c. 200-300 n. Chr. die inschriften von Øvre Stabu, Mos, Vi und Torsbjærg.
300-400 die inschriften von Nedre Hov, Fløksand, Kylver, Einang, Himlingøie und Nydam.
400- 500 die inschriften von Lindholm, Kragehul, Gjersvik, Vetteland, Nordhuglen, Ødemotland, Möjebro, Svarteborg, Rö, Strårup, Galleshus, Darum, Dannenberg, Stenstad, Etelhem, Fyn (brakteat nr. 24), Maglemose, Næsbjærg, Seeland (brakt. nr. 57), Skodborg, Schonen (brakt. nr. 19), Börringe, Åsum, Vadstena. Fredrikstad, Bjørnerud, Selvig, Skärkind, Berga, Skåäng, Krogsta und Tune.
500-600 die inschriften von Tu, Kjølevig, Norge (brakt. nr. 48), Valsfjorden, Søtvet, Trollhättan, Skrydstrup, Fæmø, Tanum, Tjurkö, Ågedal, Overhornbæk, Bø, Bratsberg, die ältere von Tørviken, Belland, die ältere von Myklebostad, Vånga, Fonnås, Tomstad, Elgesem, Saude, Järsberg, Opedal, Reistad, Møgedal und Årstad.
600-700 die inschriften von Stora Noleby, Amle, Veblungsnæs, Eidsvåg, Strøm, By, Kinneved, die jüngere von Myklebostad, Istaby, Gummarp, Stentoften, Førde, Björketorp und Eggjum.
700-800 die inschriften von Valby, Vatn, die jüngere von Tørviken, Tveito, Hammeren, Roes, Flistad, Sölvesborg, Tanem, Farsund, Martebo und Rävsal.
Anm. Ueber die urn. inschriften vgl. u. a. besonders die bahnbrechenden abhandlungen von S. Bugge in Tidskr. f. Phil. og. Pæd. VII, VIII und in Aarbøger 1871 und 1905, sowie desselben und M. Olsens grossartiges werk Norges Indskrifter med de ældre Runer, Chra. 1891 ff.; ferner L. Wimmer, Die runenschrift, Berlin 1887, Sønderjyllands runemindesmærker, Kopenhagen 1901; F. Burg, Die älteren nordischen runeninschriften, Berlin 1885; E. Brate in Bezz. Beitr. XI, 177 ff. Zur chronologie vgl. O. Montelius in Sv. fornm. tidskr. VI, 265 ff. und IX. 272 ff.; Wimmer, Runenschrift, s. 300 ff., Sønderjyll. run., s. 28 ff.; Bugge und Olsen, No. I. passim; vor allem aber H. Schetelig, No. I. III, 1 ff. (1914). Abbildungen bei G. Stephens, Handbook of the old northern runic monuments of Scandinavia and England, Kopenh. 1884; die norwegischen besser bei Bugge, No. I. — S. übrigens unten im Anhang betreffs der verschiedenen inschriften.
§ 6. Eine andere, zum teil wahrscheinlich ältere quelle zur kenntnis des urnordischen haben wir in den lehnwörtern, die aus dem urn. in die finnischen und, durch diese vermittelt, auch die lappischen sprachen hineingekommen sind, und die oft noch altertümlichere sprachformen als die der runeninschriften voraussetzen, was vielleicht daraus zu erklären ist, dass die entlehnungen zum teil schon in den ersten jahrhunderten unserer zeitrechnung (um 200 oder wol noch früher) stattgefunden haben; andererseits aber ist es oft schwer oder unmöglich, diese lehnwörter von einigen in das finnische wahrscheinlich aus dem gotischen eingedrungenen wörtern auszuscheiden, ein umstand, welcher den wert dieser quelle für die nordische sprachgeschichte ein wenig vermindert, besonders weil eben die altertümlichsten formen in dieser weise zweideutig sind.
Anm. Vgl. V. Thomsen (übers. von E. Sievers), Ueber den einfluss der germ. sprachen auf die finnisch-lappischen, Halle 1870, Beröringer mellem de finske og de baltiske Sprog (in Videnskabs Selskabets Skrifter, 6. Række, hist. og phil. Afd. I, 1), Kopenh. 1890 (bes. s. 27 ff., 150 f.); K. B. Wiklund, Lule-Lappisches Wörterbuch, Helsingsfors 1890 (bes. s. 179 ff.), Laut- und Formenlehre der Lule-Lappischen Dialekte (in Göteborgs K. Vetenskaps- och Vitterhets Samhälles Handlingar, Ny tidsföljd XXV), Sthlm. 1891, Die nordischen Lehnwörter in den russisch-lappischen Dialekten (in Journal de la société finno-ougrienne X, 146), Helsingsfors 1892, und De svenska nomadlapparnas flyttningar, Ups. 1908, s. 237 ff., sowie (besonders wichtig) Le monde oriental V, 217 ff.; O. Almgren, Antikvarisk tidskrift för Sverige XX, 1, s. 61 ff.; J. K. Qvigstad, Nordische Lehnwörter im Lappischen (in Christiania Videnskabs-Selskabs Forhandlinger 1893, no. 1), Christiania 1893; Setälä, Journal de la Sociéte Finno-ougrienne XXIII, 1, s. 1 ff., T. E. Karsten, Indogerm. Forschungen XXII, 293 ff., Germanisch-Romanische Monatschrift VI, 65 ff., Svenskarnas bosättningar i Finland, Helsingfors 1914, und (wichtig) Germanisch-finnische Lehnwortstudien, Helsingfors 1915 (wozu vgl. den wichtigen aufsatz K. B. Wiklunds, Die ältesten germanischen Lehnwörter im Finnischen in I. F. XXXVIII), und Fragen aus dem Gebiete der germ.-finn. Berührungen, Hfors 1922.
§ 7. Weniger ergiebig ist eine dritte, übrigens oft schlecht überlieferte, quelle: die nordischen orts- und völkernamen bei lateinischen und griechischen schriftstellern aus den letzten jahrhunderten vor und den ersten jahrhunderten nach Chr., wie z. b. Polybios, Cäsar, Livius, Strabo, Mela, Plinius, Tacitus, Ptolemaios, Prokopios und vor allem Jordanes (im 6. jahrh.).
Anm. Vgl. z. b. K. Müllenhoff, Deutsche alterthumskunde II, Berlin 1887; L. F. Läffler, Om de östskandinaviska folknamnen hos Jordanes (in Sv. landsm. XIII, 9), Sthlm. 1894; Th. v. Grienberger, ZfdA. XLVI, 128 ff.; G. Werle, die ältesten germanischen Personennamen, Strassburg 1910; M. Schönfeld, Wörterbuch der altgerm. Personen- und Völkernamen, Heidelberg 1911; J. V. Svensson, De nordiska folknamnen hos Jordanes (Namn och bygd V) 1917, Ptolemæus’ redogörelse för folken på ön Skandia (Namn och bygd VII) 1919; A. Noreen, Nordens älsta folk- och ortnamn (Fornvännen 1920; mit karte).
§ 8. Eine übersicht der urn. grammatik zu geben ist wenigstens zur zeit nicht wol möglich, da die quellen teils an umfang unzureichend, teils oft nicht sicher deutbar sind. Die bisherigen ergebnisse der forschungen auf diesem gebiete finden daher am besten ihren platz als momente in der darstellung der beiden altertümlichsten tochtersprachen des urnordischen. Dies sind die westnordischen.
Die wichtigsten übereinstimmungen der beiden altwestnordischen (awn.) literatursprachen, wie sie in den ältesten quellen hervortreten, gegenüber den altostnordischen (aon.) sind:
Anm. Was hier angeführt ist, gilt nur für die eigentlichen literatursprachen. Dialektisch kamen ohne zweifel vielfache abweichungen vor, wie dies besonders in moderner zeit der fall ist. (Ueber die gruppierung der neunordischen dialekte s. Noreen, Vårt språk I, 129 ff.; B. Hesselman, Sveamålen, Upps. 1905; H. Geijer bei I. Flodström, Sverges folk, s. 196 ff., Upps. 1918; A. B. Larsen, Oversigt over de norske bygdemål, Kra. 1898; M. Kristensen, Nydansk, Kph. 1906).
§ 9. Die hauptunterschiede des altisländischen und altnorwegischen untereinander, wie sie in den ältesten literarischen quellen hervortreten, sind:
Anm. Ueber einige syntaktische differenzen s. Nygaard, Norrøn Syntax, s. 4 note.
§ 10. In der geschichte des altisländischen kann man am passendsten drei perioden unterscheiden: Die erste von den anfängen der besiedelung (ende des 9. jahrhs.) bis um 1150 zeigt noch eine sprachform, die anfangs natürlich gar nicht, später fast nur durch die oben (§ 9) angegebenen merkmale von dem ältesten anorw. unterscheidbar ist. Die zweite, die des sog. klassischen aisl., von c. 1150 bis c. 1350 zeigt dagegen wichtige sprachliche veränderungen, die den unterschied vom anorw. scharf hervortreten lassen, wie z. b. den übergang von ǿ in ǽ (s. § 120), später auch von é in ié (§ 103); die dehnung von a, o, u vor l + f, g, k, m, p, später auch von a vor ng und nk (§ 124, 3 und 4); die vertretung älterer e, o in endungen durch resp. i, u (§ 145, 1 und § 146, 1); später diphthongierung von e, ǫ zu resp. ei, au vor ng, nk (§ 102 und § 105), während ǫ sonst zu ø wird (§ 115, 2); svarabhaktisches u zwischen konsonanz und auslautendem r (§ 161, a); mediopassiv auf -z, später -zt statt sk. Die dritte — ‘mittelisländische’ (misl.) — periode von c. 1350 bis um 1530 zeigt spuren von mehreren sprachlichen erscheinungen, die sonst als das neuisländische konstituierend betrachtet werden, wie z. b. den übergang von á in ó nach v und w (§ 86); von anlautendem kn- in hn- (§ 249); von rn und nn in ddn (§ 305); von rl und ll in ddl (§ 305); mediopassiv auf -st statt -zt u. a. m.
§ 11. Dialektische differenzen innerhalb des altisländischen sind nur in sehr geringem mass bemerkbar, wenn sie auch natürlich nicht ganz fehlen. So z. b. zeigt sich um 1200 teils ein (z. b. in Reykjaholts máldagi I und II, s. unten § 12, 3 und 9) westlicher dialekt mit e, o in endungen und mit partikel es. teils (z. b. in der urkunde von Spákonuarfr, s. § 12, 11) ein nördlicher mit i, o in endungen (jedoch -er und -ungr) und mit partikel er (s. Neckel, Beitr. XL, 66 ff.). Ein übergang von lf, rf in lb, rb tritt vorzugsweise in solchen handschriften des 13. und 14. jahrhs. auf, die aus dem westlichen viertel der insel stammen (§ 237, 3). Andererseits unterbleiben im westen die sonst allgemein vor ng und nk auftretenden erscheinungen: diphthongierung des e zu ei (§ 102) und dehnung des a zu á (§ 124, 4). Anlautendes kn ist im norden nicht zu hn- (§ 249) geworden. Einige aisl. handschr. schieben s zwischen f und t ein, andere aber nicht (§ 309, 1). In einigen fällen, wo die schrift keine verschiedenheit aufzuweisen hat, darf eine solche auf grund der jetzigen mundarten vorausgesetzt werden. So z. b. ist wol der unterschied ziemlich alten datums, dass altes hw im norden und westen als kv, in einem teile bes. des südöstlichen Islands als ch, sonst aber als chw ausgesprochen wird. Die hierher gehörigen fragen sind aber bisher fast gar nicht untersucht worden, weshalb nähere aufschlüsse noch nicht zu geben sind. — Inwieweit die sprache Grönlands (wo von 986 bis c. 1450 isländische kolonisten wohnten) ein von derjenigen des mutterlandes abweichendes gepräge gehabt hat, ist den unbedeutenden (runen-)denkmälern — den beiden aus c. 1300 stammenden runensteinen von Kingittorsuaq und Napassut; s. F. Jónsson in Det grønlandske Selskabs Aarskrift 1914, resp. 1916 — gegenüber nicht mit irgendwelcher sicherheit abzusehen.
§ 12. Die denkmäler des aisl. sind zweierlei art:
A. Runeninschriften. Diejenigen (etwa 45), welche sich noch auf Island befinden, sind sämtlich in sprachlicher hinsicht ziemlich wertlos, zumal die ältesten (die inschriften auf dem kirchtor von Valþjófstaður und auf einem grabstein von Hjarðarholt) erst aus der zeit um 1200 (oder etwas später), resp. aus dem ende des 13. jahrhs. stammen und also beträchtlich jünger als die ältesten handschriften mit lateinischen alphabet sind.
Anm. 1. Vgl. Kr. Kålund in Aarbøger 1882, s. 57 ff.; B. M. Ólsen in Árbók hins íslenzka fornleifafélags 1899, s. 19 ff.; F. Jónsson, Aarbøger 1910, 295 ff.
B. Handschriften mit lateinischem alphabet, die sowol überaus zahlreich als auch zum grossen teil sehr wertvoll sind. Von den durch alter oder sonst besonders wichtigen seien hier erwähnt:
a) Aus der zeit 900-1100 stammen die vielen aisl. personennamen im sog. Reichenauer Necrologium; hrsgg. (nur die aisl. namen) im Diplomatarium islandicum I, Kopenhagen 1857-76, s. 171 f., besser, weil nach der originalhandschrift (und zwar alle an. namen) von P. Piper, Libri confraternitatum (in Monumenta Germ. historica 1884), s. 145-352.
b) Aus der 2. hälfte des 12. jahrhs. (ältere handschr. wie z. b. diejenigen des schon im jahre 1118 niedergeschriebenen gesetzbuches Hafliþaskrǫ́ sind nicht mehr vorhanden):
c) Aus der zeit c. 1200 bis gegen 1250:
d) Aus der zeit c. 1250-1300:
e) Aus der zeit c. 1300 bis c. 1350:
f) Noch spätere handschriften sind in sprachlicher hinsicht weniger bedeutend. Hier mag von solchen nur erwähnt werden:
Anm. 2. Ueber die aisl. literatur s. vorzugsweise K. Maurer, Ueber die ausdrücke altnordische, altnorwegische und isländische sprache, München 1867 (in den schriften der bair. akademie); Udsigt over de nordgermaniske retskilders historie, Kra. 1878; Ueberblick über die geschichte der nordgermanischen rechtsquellen, Leipzig 1882 (in v. Holtzendorff's Encyclopädie der rechtswissenschaft I⁴, 321 ff.); G. Storm, Snorre Sturlassöns historie-skrivning, Kopenh. 1873; G. Vigfusson, Sturlunga saga I (prolegomena), Oxford 1878; G. Þorláksson, Udsigt over de norsk-islandske skalde, Kopenh. 1882; G. Cederschiöld, Fornsögur Suðrlanda (einleitung), Lund 1884; J. Þorkelsson, Om digtningen på Island i det 15. og 16 årh., Kopenh. 1888; R. Meissner, Die Strengleikar, Halle 1902. Eine knappe übersicht bietet W. Golther, Nordische Literaturgeschichte I (Sammlung Göschen nr. 254); eine ausführliche gesamtdarstellung E. Mogk im Grundriss² VI, 5, A, s. 555 ff. (vgl. K. v. Amira, ib. ³, Grundriss des germanischen Rechts); ausführlicher und reichhaltiger F. Jónsson, Den oldnorske og oldislandske litteraturs historie I-III, Kopenh. 1894. 1902 (2. ausgabe 1920 ff.; kürzer Den islandske litteraturs historie, Kopenh. 1907), wozu vgl. B. M. Ólsen, Hvar eru Eddukvæðin til orðin (in Tímarit 1894), S. Bugge, Helgedigtene, Kopenh. 1896, und B. Sijmons, Die lieder der Edda (Einleitung), Halle 1906, sowie F. Jónsson, Norsk-islandske kultur- og sprogforhold i 9. og. 10. årh. (Det K. Da. Vid. Selsk. Hist.-filol. Meddelelser III, 2), Kopenh. 1921.
Vollständiges Verzeichnis der textausgaben bei Th. Möbius, Verzeichniss der auf dem gebiete der altnordischen (altisländischen und altnorwegischen) sprache und literatur von 1855 bis 1879 erschienen schriften, Leipzig 1880, und Catalogus librorum islandicorum, Leipzig 1856 (für die zeit vor 1855); die nach 1880 erschienenen ausgaben verzeichnet jährlich das Arkiv. S. ferner H. Hermansson, Islandica I-XIV, Cornell university, Ithaca, New York 1908-21. — Vollständiges verzeichnis aller ausserhalb des atlas publizierten aisl.-anorw. faksimilia bietet Palæogr. Atlas, Ny serie. s. XI ff.
Die handschriften sind vorzugsweise in folgenden grossen sammlungen aufgewahrt: 1. Die Arnamagnæanische (AM.) der universitätsbibliothek zu Kopenhagen; s. (Kr. Kålund), Katalog over den Arnam. håndskriftsamling, I, II, Kopenh. 1888-94. 2. Die alte sammlung der königlichen bibliothek (Reg. g. s.) zu Kopenhagen; s. (Kr. Kålund) Katalog over de oldnorsk-islandske håndskrifter i det store k. bibliotek, Kopenh. 1900. 3. Die Delagardiesche der universitätsbibliothek zu Upsala (Ups. Delag.); s. V. Gödel, Katalog öfver Upsala universitets biblioteks fornisländska och fornnorska handskrifter (in Skrifter utgifna af Humanistiska vetenskapssamfundet i Upsala II, 1), Ups. 1892. 4. Die sammlung der königlichen bibliotek zu Stockholm (Holm.); s. V. Gödel, Katalog öfver kongl. bibliotekets fornisländska och fornnorska handskrifter (in Kongl. bibliotekets handlingar nr 19-22), Stockh. 1897-1900. — Zur datierung der ältesten hdschr. vgl. vor allem Kålund in Palæogr. atlas, bes. s. IX.
§ 13. Innerhalb der geschichtlichen entwicklung des altnorwegischen kann man dieselben drei perioden wie im aisl. unterscheiden. Die sprachform der ersten periode ist in ihrem gegensatze zum aisl. durch das oben (§ 9) angeführte schon hinlänglich charakterisiert worden. Die zweite periode (c. 1150 bis c. 1350) scheint zunächst keine grösseren veränderungen durchgeführt zu haben. Das 14. jahrh. bringt aber mehrfache abweichungen vom älteren sprachgebrauche mit sich. So z. b. treten ziemlich allgemein ll (zum teil schon im 13. jahrh.), nn, ss statt resp. rl, rn, rs auf (s. § 272); i wird vor f, p, m, l, r + kons. oft zu y (§ 85); zwischen kons. und auslautendem r entsteht ein svarabhaktivokal, nach welchem das r bisweilen schwindet (§ 161 b, § 301, 2) u. a. m. Die dritte — ‘mittelnorwegische’ (mnorw.) — periode (c. 1350 bis um 1530), die übrigens seit 1400 fast gar keine andere literatur als diplome aufzuweisen hat, lässt z. b. anlautendes hw- in grosser ausdehnung zu kv- (§ 243) und þ durchgehends zu t werden (s. § 233 anm. 1) , während ð nach vokal schwindet. Uebrigens zeigt diese periode infolge der vereinigung Norwegens (1319) in personalunion mit Schweden einen ziemlich starken einfluss des schwedischen (z. b. die endung -in in der 2. pl. des verbs, einzelne schwedische wortformen wie biugg st. bygg gerste, hgh st. hár hoch, später hra st. høyra, mēr st. mæir) und, nachdem Norwegen später mit Dänemark vereint worden ist, noch mehr des dänischen (z. b. stimmhafte statt stimmloser verschlusslaute nach vokalen, -e statt -a in endungen, einzelne dänische lehnwörter und wortformen wie sē st. siá sehen, spørge st. spyria fragen u. a. m.) auf die sprache Norwegens. Schon seit 1450 sind alle aus Kopenhagen stammenden königlichen briefe und seit 1510 auch alle erzbischöflichen rein dänisch abgefasst. Endlich hört das norwegische zur zeit der reformation auf als offizielle literatursprache zu existieren, wird durch das dänische ersetzt (als rechtssprache jedoch erst um 1600) und lebt von da ab bis in die erste hälfte des 19. jahrhunderts nur in seinen dialekten (vgl. A. Taranger, Vort retsmaals historie 1388 bis 1604, Kra. 1900; R. Iversen, Bokmål og talemål i Norge 1560 bis 1630, I, Kra. 1921, in Videnskapsselskapets skrifter).
§ 14. Schon in alter zeit sind im anorw. dialektische differenzen bemerkbar, wie es auch bei den geographischen verhältnissen nicht anders zu erwarten war. Besonders hervortretend — je später je mehr — ist der gegensatz zwischen der sprache des westlichen Norwegens (zwischen Langesund und Molde), welche zum teil dieselbe entwicklung wie ihre tochtersprache auf Island durchläuft, und derjenigen des östlichen Norwegens, welche noch mehr in die augen fallende übereinstimmungen mit dem gleichzeitigen altschwedisch aufzuweisen hat. Die hauptunterschiede des ostnorwegischen (onorw.) vom westnorwegischen (wnorw.) um 1300 dürften sein:
Das ostnorwegische zerfällt schon zu dieser zeit in zwei deutlich geschiedene dialektgruppen: einerseits eine nördliche, das sog. drontheimische, welches sich um 1300 zu einer, zwar etwas westnorwegisch gefärbten, reichssprache entwickelt, die in königlichen briefen zur anwendung kommt; anderseits eine südliche, das sog. ostländische. Die hauptunterschiede dieser gruppen sind damals:
Das westnorwegische wiederum zerfällt seinerseits ebenfalls in zwei (literarisch bezeugte) dialektgruppen: das sog. nordwestnorwegische (von Molde bis Sogn, westlich) und das sog. südwestnorwegische (von Sogn, östlich, bis Langesund). Die hauptunterschiede dieser beiden gruppen sind:
Schwieriger ist — wegen des fast gänzlichen mangels an einschlägigen denkmälern — zu bestimmen, inwieweit die dialekte, die sich auf den westlichen inseln Europas ausbildeten, nachdem sich dort skandinavische - wol meist norwegische — auswanderer angesiedelt hatten, von der sprache des mutterlandes abwichen. Diese kolonien waren:
§ 15. Die denkmäler des altnorwegischen (mit ausschluss der eben erwähnten inseldialekte) sind, wenn wir von den vielen ins altirische (etwa 100, vorzugsweise im 11. jahrh. entlehnten, s. Marstranders eben erwähnte Bidrag usw.) und noch mehr ins angelsächsische und mittelenglische (s. Björkman, Scandinavian loanwords in Middle English, I 1900, II 1902. Nordische Personennamen in England 1910, Zur englischen Namenkunde 1912 und Zur dialektischen provenienz der nordischen lehnwörter im englischen in Språkvetenskapliga sällskapets i Upsala förhandlingar 1897-1900; H. Lindkvist, Middle-English place-names of Scandinavian origin I, Uppsala 1912, und Some Old Scandinavian deposits in Middle English records in Minnesskrift tillägnad A. Erdmann, Uppsala 1913) eingedrungenen wörtern sowie von den wenigen bei lateinischen schriftstellern zitierten eigennamen absehen, zweierlei art:
A. Runeninschriften (etwas mehr als 300), von denen jedoch die weitaus meisten gleichzeitig oder doch wenig älter als die ältesten literaturdenkmäler sind, daher in sprachlicher hinsicht nicht besonders wichtig. Hier mögen deshalb nur erwähnt werden aus der zeit um 1000 die wichtige und ausführliche (210 runen) inschrift von Karlevi (auf der schwedischen insel Öland) — in welcher ein norwegischer skalde in ‘dróttkuǽtt’ einen dort begrabenen dänischen häuptling verherrlicht —, um 1050 die inschrift von Frösö in der jetzt schwedischen provinz Jämtland, um 1150 die von Flatdal in Telemarken und aus dem 13. jahrh. die zum teil metrischen inschriften von Årdal in Sogn.
Anm. 1. S. besonders Nicolaysen, Norske fornlevninger, Chr. 1862-66; Undset, Indskrifter fra middelalderen i Throndhjems domkirke (Chra. Videnskabs-selskabs forhandlinger 1888, nr. 4); S. Boije in Bidrag till kännedom om Göteborgs och Bohusläns fornminnen och historia III, 266 ff., Sthlm. 1886 (behandelt die Inschriften der jetzt schwedischen provinz Bohuslän; dazu auch Brusewitz und Montelius ib. I, 425 ff.); Bugge, No. I. passim, und No. I. med. de yngre Runer 1902, 1906; M. Olsen (und Bugge), Runenindskrifterne i Urnes kirke i Sogn (in Aarsberetning for foreningen til norske fortidsmindesmærkers bevaring 1907); M. Olsen und H. Schetelig, De to runestener fra Tu og Klepp fra Jæderen (in Bergens museums aarbog 1909, no. 11); O. v. Friesen in Hoops Reallexikon IV, 30 ff. Ueber die inschr. von Karlevi s. S. Söderberg, Ölands runinskrifter, Sthlm. 1900 ff., s. 14 ff., Bugge, Aarbøger 1900, s. 1 ff., Gering, ZfdPh. XXXVIII, 142, Brate, Ölands runinskrifter, s. 134 ff., Wimmer ib., s. 136 ff. und De danske runemindesmærker I, CXIV ff., die von Frösö s. Noreen im Arkiv III, 31 ff.; die von Flatdal. s. Wimmer, Døbefonten i Åkirkeby kirke, s. 53 f., Kopenh. 1887; die von Årdal s. Bugge in Foreningens til norske fortidsmindesmærkers bevaring aarsberetning for 1868, s. 30 ff., Chra. 1869. Die 23 inschriften aus Telemarken behandelt O. Skulerud, Telemaalet, Kra. 1918, s. 36 ff., 70 u. 101.
B. Handschriften mit lateinischem alphabet, die zwar nach anzahl hinter den aisl. unvergleichlich zurückstehen, aber in betreff des alters diesen fast gleichkommen. Als die ältesten und wichtigsten mögen hier erwähnt werden:
a) Aus der zeit 900-1100 stammen die anorw. (von den ostn. nicht genau zu scheidenden) personennamen im Reichenauer Necrologium (s. § 12, B, a) und die anorw. namen unter den (überwiegend wol adän.) c. 200 namen in Durhams “Liber vitae” (seit 800), hrsgg. von J. Stefansson, The oldest known list of Scandinavian names (in Saga-Book of the Viking Club IV, 296 ff.), sowie unter den mehr als 50 namen in einer ags. handschrift aus dem anfang des 11. jahrh., hrsgg. von G. Stephens in Blandinger I, 62.
b) Aus dem ende des 12. jahrh. (obwol das drontheimer gesetzbuch schon vor 1047 und das christenricht vielleicht noch früher niedergeschrieben sein sollen):
c) Aus der zeit c. 1200 bis gegen 1250:
d) Aus der zeit c. 1250 bis c. 1300:
e) Aus der zeit c. 1300 bis c. 1350:
Uebrigens mag als in sprachlicher hinsicht besonders wichtig hervorgehoben werden die grosse menge von diplomen, die seit dem anfang des 13. jahrhs. das ganze mittelalter hindurch auftreten, nach 1400 fast die einzigen literaturdenkmäler ausmachen und vorzugsweise für die erforschung der dialektischen differenzen der jeweiligen sprachform von belang sind; hrsgg. von Lange, Unter und Huitfeldt-Kaas, Diplomatarium norvegium, Chra. 1847-1915 (B. I-XX), sowie Taranger, Johnsen und Kolsrud, Norges gamle love 2. række, I (1388 bis 1447), Chra. 1904-12, II (1448-82) 1914-18. Phototypisch wiedergegeben sind 3 aus der zeit 1225-77 in Palæogr. atlas nr. 49-51 und 6 aus der zeit 1340-1484 in Palæogr. atlas, Ny serie nr. 50-55.
Anm. 2. Ueber die anorw. literatur (welche fast immer mit der aisl. zusammen behandelt worden ist), die textausgaben und die handschriftsammlungen s. die oben § 12 anm. 2 erwähnten werke.
Anm. 3. Eine gruppierung der wichtigsten anorw. denkmäler nach dialekten bietet M. Hægstad, G. Tr., s. 23 ff., 96f, Vestno. maalf. Innleiding, s. 8 ff., Nordvestlandsk, s. 30 ff., Sudvestlandsk I, 102 ff., II, 2, ɪɪ, s. 30 ff., Hoops Reallexikon III, 336 f. Demnach wären z. b. von den oben verzeichneten hdschr. ostl. nr. 7, 8, 10, 18, 21, 30, dronth. nr. 1, 5, 11, 12, 20, 26 erste (und zweite?) hand, 29, nordwestnorw. nr. 2, 3, 4, 6 erste und zweite hand, 9, 15, 17, 31, südwestnorw. nr. 6 dritte hand, 13, 14, 16, 19, 22, 23, 24, 26 dritte hand, 27, 28.
§ 16. Aus der menge von hilfsbüchern zum studium der aisl. und anorw. sprachen — die bisher fast nie gesondert behandelt worden sind — mögen als die brauchbarsten hervorgehoben werden:
Laut- und flexionslehre:
L. F. A. Wimmer, Fornnordisk formlära, Lund 1874, verglichen mit der vorrede zu dem lesebuche desselben verfassers. Die eigentliche formenlehre ist besonders gut, die lautlehre knapp und jetzt veraltet.
Einen knapp gehaltenen leitfaden für den anfänger bietet A. Noreen, Abriss der altisländ. grammatik, 3 aufl., Halle 1913.
Eine geschichtliche darstellung gibt A. Noreen, Geschichte der nordischen sprachen, 3. aufl. (im Grundriss³), s. 1-34, 67-126, 162-230.
Einzelne gebiete behandeln ausführlicher u. a. F. Jónsson, Det norsk-islandske skjaldesprog, Kopenh. 1901 (nur beiträge zur flexionslehre); Norsk-islandske kultur- og sprogforhold i 9. og. 10. årh., s. 192 ff., Kopen. 1921; J. Þorkelsson, Athugasemdir um íslenzkar málmyndir, Reykjavik 1874; Breytingar á myndum vidtengingarháttar, Reykj. 1887; Beyging sterkra sagnorða, Reykj. 1888-94 (vgl. dazu Wadstein, Arkiv VIII, 83 ff.); Íslensk sagnorð með þálegri mynd i nútið. Reykj. 1895; B. Kahle, Die sprache der skalden, Strassburg 1892; S. Bugge bei Fritzner, Ordbog, 2. aufl., B. III, 1101 ff.; O. v. Friesen, Till den nordiska språkhistorien, Upps.-Leipz. I, 1901, II, 1906; H. Celander, Om overgången ð > d i fornisländskan och fornnorskan, Lund 1906; B. Hesselman, Västnordiska studier I, II, Upps.- Leipz. 1912, 1913; die einleitungen zu L. Larsson's ausg. der Isl. handskr. nr. 645, 4º, Lund 1885, und des Cod. 1812, 4º, Kopenh. 1883; H. Gering's ausg. der Finnboga Saga, Halle 1879, und der Íslendzk Ǽventyri I, Halle 1882; V. Dahlerup's ausg. des Ágrip, Kopenh. 1880; der Arnamagnæanischen ausg. der Hauksbók, Kopenh. 1892-6; E. Olson, Yngvars saga, Kopenh. 1912; M. Olsen, Vǫlsunga saga, Kopenh. 1906-08, u. a.; endlich verschiedene — zum teil sehr wichtige — abhandlungen u. a. von S. Bugge, Hj. Falk, K. Gislason, J. Hoffory, A. Kock, E. Lidén, Fr. Läffler, A. Noreen, H. Paul, H. Pipping, E. Sievers und E. Wessén in u. a. folgenden zeitschriften: Beiträge zur geschichte der deutschen sprache und literatur, Halle 1874 ff.; Aarbøger for nordisk oldkyndighed, Kopenh. 1866 ff.; Nordisk Tidskrift for Filologi (og Pædagogik), Ny Række, Kopenh. 1874 ff., 3. Række 1892 ff.; Språkvetenskapliga sällskapets i Uppsala förhandlingar 1882 ff.; Studier i nordisk filologi, Helsingfors 1910 ff.; vor allem aber Arkiv for nordisk filologi I-IV, Chra. 1882-88, V ff. (=Arkiv för nord. til., Ny följd I ff.), Lund 1889 ff. — Vgl. auch die eben erschienene, für das nisl. wichtige arbeit von V. Guðmundsson, Islandsk Grammatik, Kopenh. 1922.
Das altnorwegische berücksichtigt — doch nur in einzelheiten — N. M. Petersen, Det danske, norske og svenske sprogs historie II, 57 ff., Kopenh. 1830 (jetzt veraltet); Th. Möbius. Ueber die altnordische sprache, s. 15 ff., Halle 1872; J. L. Jones, The phonology of the Elis saga, Chicago 1897; M. Hægstad, Gamalt trøndermaal, Kra. 1899; Maalet i dei gamle norske kongebrev, Kra. 1902; die einleitungen zu Sievers’ ausg. der Tübinger bruchstücke, Tübingen 1886; Vigfusson's ausg. der Eyrbyggja Saga, Leipzig 1864; Keyser's und Unger's ausg. der Olafs Saga, Chra. 1849, und der Barlaams Saga, Chra. 1851; Unger's ausg. der Saga Þiðriks, Chra. 1853; Groths ausg. der AM. hdschr. 310 qvarto, Chra. 1895; die AM. ausg. der Hauksbók, Kopenh. 1892-6; F. Jónsson, Konungs Skuggsjá, Indledning, Kopenh. 1920; aber vor allem die wichtige abhandlung E. Wadstein's Fornnorska homiliebokens ljudlära, Upsala (universitets årsskrift) 1890, und Hægstads überaus reichhaltigen untersuchungen Vestnorske maalføre fyre 1350, Kra. 1906-17. — Ueber das ‘mittelnorwegische’ s. u. a. A. B. Larsen, Arkiv XIII, 244 ff. (vgl. dazu Hægstad. ib. XV, 100 ff.) und H. Falk und A. Torp, Dansk-norskens syntax, Kra. 1900, s. XI-XV.
Stammbildungslehre:
Eine zusammenfassende und einigermassen erschöpfende darstellung bietet A. Torp, Gamalnorsk ordavleiding (in Gamalnorsk ordbok von M. Hægstad und A. Torp, Kra. 1906-9, s. XXVIII ff.; auch separat). Einzelnes bieten: F. Kluge, Nominale stammbildungslehre der altgerm. dialekte, 2. aufl., Halle 1899; F. Tamm, Om fornnordiska feminina afledda på ti och på iþa, Upsala (univers. årsskr.) 1877; W. Schlüter, Die mit dem suffixe -ja gebildeten deutschen nomina, Göttingen 1875; K. v. Bahder, Die verbalabstracta in den germ. sprachen, Halle 1880; L. Sütterlin, Geschichte der nomina agentis im germanischen, Strassburg 1887; Hj. Falk, Die nomina agentis der altnord. sprache (in Beitr. XIV, 1 ff.), 1889; E. Hellquist, Bidrag till läran om den nordiska nominalbildningen (im Arkiv VII, 1 ff., 97 ff.), 1890 (sehr reichhaltig) und Om nordiska verb på suffixalt -k, -l, -r, -s och -t (ib. XIV, I ff., 136 ff.), 1898; T. E. Karsten, Studier öfver de nordiska språkens primära nominalbildning I, II, Helsingfors 1895, 1900 (vgl. dazu Falk, Arkiv XIII, 196 ff.); E. Ekwall, Suffixet -ja i senare leden af sammansatta substantiv, Upps. 1904; J. Sverdrup, De gammelnorske adjektiver paa -ligr og adverbier paa -liga, -la (in Arkiv XXVII, 1 ff. und 140 ff.); O. v. Friesen, Substantiv avledda med suffixet -ju (in Xenia Lideniana, s. 235 ff.); W. Cederschiöld, Studier över genusväxlingen i fornvästnordiska och fornsvenska, Gotenburg 1913; F. Jónsson, Maskuline substantiver på -nir (Arkiv XXXV, 302 ff.).
Eine elementäre übersicht bietet F. Holthausen, Altisländisches elementarbuch, Weimar 1895, s. 108 ff.
Syntax:
Das hauptwerk ist M. Nygaard, Norrøn syntax, Kra. 1906 (wozu Bemerkninger, Rettelser og Supplementer, Kra. 1917). Einzelne bieten noch G. Lund, Oldnordisk ordföjningslære (Nord. Oldskrifter XXIX-XXXI), Kopenh. 1862 (materialsammlung); K. Hildebrand, Ueber die conditionalsätze und ihre conjunctionen in der älteren Edda, Leipzig 1871; Th. Wisén, Om ordfogningen i den äldre Eddan, Lund (univers. årsskrift) 1865; E. Mogk, Die inversion von subjekt und prädikat (in I. F. IV, 388 ff.); A. Gebhardt, Beiträge zur bedeutungslehre der altwestnordischen präpositionen, Halle 1896; L. Bernstein, The order of words in old norse prose, New York 1897; G. Neckel, Über die altgermanischen relativsätze (in Palæstra V), Berlin 1900; R. Vonhof, Zur entwicklung der germanischen echten verbalcomposita im altwestnordischen, Bremen 1905; V. E. Mourek, Zur altgerm. negation (in Sitzungsberichten der k. böhmischen Ges. der Wiss., hist. klasse 1905, VIII); T. Frank, The use of the optativ in the Edda (American journal of Philol. XXVII); B. Delbrück, Der germ. optativ im satzgefüge (in Beitr. XXIX); Germ. syntax II, Zur stellung des verbums, Leipz. 1911; Synkretismus, Strassburg 1907; Germ. syntax III, Der altisl. artikel, Leipz. 1916; A. Musinowicz, Die Stellung des attributiven Adjektivs im Aisl. und Anorw., Riga 1911; Sievers, Zur technik der wortstellung in den Eddaliedern I, Leipz. 1909 (Verhandl. der Sächs. Wiss. Ak., Phil.-Hist. Kl. XXVII, nr. 15); A. Åkerblom, Bruket av historiskt presens (Arkiv XXXIII, 293 ff.); K. Ringdal, Om det attribute adjektivs position i oldnorsk prosa, Kra. 1918; Fr. Dietrich, Über den nordischen dativ (in ZfdA. VIII, 23 ff.); G. Vigfusson, Some remarks upon the use of the reflexiv pronoun in Icelandic (Transactions of the philol. society 1866, I, 80 ff.); M. Nygaard, Eddasprogets syntax I, II, Bergen 1865, 1867; desselben abhandlungen über das hilfsverb munu in Aarbøger 1878, den gebrauch des partic. praes. in Aarbøger 1879, den gebrauch des konjunktivs im Arkiv I-III, subjektlose sätze ib. X, 1 ff., particula expletiva er ib. XII, 117 ff., die stellung des verbs ib. XVI, 209 ff. und den gelehrten stil in Sproglig-historiske studier tilegnede prof. C. R. Unger, Kra. 1896; H. Winkler, (Der dativ und die örtlichen beziehungsverhältnisse im altnordischen, in) Germanische Casussyntax I, 454-510.
Eine gute kurze übersicht gibt A. Heusler, Altisländisches elementarbuch, Heidelberg 1921 (s. 113-97); noch kürzer F. Holthausen, Aisl. elementarbuch, Weimar 1895 (s. 132-89); ausführerlicher dagegen H. Falk und A. Torp, Danks-norskens syntax, Kra. 1900, passim.
Metrik:
Grundlegend sind die Abhandlungen von E. Sievers, Beiträge zur skaldenmetrik I-III in Beitr. V, VI, VIII; Das verhältnis der ags. metrik zur altnord. und deutschen, ib. X: Proben einer metrischen herstellung der Eddalieder, Tübingen 1885. Einzelne ausführungen bieten ferner: Th. Wisén, Málaháttr im Arkiv III, 193 ff.; desselben einleitung zu Riddara Rímur, (Lund-) Kopenh. 1881; K. Hildebrand, Die versteilung in den Eddaliedern, Halle 1873; J. Hoffory in Gött. gel. anz. 1888, s. 153 ff.; W. Ranisch, Zur kritik und metrik der Hamþismál, Berlin 1888; A. Heusler, Der Ljóþaháttr in Acta Germanica I, 2), Berlin 1890, und Über germanischen versbau, Berlin 1894, bes. s. 93 ff.; E. H. Lind, Versifikation i Gulatingslagen (in Uppsalastudier tillegnade S. Bugge, Uppsala 1892; B. Kahle, Die sprache der skalden, Strassburg 1892; K. Gislason, Forelæsninger over oldnordisk verslære (in Efterladte skrifter II = Forelæsninger og videnskabelige afhandlinger, s. 27 ff.), Kopenh. 1897; H. Gering, Die Rhythmik des Ljóðaháttr (in ZfdPh.), Halle 1902; H. Pipping, Bidrag till Eddametriken (in Skrifter utg. af Sv. litteratursällskapet i Finland LIX), Helsingfors 1903; B. Sjöros, Málaháttr. Hfors 1906; H. Wenck, Die alliteration im eddischen fornyrðislag (Beitr. XXXI); B. Sijmons, Die lieder der Edda I, CCXX ff.; R. Leonhardt, Der Málaháttr der Atlamǫ́l, Halle 1907; L. F. Läffler, Om några underarter av ljóðaháttr (in Studier i nordisk filologi IV, 1 und V, 5); E. Noreen, Några anteckningar om ljóðaháttr (Meddelanden från nordiska seminariet, utg. av Ad. Noreen, 9), Upps. 1915; Studier i fornvästnordisk diktning, Upps. (univers. årsskrift) I, 1921, s. 18 ff., II, 1922, s. 1 ff.
Eine kurzgefasste übersicht geben E. Brate, Fornnordisk metrik, 2. aufl., Sthlm. 1898; F. Jónsson, Stutt íslenzk bragfræði, Kopenh. 1892; E. Sievers, Altnordische metrik (im Grundriss² II, ɪɪ, s. 16 ff., Strassburg 1905); Th. Wisén, Carmina norrœna I, 169 ff.; Lund 1886. Eine ausführlichere darstellung bietet E. Sievers, Altgermanische metrik, s. 50 ff., Halle 1893.
Wörterbücher:
(R. Cleasby und) G. Vigfusson, An Icelandic-English dictionary, Oxford 1874. Das reichhaltigste wörterbuch (der prosaischen literatur), aber nicht immer ganz zuverlässig; die etymologien sind oft gänzlich verfehlt. Hauptsächlich einen auszug hieraus beitet G. T. Zoëga, Old Icelandic dictionary, Oxford 1910.
J. Fritzner, Ordbog over det gamle norske sprog, 2. ausg., I-III, Kra. 1886-96. Besonders betreffs der flexionsformen und der quantitätsansetzungen nicht immer ganz zuverlässig (s. vor allem die wichtige schrift J. Thorkelssons, Anmærkninger til J. Fritzners Ordbog, Reykjavík 1913); legt auf das semasiologische besonderes gewicht; berücksichtigt vorzugsweise den anorw. prosaischen wortschatz.
M. Hægstad und A. Torp, Gamalnorsk ordbok med nynorsk tyding; Kra. 1909; kurz und bündig.
E. Hertzberg, Glossarium (in Norges gamle love V, 2), Chra. 1895. Enthält den wortschatz der altnorwegischen gesetze bis 1387.
S. Egilsson, Lexicon poeticum antiquae linguae septentrionalis, Kopenhagen 1860; neue, sehr veränderte ausgabe von F. Jónsson, Kopenh. 1913-16; enthält den poetischen wortschatz bis gegen 1400.
J. Þorkelsson, Supplement til islandske Ordbøger, Reykjavik 1876; Anden samling, Reykj. 1879-85; Fjerde samling, Kopenh. 1899 (wichtig, bes. für die grammatik).
Th. Möbius, Altnordisches Glossar (Wtb. zu einer auswahl aisl. und anorw. texte), Leipz. 1860.
H. Gering, Glossar zu den liedern der Edda, 4. aufl., Paderborn 1915; ausführlicher Vollständiges Wörterbuch zu den &c., Halle 1903.
L. Larsson, Ordförrrådet i de älsta islänska handskrifterna, Lund 1891. Absolut vollständiges verzeichnis aller belegten formen in den oben § 12, 1-9 und 15 genannten ältesten aisl. hdschr.; ohne übersetzung der wörter.
G. T. Flom, The language of the Konungs Skuggsjá, I, University of Illinois 1921. Vollständiges verzeichnis der nomina.
O. Rygh (von K. Rygh, A. Kjær, M. Olsen, Hj. Falk und A. B. Larsen fortgesetzt) Norske gaardnavne I-XVII, Kra. 1897-1919 (Forord og indledning, Kra. 1898); Norske fjordnavne (in Sproglig-historiske studier tilegnede prof. C. R. Unger, Kra. 1896); Oplysninger til trondhjemske Gaardnavne, I, II, Trondhjem (K. no. videnskabers selskabs skrifter) 1883, 1893; Gamle personnavne i norske stedsnavne, Kra. 1901; Norske elvenavne, Kra. 1904; vgl. K. Rygh, Bemærkninger om stedsnavne i den søndre del af Helgeland (in der norwegischen Historisk tidsskrift I, 53 ff., Kra. 1871); Om gaardnavne in Nordland (in Det k. no. videnskabers selsk. skrifter 1905, nr. 4); Nogle bemerkninger om gaardnavne (ib. 1906 nr. 7); F. Jónsson, Bæjanöfn á Íslandi (in Safn til Sögu Íslands IV, 412 ff.), 1911; Islandske elvenavne (in Namn och bygd II, 18 ff.), 1914; Hj. Falk. Altnordisches Seewesen (aus Wörter und Sachen IV), Heidelb. 1912 (über die schiffsnamen s. B. Kahle, I. F. XIV, 133 ff.); Altnordische Waffenkunde (Vidensk. selsk. skrifter II, Hist.-filos. kl. 1914 nr. 6); Altwestnordische Kleiderkunde (ib. 1918 nr. 3), Kra. 1919; O. Nordgaard, Fiskenavnene i Snorres Edda (Maal og minne 1912, s. 54 ff.); F. Fischer, Die Lehnwörter des Altwestnordischen (Palæstra LXXXV), Berlin 1909; E. H. Lind, Norsk-isländska dopnamn, Upps. 1905-15; Norsk-isländska personbinamn, Upps. 1920-21.
Von grosser wichtigkeit für das aisl. ist natürlich auch das eben erschienene neuisländische wörterbuch von Sigfús Blöndal, Islandsk-dansk Ordbog I (A-leggingarbönd), Kopenh. 1920-22.
Lesebücher für anfänger:
L. F. A. Wimmer, Oldnordisk læsebog, 7. aufl., Kopenh. 1916 (eine ganz vorzügliche arbeit).
H. Sweet, An Icelandic primer, 2. aufl., Oxford 1896 (ein kleiner auszug aus dem vorhergehenden).
M. Nygaard, Udvalg af den norröne Literatur (I-III), 3. aufl., Bergen 1889 (ein sehr gutes buch).
H. S. Falk, Oldnorsk læsebog, Kra. 1889 (gut).
F. Holthausen, Altisländisches lesebuch, Weimar 1896.
Treffliche kommentierte texte bietet die Altn. Sagabibliothek, hrsgg. von G. Cederschiöld, H. Gering und E. Mogk. I-XVI, Halle 1891-1921.
Von texten mit glossar seien hier erwähnt nur W. Ranisch, Die Vǫlsungasaga, Berlin 1891; A. Heusler, Zwei isländergeschichten, Hǿnsna-Þóres und Bandamanna saga, Berlin 1897.
Anm. 1. Sonstige hilfsbücher verzeichnen Th. Möbius’ schon (§ 12 anm. 2) erwähntes Verzeichniss &c. und die bibliographie im Arkiv I ff.
Anm. 2. Betreffend die in dieser einleitung erörterten fragen vgl. meine ‘Allgemeine historische übersicht’ im Grundriss³ unter dem titel Geschichte der nordischen sprachen, Strassburg 1913.
§ 17.
Es kommen im alten norden drei verschiedene
runenalphabete vor. Das erste ist das, welches auch bei den übrigen
germanischen stämmen im gebrauch war. Es wird daher das germanische
genannt oder, weil es im norden von einem jüngeren abgelöst wurde, das
ältere; wegen der grösseren anzahl der zeichen wird es auch wol manchmal
das längere genannt. Die zeichen sind 24, von denen einige von
denjenigen, die in Deutschland und England im gebrauch waren, abweichen.
Mit lateinischen buchstaben transskribiere ich im folgenden diese als
f u þ a r k ᵹ w, h n i j ė p ʀ s,
t ƀ e m l ŋ o ð,
welche hier in der ordnung angeführt sind, die sie auf dem brakteaten
von Vadstena (wo jedoch ð jetzt nicht sichtbar ist) haben.
Dieses alphabetes bedienen sich alle urnordischen runeninschriften sowie zum teil einige aus der vikingerzeit.
§ 18. Welche aussprache diesen zeichen im norden zukam, ist natürlich schwer ganz genau zu bestimmen. Aller wahrscheinlichkeit nach waren ƀ, ð, ᵹ wenigstens anfänglich zeichen für stimmhafte spiranten, für explosivæ nur unmittelbar nach nasalen sowie als geminaten; f war bilabial, nicht labiodental; w ein mitlautendes u; h wol in den meisten stellungen noch als deutsches ch zu sprechen; ist wol ʀ ein frikatives dorsales r (andere halten es für ein gingivales, lispelndes r); ŋ drückt palatalen oder velaren nasal (vielleicht auch dessen verbindung mit folgendem g) aus. Die übrigen zeichen sind wol wie in der späteren sprache auszusprechen. Doch scheint a sowol æ wie a zu bezeichnen. In späten inschriften wird der a-laut auch durch die (etwas modifizierte, hier durch ᴀ bezeichnete) j-rune ausgedrückt.
Anm. Etwas unsicher ist der lautwert des sehr seltenen ė (geschlossenes e oder offenes i? s. Bugge, No. I, s. 117 ff.; y, wie v. Grienberger, Arkiv XIV, 121 f., vorschlägt, ist ja unmöglich, da dieser laut nach aller wahrscheinlichkeit dem älteren urn. ganz fremd war).
§ 19.
Dies runenalphabet, dessen sich die urnordischen
inschriften bedienten, wurde in der vikingerzeit durch ein anderes
ersetzt. Dieses jüngere runenalphabet ist aus dem älteren entwickelt,
hat aber nur 16 zeichen, weshalb es auch als das kürzere bezeichnet
werden kann. Weil es den Skandinaviern eigen ist, hat es auch den
dritten namen, das nordische. Dies ist in lateinischer transskription:
f u þ ą r k, h n i a s, t b l m ʀ.
Dieses alphabetes bedienen sich während der vikingerzeit fast ausschliesslich, später nur teilweise (s. § 21), sowol die ostnordischen als die wesrnordischen runeninschriften. Unter diesen letzteren nehmen die meisten inschriften der insel Man sowie sehr viele norwegische wie die von Oseberg (in der nähe von Tönsberg; gegen 850), Vang (in Valdres), Alvstad (Toten), Hønen (Ringerike) und viele auf Jæderen (s. Bugge, Aarbøger 1899, s. 231) eine besondere stellung ein durch verschiedene eigentümlichkeiten der runenformen.
§ 20. Ueber die aussprache dieses höchst mangelhaften alphabetes sei hier unter vergleichung des aisl.-anorw. normalalphabetes (s. kap.2 unten) nur folgendes bemerkt (vgl. Noreen, An. gr. II, § 15; v. Friesen, Upplands runstenar, s. 77 ff.).
a entspricht sowol (unnasaliertem) a wie æ und ǫ; ą bezeichnet die entsprechenden nasalierten laute.
i bez. i (sowol sonantisches wie konsonantisches) und e, später auch æ; dann werden æ und e auch durch die verbindung ai, seltener ia, ausgedrückt; sonst bez. ai, ia die diphthonge æi, ia (iæ, iǫ).
u bez. sowol u (sonantisches und konsonantisches) und o wie y und ø, selten ǫ; später werden o, ǫ und ø auch durch au ausgedrückt; sonst bez. au teils au, teils øy (und ey).
f, l, m, n, r, s sind die entsprechenden aisl.-anorw. laute. Die nasale werden indessen gewöhnlich nicht vor den b- und k-runen, oft auch nicht vor der t-rune ausgeschrieben, z. b. kubl = kumbl, liki = længi, aitaþis = ændaðiss.
b, k, t sind sowol mediæ, resp. b, g, d wie tenues, resp. p, k, t; ausserdem bez. b bisweilen stimmhaftes f (ƀ), k oft spirantisches g (ᵹ).
h bez. h und, besonders etwas später, spirantisches g (ᵹ).
ʀ bez. frikatives r (vgl. § 18), selten e, æ oder i.
þ bez. þ und ð.
Länge (sowol der vokale wie der konsonanten) wird nur ganz ausnahmsweise (dann durch doppelschreibung der betreffenden rune) bezeichnet, z. b. trutin = dróttinn.
§ 21. Schon um 1000 zeigen sich spuren einer neuen modifikation des runenalphabetes, die dahin zielte, die runen in stand zu setzen, ebensoviele laute auszudrücken wie das lateinische alphabet. Diese bestrebungen gewannen ihren abschluss durch die reformvorschläge, welche von Thoroddr rúnameistare (um 1125) vorgebracht und in der grammatischen abhandlung Olaf's huítaskáld (um 1250; hrsgg. von B. M. Ólsen in Den tredje og fjærde grammatiske afhandling i Snorres Edda, Kopenhagen 1884) dargestellt wurden. So entstanden allmählich die jüngsten runen, die punktierten (so genannt, weil einige der alten runen durch pünktchen modifiziert sind) oder, wie sie auch wol (nach dem königlichen gönner Olaf's) genannt werden, Waldemarsrunen. Dies alphabet, das in transskription natürlich ganz mit dem lateinischen alph. der gleichzeitigen altnord. literatur zusammenfällt, hat schon im 13. jahrh. die kürzere runenreihe so gut wie ganz verdrängt. Da aber seit dem 12. jahrh. das lateinische alphabet — auch für inschriftliche zwecke — immer häufiger angewandt wurde, so schwinden allmählich die runeninschriften überhaupt, in Norwegen im allgemeinen mit dem ende des 14. jahrhs., auf Island dagegen erst nach der reformation. Aisl.-anorw. runenhandschriften hat es wahrscheinlich nie gegeben.
Anm. Ueber die entstehuing und geschichte der runen s. vor allem teils das jetzt etwas veraltete hauptwerk von L. F. A. Wimmer, Die runenschrift, übersetzt von F. Holthausen, Berlin 1887 (vgl. dazu R. Henning, Die deutschen runendenkmäler, Strassburg 1889, passim — dagegen Wimmer, De tyske runemindesmærker in Aarbøger 1894 und v. Grienberger, Arkiv XIV, 114 ff.; gute referate über Wimmers und Hennings arbeiten liefert E. Brate in Sv. fornm. tidskr. VII, 50 ff. und 247 ff.), teils und vorzugsweise O. v. Friesens zeitgemässe darstellung in Hoops Reallexikon III, 5 ff. und die dort s. 12 f. angeführte literatur; weiter P. G. Thorsen ‘Om runernes brug til skrift udenfor det monumentale’, Kopenh. 1877, und B. M. Ólsen ‘Runerne i den oldislandske literatur’, Kopenh. 1883 (vgl. dazu G. Storm im Arkiv II, 172 ff.; V. Dahlerup und F. Jónsson, Den første og anden grammatiske afhandling i Snorres Edda, s. VI ff., Kopenh. 1886; F. Jónsson, Den oldisl. og oldno. literaturs historie II, 246 ff. und ‘Runerne i den no.-isl. digtning og litteratur’ in Aarbøger 1910). Eine gute, populär gehaltene übersicht bietet E. Ålund ‘Runorna i Norden’, Stockh. 1904 (vgl. auch E. Brate, Sverges runinskrifter, Stockh. 1922). Eine sehr kurze, aber fachmässiger gehaltene, orientierende übersicht gibt E. Sievers im Grundriss² I, 248 ff. Beides doch jetzt ziemlich veraltet.
§ 22. Schon etwas vor 1050 begann man die heimische sprache in lateinischer schrift aufzuzeichnen, dies wenigstens in Norwegen (s. oben § 15, B, b), wol erst etwas nach 1100 auf Island (s. § 12, B, b). Um den bedürfnissen der sprache zu entsprechen musste aber das lateinische alphabet einigermassen bereichert werden. Deshalb wurde aus dem angelsächsischen y, þ und (später) ð entlehnt; ausserdem nahm man zu digraphen (æ, ꜹ, ꜵ), modifizierung der lateinischen buchstaben durch ‘zweige’ (ę, ǫ, u. d.) und accente seine zuflucht. Diese reformversuche fanden — wenigstens was Island betrifft — durch die ganz hervorragende orthographische abhandlung eines unbekannten Isländers (um 1170, Vestno. Maalf. Innleiding, s. 27-32; hrsgg. von. V. Dahlerup und F. Jónsson in Den første og anden grammatiske afhandling i Snorres Edda, Kopenh. 1886) ihren einstweiligen abschluss (die aufnahme des ð geschah erst um 1225).
Die orthographie der handschriften ist natürlich sehr verschieden; oft ist sie in derselben hdschr. sehr inkonsequent. Im allgemeinen unterscheiden sich die anorw. handschriften von den aisl. vorzugsweise durch folgende zwei eigentümlichkeiten der orthographie. 1. þ wird, ausser in den ältesten westländischen denkmälern, fast nie im in- und auslaute gebraucht, während es in aisl. hdschr. in dieser stellung entweder ausschliesslich oder neben ð vorkommt. 2. gh kommt oft (im aisl. selten) statt g in spirantischer funktion vor.
Anm. Ueber die orthographie der handschriften vgl. vorzugsweise: K. Gislason ‘Um frumparta íslenzkrar túngu í fornöld’, Kopenh. 1846; K. J. Lyngby ‘Den oldnordiske udtale’ in Tidskr. f. Phil. og Pæd. II; Möbius, Analecta Norroena, 2.ausg., Leipz. 1877, s. 290 ff.; Hoffory, Arkiv II, 1 ff.; Wadstein, F. Hom.; Hægstad, G. Tr., s. 31 ff., Gamalnorsk ordbok, s. X, und vor allem Vestno. Maalf. Innleiding; G. T. Flom in Publications of the Society for the Advancement of Scandinavian Study II, 92 ff. (1914-15) und in The journal of English and Germanic philology XIV nr. 4, XVI nr. 3; die einleitungen zu den in § 12 und § 15 erwähnten textausgaben (besonders den in § 16, a nochmals angeführten); endlich Islands grammatiske litteratur i middelalderen, udg. for Samfund til udg. af gammel nordisk litteratur, Kopenh. 1884-86 und — besonders wichtig — Palæographisk atlas, Kopenh. 1905 (schriftstücke aus der zeit c.1150-1330) und Ny serie, c.1300-1700, Kopenh. und Kristiania 1907.
Das bisher in den meisten grammatiken und sehr vielen textausgaben vorkommende normalalphabet nimmt auf die schreibung der ältesten und besten handschriften oder, was auf dasselbe hinauskommt, die phonetische seite der sprache allzu wenig rücksicht. Das alphabet, dessen wir uns in dieser grammatik bedienen, ist: a á b d ð e é f g h i í k l m n o ó p r s t u ú v x y ý z þ ǫ ǫ́ æ ǽ ø ǿ.
§ 23. a bezeichnet kurzes offenes, á langes geschlossenes a.
Anm. Hier (wie im folgenden) wird zunächst die aussprache um 1200 — die zeit der ältesten hdschr. — berücksichtigt. Später wurde á wol im allgemeinen als langes offenes o (å) ausgesprochen (s. § 107).
§ 24. e bez. kurzes (geschlossenes, im aisl. doch vielleicht sowol geschlossenes wie offenes, vgl. § 103), é langes (geschlossenes) e.
§ 25. i bez. sowol konsonantisches als sonantisches i:
Anm. 1. Die hdschr. haben vor vokal fast ausnahmslos i, selten im inlaut gi (z. b. Ágrip, s. Dahlerup's ausg. s. XXVII). Die schreibung e deutet in den allerältesten hdschr. vielleicht eine etwas verschiedene aussprache an; kaum aber wenn das e ganz ausnahmsweise in jüngeren hdschr. (wie der anorw. Barlaamssage — § 15, 18 — und der einen hand der Flateyjarbók — § 12, 24) vorkommt. Das in ‘normalisierten’ textausgaben (und im nisl. seit c.1794) übliche j kommt nur sehr selten in einigen anorw. und norvagisierenden aisl. hdschr. (vgl. Wadstein, F. Hom., s. 111 f.; Groth, AM. 310, s. XXIX; Hægstad, G. Tr., s. 33), vielleicht auch ausnahmsweise im aisl. (s. Olson, Yngvars saga, s. XLV) vor.
Anm. 2. Die in anm.1 angedeuteten hdschr. haben sehr selten j in der bedeutung von i oder í.
§ 26. o bez. kurzes, ó langes geschlossenes o.
§ 27. u bez. sowol konsonantisches als sonantisches u:
Anm. 1. Nur einige von den ältesten hdschr. (wie z. b. Reykj. Máld. erste hand und Rímb.) und vereinzelte späteren (wie die zwei ersten norw. schreiber der Hauksbók) schreiben konsequent u vor vokal (s. z. b. Larsson, Cod. 1812, 4º, s. XV, und Hb. s. XXIII, XXXIII); sonst ist die schreibung v häufiger; selten ist w. Auch kommt av (oder die ligatur ꜹ) statt au vor.
Anm. 2. Die hdschr. haben sehr oft v. Ob (wie Hb. s. LIII angenommen wird) auch y bisweilen denselben lautwert haben kann, bleibt sehr zweifelhaft.
§ 28. y bez. sowol konsonantisches wie sonantisches ü:
Anm. 1. Statt des seltenen ay kommt in den hdschr. auch av oder die ligaturen ꜽ, ꜹ vor.
Anm. 2. Die hdschr. haben oft u oder v.
§ 29. ǫ bez. kurzes offenes o; ǫ́ ist der entsprechende lange laut.
Anm. 1. Die ältesten hdschr. haben ǫ, o oder die ligatur ꜵ; später kommt gewöhnlich o, bisweilen ao, au (ꜹ) vor. Die normalisierten ausgaben, besonders die etwas älteren, schreiben gewöhnlich, aber sehr irreleitend, nach vorgang des nisl., ö, in zeichen, das erst im 16. jahrhundert aus der deutschen schrift entlehnt worden ist.
Anm. 2. Später bez. ǫ einen ö-laut (s. § 115, 2); ǫ́ ist dann durch das gleichwertige á (s. § 23 anm. und vgl. § 107) ersetzt.
§ 30. æ bez. kurzes, ǽ langes offenes ä.
Anm. Die hdschr. haben statt æ (so besonders anorw.) auch ę oder e, sehr selten ae. Die normalisierten texte geben gewöhnlich, sehr unzweckmässig, den kurzen laut durch e, den langen durch æ wieder.
§ 31. ø bez. kurzes (geschlossenes und offenes), ǿ langes (geschlossenes) ö.
Anm. Die hdschr. verwenden ausser und (in anorw. hdschr. fast immer) œ — welche beiden verwandten zeichen wir hier aus praktischen gründen durch ø wiedergeben — nicht selten o, ey, eo (oft in alten aisl. hdschr.), seltener io (s. M. Olsen, Vǫlsunga saga, s. XXVII und die dort note 2 zitierte liteartur). Die normalisierten textausgaben verwenden im allgemeinen — sehr unzweckmässig — ö oder ø für den kurzen, œ für den langen laut.
§ 32. Die nasalität, die tonstärke und die tonhöhe der vokale werden in dieser grammatik — wie auch sonst allgemein — der regel nach nicht bezeichnet.
Anm. Nur die in § 22 erwähnte alte orthographische abhandlung bezeichnet die nasalität und zwar durch einen über das vokalzeichen gesetzten punkt, welcher bezeichnungsweise (im wesentllichen) wir uns auch ganz ausnahmsweise hier bedienen; z. b. .
§ 33. Länge wird — wie wir schon oben gesehen haben — durch einen über den vokal gesetzten akut (´) ausgedrückt.
Anm. 1. Nur die ältesten hdschr. verwenden in dieser weise accente. Die hdschr. des 13. jahrhs. bezeichnen die länge gewöhnlich nicht; die noch späteren verdoppeln das vokalzeichen, wobei statt aa seit 1330 nicht selten die ligatur ꜳ gebraucht wird.
Anm. 2. Die hdschr. drücken durch den accent bisweilen vielleicht den platz des haupttones, bisweilen nur den punkt des i, bisweilen diæresis aus; vgl. Wadstein, F. Hom., s. 122 f.
§ 34. b, d, m, p, r, s, t, x sind etwa wie im deutschen auszusprechen.
Anm. 1. Statt d haben die hdschr. nicht selten ꝺ (so z. b. das älteste bruchstück der Grágás, s. § 12, 2), selten ð (z. b. in Ágrip dann und wann), sehr selten þ; vgl. Hoffory, Tidskr. f. Fil. N. R. III, 294 f., Arkiv II, 25 note; Hægstad, Kong. s. 23. Ueber das seit 1350 auftretende dh s. unten § 35 anm.
Anm. 2. In dem alveolaren r-laute, der durch r bezeichnet wird, sind zwei laute zusammengefallen, die in runenschriften (doch nicht der jüngsten) durch verschiedene zeichen ausgedrückt wurden: das tremulierende r und das frikative ʀ; vgl. oben § 18 und § 20. Ob der unterschied in einigen anorw. dialekten noch in literarischer zeit bewahrt ist und das r also zum teil zwiefache geltung hat, bleibt unsicher. — Auslautend nach einem konsonanten (wenigstens nach stimmlosem) ist wol r in den meisten gegenden stimmlos gewesen (vgl. Sievers, Beitr. V, 457 note), z. b. akr, apr, otr; so wol auch m nach s und þ, z. b. bǫsm, meiþm.
Anm. 3. Wo bei ableitung und flexion ks, gs entstehen, gebrauchen die normalisierten texte diese etymologischen schreibungen statt x, das in den hdschr. auch in diesem falle oft vorkommt.
Anm. 4. Statt x hat Cod. AM. 655, 4º, fragm. III bisweilen z; vgl. An. gr. II, § 49 anm. (anders Hoffory, Arkiv II, 83 note).
§ 35. ð bezeichnet im anorw. (vgl. § 44, 2) die stimmhafte dentale spirans (engl. weiches th); s. Wadstein, F. Hom., s. 107 f.
Anm. Sehr viele wnorw. (aber nur sehr wenige onorw.) denkmäler, wie das steuerverzeichnis von Munkeliv, die erste hand des Hoprekstader notizbuches u. a. (s. G. Storm, Tidskrift for retsvidenskab 1890, s. 424, 431 f.; Hægstad, G. Tr. s. 35, Vestno. Maalf. Innleiding, s. 14 ff., und bes. Celander, Om övergången av ð > d, s. 31 note) verwenden ausschliesslich oder häufiger alternativ þ. Seit c. 1300 kommt d neben (wie z. b. schon in Oratio contra clerum, s. § 15, 29, und Cod. Tunsbergensis, s. § 15, 30) oder statt ð vor (s. Hægstad, G. Tr. s. 35; Celander, a. o. s. 38); noch später tritt bisweilen dh auf, z. b. in dem 1394 geschriebenen gildestatut von Onarheim (hrsgg. von M. Pappenheim in Ein anorw. schutzgildestatut, Breslau 1888, s. 160 ff.), aber dann auch statt d. Ueberhaupt wird nach 1350 im allgemeinen nicht mehr in der orthographie zwischen ð und d geschieden, sondern d oder dh wird ausschliesslich gebraucht (s. Celander, a. o. s. 39 mit note 3 und s. 56).
§ 36. f bezeichnet zwei verschiedene laute:
Anm. 1. Die ältesten hdschr. schreiben oft inlautend v, die anorw. auch u; jüngere haben in dieser stellung nicht selt. fu (anorw. bisweilen fw, z. b. in Oratio contra clerum), bes. nach l, zb. b. kælfua.
Anm. 2. Ueber die bilabiale aussprache des f s. Noreen, Arkiv I, 297 f.; Hoffory, ib. II, 10 ff.; B. M. Ólsen, Germania XXVII, 271 f.; Mogk, ZfdA. X, 60 f., 186.
§ 37. g hat sechsfache geltung:
Anm. 1. Die hdschr. schreiben bisweilen gi (doch nicht vor i), s. z. b. Hb., s. XXXVII; Hægstad, G. Tr., s. 36; Gering, Isl. Æv. I, .
Anm. 2. Nach n kommt in anorw. (selt. in aisl., s. z. b. Cederschiöld, Geisli, Lund 1873, s. XIII) hdschr. bisweilen gh vor, das wol eine etwas verschiedene aussprache andeutet.
Anm. 3. In ostländischen, seit c. 1300 auch in sonst. anorw. (seltener und etwas später auch aisl.) hdschr. wird die spirans (sowol die stimmhafte wie die stimmlose) oft nach vokalen, bisweilen auch nach l, r durch gh (wie im aschw. und adän.) wiedergegeben. Selten und sehr alt sind anorw. h und hg, jenes im steuerverzeichnis von Munkeliv, dieses in AM. 655, S. Hægstad, G. Tr., s. 36, und Vestno. Maalf. Innleiding, s. 12 f.
§ 38. h hat zweifache geltung:
§ 39. k hat zweifache geltung:
Anm. 1. Die hdschr. haben bisweilen ki (doch nicht vor i) — vgl. § 37 anm. 1 — oder ch (vgl. anm. 2).
Anm. 2. Die hdschr. haben oft c, ch oder (vor konsonantischem u) q. Viele der ältesten und besten hdschr. (z. b. die oben § 12, 1. 3. 4. 7. 13. 15 erwähnten; gewissermassen auch § 15, 6) bezeichnen der regel nach das velare k durch c, das palatale durch k (nur nach s auch durch c); andere (z. b. Ágrip) bez. jenes durch c oder k, dieses durch ch (neben c und k).
§ 40. l hat wahrscheinlich zweifache geltung:
Anm. 1. Die hdschr. schreiben oft ll vor d, t, s. § 260.
Anm. 2. Ueber ein eventuelles stimmloses l im inlaut s. § 238, 2, b. Sicher war wol auslautendes l stimmlos nach stimlosen konsonanten, z. b. hasl.
§ 41. n hat dreifache geltung:
Anm. 1. Die hdschr. schreiben oft nn vor d, t, s. § 260.
Anm. 2. Die hdschr. bez. bisweilen diesen laut — oder auch oft die verbindung dieses lautes mit folgendem g (was sonst mit ng bezeichnet wird) — durch ein besonderes zeichen: ƞ, ŋ oder q. Nicht selt. kommt auch nn vor, s. z. b. Hb. s. XLIX, Wadstein, F. Hom., s. 134.
Anm. 3. Ueber ein eventuelles stimmloses n im inlaut s. § 238, 2, b. Sicher war wol auslautendes n stimmlos nach stimmlosen konsonanten, z. b. sókn, vápn, lausn, vatn.
§ 42. v bez. bilabiales v (ƀ), später labiodentales v.
Anm. Die hdschr. haben oft u, selt. w oder (s. z. b. Hb., s. LIV) y.
§ 43. z ist ursprünglich (d. h. bei der einführung des lateinischen alphabetes) nur in der bedeutung von ds gebraucht worden. aber schon in den ältesten der uns erhaltenen hdschr. tritt es — in folge des lautlichen überganges von ds in ts (§ 245, 1) — auch (und zwar häufiger) in der bedeutung von ts auf, weshalb es in dieser grammatik nur für ts gebraucht wird. Noch später bezeichnet es — in folge des überganges von intervokalischem ts in ss (§ 274, 2) und des schwundes von t vor antekons. s (s. § 303, 2) — zwischen vokalen ss und vor konsonanten s. Vgl. Wadstein, F. Hom., s. 118 f.; Mogk, AfdA. X, 65 f.; Gering, ZfdPh. XVI, 380; Hoffory, Arkiv II, 79 ff.; Gislason, Njála II, 626 ff.; Groth, Det AM. haandskrift 310, 4º, s. XXXVI ff.
Anm. Statt z kommt, bes. in den ältesten hdschr., auch ds, ts vor. Hie und da wird ausnahmsweise þ gebraucht (s. u. a. Specht, Acta germanica III, 1, s. 12; Gislason, Um frumparta s. 98 f.; Gering, Isl. Æv. ɪ, ᴠɪɪɪ f. Pipping, Stud. nord. fil. V, 6, s. 17 f. und daselbst angeführte literatur).
§ 44. þ hat (im aisl.) zweifachen lautwert (im anorw. nur den unter 1 angegebenen):
Anm. 1. Die ältesten anorw. hdschr. haben im anlaut auch die majuskel Ð, welche wol nur eine andere form des þ ist; im 13. jh. kommen anlautend sowol Ð wie ð in der bedeutung von þ auch (aber sehr selt.) in aisl. hdschr. vor. Einige, vorwiegend anorw., hdschr. haben th, das seit c. 1450 alleinherrschend ist (s. Hægstad, Vestno. Maalf. II, 2, ɪ, s. 58). — Die meisten normalisierten textausgaben schreiben in- und auslautend ð.
Anm. 2. Die ältesten (aisl.) hdschr. zeigen nur selt. d oder (wie AM. 677, 4º, älterer teil, s. § 12, 13, selten, jüngerer teil konsequent; Cod. Reg. der Eddalieder, s. § 12, 17, oft) d. Seit dem anfang des 13. jahrhs. kommen þ und ð (das immer häufiger wird) promiscue (konsequent ð in der, wahrscheinlich von einem norw. schreiber herrührenden, teilungsurkunde von Spákonuarfr, s. § 12, 11) vot, nach 1350 ꝺ (sporadisch noch þ, s. Kålund, Heiðarvíga Saga, s. XXIV, M. Ólsen, Vǫlsunga saga, s. XLIV). S. weiter Celander, Om övergången av ð > d, s. 42 ff.; Hægstad, Vestno. Maalf. Innleiding, s. 16.
§ 45. Länge (“gemination”) wird durch doppelschreibung des betreffenden zeichens ausgedrückt.
Anm. Die hdschr. drücken die länge auch durch grosse buchstaben oder durch ein über den konsonanten gesetztes pünktchen aus. Neben kk kommen cc, ck (so z. b. in der Hauksbók regelmässig), kc (bes. Ól. hel. leg. saga) vor. Viele hdschr. bezeichnen ss mit s, aber s mit ſ (s. Sjöros, Stud. nord. fil. VIII, 3, s. 5; G. Indrebø, Sverris saga, s. XXVI).
Das altwestnordische lautsystem um 1200 war also — mit dem jetzt erörterten normalalphabete ausgedrückt — folgendes:
§ 46. Sonanten (nur vokale):
Palatale | ||||
---|---|---|---|---|
Velare od. Hintere | Mittlere | Vordere | ||
Ohne labialisierung: | a á | æ ǽ | e é | i í |
Labialisierte: | ǫ ǫ́ | ø | ||
o ó | ø ǿ | |||
u ú | y ý |
§ 47. Konsonanten:
Labiale | Dentale | Palatale u. Velare | ||
---|---|---|---|---|
Halbvokale: | u; y | — | i; y | |
Liquidae: | stimmhafte: | — | l, ll; r,rr | — |
„ | stimmlose: | — | l, r | — |
Nasale: | stimmhafte: | m, mm | n, nn | n |
„ | stimmlose: | m | n | — |
Spiranten: | stimmhafte: | anl. v in- u. ausl. f |
aisl. þ anorw. ð |
g |
„ | stimmlose: | f ff | þ s ss | anl. h inl. g |
Explosivae: | stimmhafte: | b bb | d dd | g gg |
„ | stimmlose: | p pp | t tt (z=ts) |
k kk (x=ks) |
Hierzu kommen laryngales h (hauchlaut) und kakuminale l, n. Ueber kakuminale d, n, s, t s. § 252.
§ 48. Eine verbindung von einem sonantischen und einem konsonantischen vokal nennt man diphthong. Solche kommen im aisl.-anorw. in grosser anzahl vor und sind zweierlei art:
Anm. Auch einige triphthonge (verbindungen von einem sonantischen mit zwei konsonatischen vokalen) hat das aisl.-anorw. aufzuweisen: uei (uæi), z. b. in sueigia biegen, ueý (uæy) und uøy, z. b. in kueykua, kuøykua beleben; endlich iau (iou), uau (uou) in je einem einzigen beispiele: siau sieben, tuau zwei.
§ 49. Ihrer quantität nach treten — wie wir schon oben gesehen haben — sämtliche vokale und explosivae, stimmloses f, stimmhaftes m und r, dentales stimmhaftes l und n, endlich s sowol als kurz wie als lang (“geminiert”) auf. Unter ‘lange (stamm)silbe’ verstehen wir im folgenden diejenige, die entweder einen langen vokal (oder diphthong) mit folgendem konsonanten oder einen kurzen vokal mit zwei folgenden konsonanten (ausser gg) enthält, z. b. ǫ́st, eig-a, hald-a. Eine ‘kurze (stamm)silbe’ ist dagegen vorhanden, wo entweder ein kurzer vokal von nur einem konsonanten (oder gg) gefolgt wird, oder die silbe einen langen vokal (oder diphthong) ohne folgenden konsonanten enthält, z. b. far-a, egg, bú-a, dý-ia.
Anm. Ueber die metrische geltung einer silbe s. Sievers, Beitr. XV, 401 ff., bes. 410; Altgerm. metrik, s. 58 f.
§ 50. Alle vokale (auch diphthonge) können auch als nasalierte vorkommen. Hauptsächlich aus der alten (in § 22 oben erwähnten) orthographischen abhandlung wissen wir, dass um 1170 nasalität wenigstens im aisl. in folgenden fällen da war (s. Noreen, Arkiv III, 1 ff., 36 ff.; Bugge, ib. II, 230 ff.; Kock, Arkiv XVII, 179 f., 185 ff., Svensk-ljudhistoria IV, 467 ff.):
Anm. 1. Nach ausweis der inschrift von Eggjum (c. 700) — wo die fälle 1 und 3 belegt sind — war die nasalierung in diesem falle damals noch nicht eingetreten; s. M. Ólsen, No. I., III, 111.
Anm. 2. Wie lange in diesem falle ein schwachtoniger vokal nasaliert blieb, bleibt für das aisl. unsicher. Im anorw. war — wenigstens nach der Frösöer inschrift zu urteilen — in diesem falle schon um 1050 die nasalierung nicht mehr da, z. b. kirua (d. h. gerua aus -an) machen; s. Noreen, Arkiv III, 31 ff.
Die nasalierung schwindet allmählich, wol zu sehr verschiedener zeit in verschiedenen gegenden.
§ 51. Ueber die altwestn. betonung ist bis jetzt nur verhältnismässig wenig genauer ermittelt worden. Es lässt sich aber vermuten, dass sie im wesentlichen mit derjenigen des ältesten altschwedischen übereinstimmte; vgl. meine darstellung im Grundriss³ 4 = Geschichte der nord. sprachen³, s. 90 ff., § 54. Hier sei nur in aller kürze folgendes bemerkt:
In betreff des exspiratorischen akzents konnte eine silbe entweder haupttonig, stark nebentonig, schwach nebentonig oder unbetont sein. Die haupt- und stark nebentonigen silben fassen wir als starktonige, die andern als schwachtonige zusammen.
Anm. 1. Wenn die haupttonige silbe kurz ist, so ist früher — und wol noch in gewissen, bes. anorw. dialekten — der folgende nebenton etwas stärker (“halbstark”) gewesen, z. b. gata gasse, talaþe redete.
Anm. 2. Vgl. noch u. a. Wadstein, F. Hom., s. 122, 125; Bugge, Norrœn fornkvæði, s. 36 note, Aarbøger 1884, s. 87 f.; Jessen, ZfdPh. II, 139 f.; Sievers, Beitr. VIII, 75; L. Larsson, Arkiv IX, 122 ff.; Beckman, ib. XV, 74 ff.; Craigie, ib. XVI, 360 ff.; Falk, ib. IV, 358; Kock, Accentuierung s. 89 f., 208 ff. und bes. 219 ff. Vgl. aber besonders die bedenken E. Noreen's, Studier i fornvästnordisk diktning, s. 47 ff. (Upps. 1921).
§ 52. Das urnordische übernahm aus urgerm. zeit folgende sonanten:
Kurze: a, e, i, o (das nur schwachtonig vor m da war), u.
Lange: ā, ē, ī, ō, ū, ǣ.
Dazu kamen mehrere diphthonge:
Fallende: ai, au, eu.
Steigende: wa, we, wi; wā, wē, wī, wǣ.
Diese vokale (und diphthonge) waren nasaliert, wenn ein nasaler konsonant unmittelbar nachfolgte oder doch in urgerm. zeit nachgefolgt war; ā scheint immer nasaliert gewesen zu sein und zwar aus letztgenanntem grunde.
Die entwicklung dieser laute innerhalb des(urnordischen und) altwestnordischen wurde durch folgende lautgesetze bestimmt.
Hier werden nicht alle solchen vorgänge aufgeführt, welche möglicherweise oder gar wahrscheinlich, sondern nur diejenigen, welche unzweifelhaft aus urn. zeit stammen. Die urn. umlaute und der übergang iʀ > eʀ werden jedoch erst später (§ 58ff., resp. § 110, 2 mit anm. 3) behandelt.
§ 53. ǣ in starktoniger silbe (vgl. anm. 2) ist schon in den ältesten urn. inschriften zu ā geworden, z. b. c. 250 Vi makia (got. mēkeis) ‘schwert’ und marihai ein mannsname (vgl. aisl. mǽringr zu got. mērs), c. 275 Torsbjærg -mariʀ (got. mērs) ‘berühmt’ und c. 400 Möjebro frawaraðaʀ (vgl. got. rēdan) ein mannsname; vgl. ferner aisl. -anorw. gráta (got. grētan) weinen, máne (got. mēna) mond usw. Die meisten an. ā sind in dieser weise aus älterem ǣ entstanden.
Anm. 1. Die annahme Wimmer's (bei Burg, s. 153), dass spuren eines älteren urn. ǣ noch in einigen finn. lehnwörtern enthalten seien, ist (trotz Thomsen, Ueber den einfluss, s. 123, Beröringer s. 30 note, Samlede Afhandlinger II, 163, jetzt aber anders s. 251; Bugge, No. I. s. 153 und 305 note; Setälä, Journal de la Societé finno-ougrienne XXIII, 1, s. 17 f.) glänzend bestätigt worden durch die aufspürung von mehr als ein dutzend finn. und ein paar lapp. lehnwörtern mit ie aus ē aus ǣ, z. b. finn. lieko (aisl. lǫ́g) ‘liegender baumstamm’, miekka ‘schwert’ (s. oben) rievä ‘frisch’ (aisl. hrár ‘roh’), lapp. viekko ‘36 pfund’ (aisl. vǫ́g ‘gewicht’) u. a., s. Wiklund, Entwurf einer urlappischen lautlehre, s. 164 ff., Le monde oriental V, 219 ff.; T. Karsten, I. F. XXII, 292, Germ. -finn. lehnwortstudien, s. 80 f. (und die dort zitierte literatur), und Fragen aus dem Gebiete der germ. -finn. Berührungen, s. 110 f., Hfors. 1922; H. Pipping, Förhandlingar och uppsatser 31, s. 374 ff., Helsingfors 1918.
Anm. 2. In schwachtoniger silbe ist ǣ (zwar durch a bezeichnet, aber seinem lautwert nach) einstweilen erhalten. Ueber dessen folgende entwickelung s. § 138.
§ 54. ai wird schliesslich in den meisten stellungen zu æi, z. b. urn. Kragehul haite (Lindholm hate ist statt haite verschrieben), brakteat von Seeland haiti: > anorw. hæiti, aisl., daraus entwickelt, heite heisse; Tune staina > stein stein; Reistad wraita > reit ritzung; Björketorp hᴀiðʀ- > heiþr ehre. In folgenden stellungen wird es aber zu ā kontrahiert:
Anm. 1. Vor ʀ tritt dagegen kontraktion nicht ein, z. b. eir (got. aiz) bronze, meire (got. maiza) grösser, geirr (urgerm. latinisiert gaisus) ger u. a. Ags., resp. d. lehnw. sind lǽra (vgl. got. laisjan) lehren, ǽra ehren (echt nordisch eira rücksicht nehmen).
Anm. 2. Báþer (got. bai þai) ‘beide’ kann -unter annahme späterer verschiebung des haupttones- hierher gehören; aber das á kann auch vom acc. báþa (got. bans þans) aus weiter verschleppt worden sein.
Anm. 3. Aus dem afris. stammen bátr (neben dem einheimischen beit) schiff und klǽþe kleid (s. Wadstein, Friserna och forntida handelsvägar i Norden, s. 13 f., Göteborg 1920, und Friesische Lehnwörter im Nordischen, s. 8, Upps. 1922; anders Sverdrup, Maal og minne 1922, s. 49 ff.). Ags. lehnw. sind árhialmr bronzehelm (s. Falk, An. Waffenkunde, s. 156 und besonders E. Noreen, Studier i fornvästnordisk diktning, s. 47 ff., Upps. 1921), tákn (neben teikn) zeichen und láþmaðr (ags. láðmon) lootse (zu leiþ weg) gleichwie nisl. sápa seife. Ueber das nicht hierhergehörige selt. rǫ́k neben reik furche s. § 172, 2. Ganz unverwandt sind nisl. gári ader im holze und aisl. geire streifen (s. Torp in Sproglig-historiske studier tilegnede prof. Unger, s. 187). Unklar bleiben háss heiser (s. zuletzt Karsten, Stud. öfver de nord. spr. nominalbildning II, 205) und urn. Tune ðaliðun teilten (verschrieben statt ðailiðun oder zu litau. dalýti teilen, lettisch dala teil?). Vgl. noch F. Jónsson, No. -isl. kultur- og sprogforhold, s. 67 mit note 2.
§ 55. au wird etwa um 900 (s. Marstrander, Bidrag s. 155) zu ǫu, z. b. urn. laukaʀ Fløksand c. 350, die brakteaten von Schonen (nr. 19) und Börringe c. 475 sowie Skrydstrup c. 500, woraus lǫukr, gewöhnlich aisl. laukr, anorw. loukr, beides aus lǫukr entwickelt; Björketorp -ðᴀuðe > dauþe tod, -lausʀ > lauss los.
Anm. Bákn (ahd. bouhhan) zeichen (in sigrbákn) ist fremdwort (afris. bāken).
§ 56. eu ist in den ältesten finn. lehnwörtern und in älteren urn. inschriften (vor 600) noch in den meisten stellungen erhalten, z. b. finn keula (ags. céol, ahd. keol, aisl. kióll) schiff, Skåäng c. 500 leuᵹaʀ; vgl. bei Jordanes c. 550 theustes einwohner der aschw. landschft Þiūst. Wenn aber die folgende silbe i oder u enthält oder ʀ unmittelbar folgt, ist es wenigstens schonc. 575 zu iu geworden, z. b. Reistad iuþinᵹaʀ (vgl. ahd. Eodunc), Opedal n. sg. f. liuƀu lieb (s. Bugge, Arkiv VIII, 22), aisl. dýr (s. § 71, 7) tier. Erst später (jedenfalls vor 900) ist eu in sonstigen stellungen zu iǫu geworden, z. b. finn. joula — st. (j)iulu durch einfluss des gen. — weihnachten (vgl. got. jiuleis), aschw. Rök þiaurikʀ Theodorik, adän. run. niąut geniess, -þiauþ (got. þiuda) volk. Noch später gehen sowol iu wie iǫu von fallendem in schwebenden diphthong, resp. triphthong über, wie aus der folgenden entwickelung (s. § 100 und § 101) hervorgeht.
Anm. Vgl. Bugge, Vitterhetsakademiens Handlingar XXXI, 3, s. 17; Pipping, Gutalag, s. LXII ff.; Noreen, Geschichte³. s. 79; Karsten, Germanisch-finnische lehnwortstudien, s. 55 und 247.
§ 57. Die etwas spätere urn. zeit hatte also folgende sonanten:
Kurze: a, e, i, o (s. § 52), u.
Lange: ā, ē, ī, ō, ū.
Diphtonge und triphthonge: fallende: æi, ǫu; schwebende: iu, iǫu, steigende. wa, we, wi und wā, wē, wī.
Von diesem stand gehen wir im folgenden aus.
§ 58. Mit umlaut bezeichnet man im allgemeinen eine verschiebung des vokalsystems, die durch den assimilierenden einfluss benachbarter laute hervorgerufen wird. Die artikulationsstelle des vokals wird also nach der seite hin verschoben, wo der den umlaut bewirkende laut gebildet wird. Von diesem gesichtspunkte aus ist der an. umlaut dreierlei art: velarisierung, palatalisierung oder labialisierung des betreffenden vokals.
Anm. Je nach dem platze des umlautwirkenden lautes nach oder vor dem umgelauteten unterscheidet man zwischen regressivem und progressivem umlaut. Im westn. jedoch ist der letztere nur spärlich vertreten.
§ 59. Velarisierung, sog. a-umlaut, wird von a, offenem e (s. § 61, 2) und wahrscheinlich auch (s. § 61, 3) urn. ǣ (offenem ē) bewirkt und tritt nur bei i und u ein.
§ 60. Starktoniges i wird in kurzer silbe ausser wol nach g und k (s. Kock, Beitr. XXIII, 544 ff.) zu e, wenn in der nächsten silbe ein a oder ein sich nach § 137, 2 zu a entwickelndes, also offenes ō ohne dazwischenliegendes j oder nasal + kons. steht oder doch in urn. zeit stand, z. b. heþan von hier neben hiþra (alt, s. Gislason, Njála II, 604; später anal. heþra) hier, gleþa (ags. ᵹlida zu ᵹlídan gleiten) weih, verr (lat. vir; vgl. vielleicht pl. virþar < *wiriðōʀ, gebildet wie fyrþar < *firhwiðōʀ § 77, 5, a, die männer der verþong ehrengeleit des königs sowie möglicherweise aschw. pl. virþar die einwohner der landschaft Værand, aisl. Verund; dagegen aber Lindroth, Namn och bygd VI, 41 ff.) mann, sef neben ndän. siv binse (zu lat. dissipo, ahd. sib), duena neben duína (ags. dwínan) erschlaffen, anorw. suena neben suina, suína (ahd. suīnan) schwinden, þrefa zanken neben þrifa, þrífa tappen (s. Noreen, Vårt språk III, 182 note 2), neþan von unten neben niþre (auch neþre, neþarre) niedere, hegre (ags. hiᵹora), hére? (s. Vigfusson; vgl. fi. Haihara, haikara, s. Saxén, Stud. nord. fil. I, 3, s. 93) § 317, 3, a reiher, anorw. skref dat. skrifi (s. Fritzner) schritt. Durch ausgleichung ist der wechsel beseitigt worden, resp. sind doppelformen entstanden wie stege (selt.), stige aus ursprüngl. nom. stigi, pl. stegar leiter (wie noch in norw. dial., s. Hægstad, Vestn. maalf. II, 1, s. 154); ebenso sele, sile siele (vgl. Hægstad, a. o. I, s. 111), sege, sige (s. Hellquist, Arkiv VII. 54, 58; Bugge, ib. X, 87) schnitzel, ref-ormr flechte neben rif reibung (vgl. Noreen, Vårt språk III, 186 mit note 4), pl. neþar (selten, s. Larsson) neben niþar abnehmender mond, klefe, selt. klife kleine stube, vega, anorw. auch viga kämpfen, töten zu víg kampf, mannsnamen auf -(f)reþr, -(f)røþr § 77, 3 (wie Hallfreþr, Geirrøþr) neben friþr friede (s. Bugge, Arkiv II, 251); vgl. noch sleþe neben aschw. sliþi (nnorw. dial. sliði) schlitten.
Anm. Nach dem urn. Wiwaʀ Tune ein mannsname zu urteilen, ist der übergang um 500 noch nicht durchgeführt.
§ 61. Starktoniges u geht in o über:
Anm. 1. u statt sonstigen o ist besonders in dem färöischen dialekt beliebt, z. b. brut brunch, mula zermalen, turf torf u. a., s. Bugge, Aarbøger 1875, s. 40,
Anm. 2. Konungr könig st. (anorw., s. § 160 anm. ) kunungr ist von konr edelgeborner beeinflusst. Umgekehrt erklärt sich ein fall wie hunang honig vielleicht aus einer aussprache mit haupttoniger ultima; vgl. 51, 1, b und Kock, Beitr. XXIII, 517.
Anm. 3. Der diphthong eu scheint nicht in entsprechender weise zu eo entwickelt worden zu sein, s. § 56.
§ 62. Die palatalisierung findet in starktoniger silbe (vgl. § 147) im allgemeinen (vgl. § 75 und § 147) nur bei denjenigen vokalen statt, die nicht vordere palatale sind (vgl. das vokalschema § 46), also bei a, e, o, u, ǫ, á, ó, ú, ǫ́, ǿ (s. § 68, 4) und solchen diphthongen, die diese vokale enthalten, wie ia, io, iu, ió, iú, ǫu (und den daraus entwickelten au, ou s. § 98), ua, uá. Bewirkt aber wird im westn. dieser umlaut:
Anm. 1. Dass ein vokal auch durch unmittelbar folgendes, noch nach der synkopierungszeit erhaltenes, wenn auch später durch kontraktion (nach § 135) geschwundenes, i umgelautet wird, geht aus fällen wie blǽingr der schwärzliche, hǽll (*hāilʀ < urn. *hāhilaʀ) ferse, þrǽll knecht, aschw. Styinge ein mannsname u. a. hervor, s. Bugge, No. I. s. 83 note; Pipping, Neuphilologische Mitteilungen 15/11-15/12 1902, s. 17, und Grammatiska studier, s. 4 note.
Anm. 2. Die annahme Kock's (Arkiv VIII, 256 ff. und öfter) dass ein ʀ, vor welchem ein i ohne umlaut zu bewirken synkopiert worden ist, auch einen nicht unmittelbar vorhergehenden vokal umlautet, ist hinfällig, s. Wessén in Språkvetenskapliga sällskapets förhandlingar 1916-1918, s. 73 ff.
§ 63. Die fälle sind:
Anm. 1. Weil (nach § 61) o sehr oft mit u wechselt, entsteht häufig der schein, als ob y der i-umlaut von o (statt von u, s. 6 unten) wäre, z. b. sonr (älter und seltener sunr) : pl. syner (jünger und seltener søner).
Anm. 2. Da dieses ø oft mit e wechselt (s. § 119), entsteht auch bisweilen der schein, als ob o zu e umgelautet wäre.
Anm. 3. Weil (nach § 166 anm. 2.) ó bisweilen mit ú wechselt, entsteht unter umständen der schein, als ob ó zu ý umgelautet worden wäre (vgl. oben anm. 1), z. b. býle (neben bǿle) aufenthaltsort zu ból ort, wo man sich niedergelassen hat, und zu búa wohnen (vgl. landbúli gegenüber gew. landbóle pächter).
Anm. 4. Auch das nach § 77, 2 und § 116 durch u-umlaut entstandene ó wird auf dieselbe weise zu ǿ i-umgelautet, z. b. pl. spǿner (neben spǽner zu spánn, spǫ́nn) zu spónn span. Beispiele sind äusserst selten, weil dies ó nie lautgesetzlich, sondern nur durch ausgleichung innerhalb eines paradigmas in der betreffenden stellung steht. — Der sehr seltene pl. nǿtr (s. Gislason, Udvalg af oldnordiske skjaldekvad, s. 148; Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 94) statt nǽtr zu nótt nacht ist wol eine analogiebildung nach bót : bǿtr, rót : rǿtr, nót : nǿtr u. dgl.
Anm. 5. Der scheinbare übergang io > y, z. b. hygge, bygge neben h(i)ogge, b(i)øgge ist nach anm. 1 oben zu beurteilen.
Anm. 6. Wenn es bisweilen aussieht, als on ió zu ý umgelautet worden wäre, so ist das betreffende ió aus einem nach § 56 mit iu wechselnden iǫu entstanden (s. § 101, 2), z. b. 1. sg. präs. lýse leuchte zu liós licht, 2. sg. präs. býþr (got. biudis) zu bióþa bieten.
Anm. 7. Dieser fall ist natürlich nur ein korollar der in 1, 4, 6 und 8 n behandelten fälle.
§ 64. Die stark nebentonigen vokale werden ganz wie die haupttonigen umgelautet, z. b. pl. gefendr aus *-andiʀ zu gefande geber (vgl. § 63, 9), tiþende neuigkeit, faþerne, móþerne väterliche, resp. mütterliche seite, réttynde recht, hógynde neben hǿgende kissen, dauþyfle (got. dauþubleis) leiche, innyfle (ahd. innubli) eingeweide, eimyria (ahd. eimuria) glühende asche, anorw. ambǽtti (Hægstad, G. Tr. s. 67 f.) dienst zu ambǫ́tt dienstmagd, afrǽðe (neben afráð) abgabe und andlǽte (vgl. mndd. antlāt) antlitz; noch andere beispiele s. Kock, Umlaut und Brechung, s. 102 f. Dagegen werden schwach nebentonige vokale nicht umgelautet, z. b. proklitisch um(b) aus *umbi (ags. ymb), pl. fíandr (§ 51, 2, b) zu fíande feind, 3. sg. konj. prät. kallaþe riefe, vesall elendig zu sǽll glücklich, Ingemarr (mnorw. auch -márr, nnorw. -mår) ein mannsname zu mǽrr (urn. -mariʀ Torsbjærg) berühmt, varúþ neben der neubildung varhygþ vorsicht, meþan (got. miþþanei) während, ? uppskár offenbar zu skǽrr hell (s. § 54, 2), von denen jedoch die einst zusammengesetzten vielleicht das i schon vor der umlautszeit synkopiert haben (vgl. die behandlung eines ersten gliedes, s. § 66, 1 schluss; anders Kock, Umlaut und Brechung, s. 133 f.). Wo die betonung zwischen starkem und schwachem nebenton schwankt (s. § 51, 2, b), finden sich natürlich doppelformen, z. b. dómere (got. dōmareis) : dómare richter, missere : missare halbjahr, allynges : ǫllonges (durch komtamination auch allonges, ǫllynges) ganz und gar, anorw. ærfǽðe : ærfaðe arbeit.
Anm. Ueber eine art späteren umlauts in schwachtoniger silbe s. § 147.
§ 65. Vielleicht wird der umlaut lautgesetzlich auch durch starktonigen vokal bewirkt, wiewol er in zusammensetzungen wie ǫ́stvinr lieber freund, fávíss unwissend u. dgl. fast immer sowie in abgeleiteten wörtern mit stark nebentoniger ableitungssilbe wie sanninde wahrheit, máttigr (got. mahteigs) mächtig, brautinge reisender, drótning königin u. dgl. sehr oft durch assoziation mit verwandten unumgelauteten formen unterbleibt oder früher aufgehoben worden ist (vgl. § 67). Wo aber ein ursprüngliches kompositum durch schwächung des zweiten gliedes undurchsichtiger geworden ist und den schein eines simplex angenommen hat, ist die assoziation gewöhnlich unterblieben und der zu erwartende umlaut demzufolge vorhanden, z. b. Hrǿrekr (neben selt. anorw. Róðrekr) Rodrich zu hróþr ruhm, Hǽrekr neben Hárekr (s. Lind, No. -isl. dopnamn, s. 490) ein mannsname, Gýriþr neben Guþríþr und Þyriþr neben Þuríþr (vgl. § 51, 1, a) frauennamen, Hylviþr neben Hul[m]viþr ein mannsname, Brýn aus *brú-vin, Mǿn (Mó-vin), Rǿn (*ró-vin), ǽn (*á-vin), Sændin neben Sandvin, Øystrin neben Austr(v)in u. a. dgl. anorw. ortsnamen (s. Rygh, Norske gaardnavne, Forord s. 86), Sørkuer (§ 82, 12) neben Sorkvér (§ 82, 8), Øluer (§ 82, 6; anorw. auch Æluir) neben Ǫlvér (vgl. Bugge bei Fritzner III, 1103; anorw. auch Alver), Høruer, Høsuer, Þyrgils neben Þorgils, Hløþuer neben Hloþvér Ludwig u. a. dgl. mannsnamen, ýmiss (vgl. got. missō) wechselnd, aisl. s(i)eytián neben s(i)autián siebzehn, þeyge (*þau-gi) jedoch nicht, nom. acc. pl. ntr. bǽþe (*bā-þiu vgl. ahd. bēdiu) beide, huetvetna neben huatvitna was auch immer zu huat was, huervetna neben huarvitna allenthalben zu huar wo.
§ 66. Der i-umlaut wurde wol am frühesten durch ein ganz unbetontes, erst später durch ein etwas stärker betontes i bewirkt. Infolgedessen haben wir in der historischen entwickelung des i-umlautes mehrere verschiedene perioden zu unterscheiden (s. Kock, Beitr. XIV, 53 ff., XV, 261 ff., XVIII, 417 ff., XXVII, 166 ff. Arkiv XII, 249 ff., Umlaut und Brechung, s. 38 ff.; Noreen, Geschichte³ s. 84 ff.; zum teil anders Pipping, Gotländska studier, Uppsala 1901, s. 97 ff., und noch anders in Mémoires de la société néophilologique à Helsingfors IV, 237 ff., wogegen Wessén in Språkvetenskapliga sällskapets förhandlingar 1916-18, s. 61 ff.):
Anm. 1. Nicht überzeugend sucht Bugge (No. I. s. 106 f.) den umlaut von a und au schon für die zeit um 500 nachzuweisen. Erst um 575 ist umlaut von e durch Opedal ƀirᵹ (s. § 63, 3) belegt, erst um 625 der umlaut von ā durch Strøm wate (d. h. wǣte aus *wātiē netze), um 675 der umlaut von a durch das oben erwähnte -ᵹestumʀ.
Anm. 2. Aus dem oben 2 und 3 angeführten geht hervor, dass unter umständen ein i den vokal einer urspr. nicht unmittelbar vorhergehenden silbe umlauten kann, z. b. øþle (§ 63, 8), eþle (*aðli < *aðali zu aþal ahd. edili) begabung, ellefo (< *aina-lib, s. § 54, 3, a) elf, 3. sg. prät. konj. velþe aus *walði aus *waliðī (vgl. got. walsdēdei) wählte, ellegar aus *alliᵹaʀ < *alilīᵹaʀ < aljalīkōʀ (got. aljaleikōs) sonst, anorw. ørtog (s. § 63, 8), ærtug (*arti- < *ariti-, ahd. arizzi) 1/24 mark; vgl. F. de Saussure in Mélanges Renier, s. 391.
§ 67. Ein durch den umlaut hervorgerufener vokalwechsel ist sehr häufig durch analogische ausgleichung aufgehoben worden. Wo nämlich in eunem paradigma oder in einer gruppe von wörtern, die untereinander nahe verwandt sind, ein umgelauteter vokal und der diesem entsprechende unumgelautete nebeneinander vorkamen, ist manchmal der wechsel ausgeglichen worden, so dass bald jener, bald dieser vokal durch gedrungen ist, bald doppelformen entstanden sind, z. b.:
§ 68. Die fälle sind:
§ 69. Jedes kons. i wirkt umlaut; also auch ein (nach § 133) aus sonantischem i in hiatusstellung entstandenes, z. b. die mannsnamen Heriolfr aus Hari(w)olfʀ (hᴀriwolᴀfʀ Stentoften) und das latinisierte Herioldus aus *Hari(w)oldʀ < *Hariwǫlduʀ (urn. Harjawalduʀ s. Noreen, Uppsalastudier s. 20 note; daneben die neubildung *Harjawaldaʀ finn. als ortsname Harjavalta, wozu gen. Haralds < urn. *Hari-, *Harjawaldas neben Haraldar < urn. *Hari-, *Harjavaldōʀ). Wenn es hier und da scheint, als ob vor geschwundenem j der umlaut unterblieben wäre, so erklärt sich das daraus, dass j nach der synkope eines unmittelbar folgenden vokals zunächst sonantisiert (s. § 226) und dann wie andere sonantische i nach kurzer silbe ohne umlaut zu hinterlassen synkopiert worden ist (s. § 66, 2), z. b. mannsnamen wie Haraldr aus *Hariwaldaʀ < urn. *Harjawaldaʀ (s. oben) oder Ragnarr aus *Raᵹinhariʀ < urn. *Raᵹinaharjaʀ (ahd. Raginhari) u. dgl.
Anm. Der gegensatz von selt. Brunolfr neben gew. Bryniolfr (durch kontamination selt. Brynolfr) erklärt sich vielleicht aus nom. *Brun(i)wolfaʀ : dat. Bruni(w)ulfē, so dass w vor u schon vor, vor o aber erst nach der i-synkope geschwunden wäre, was phonetisch sehr begreiflich wäre.
§ 70. Die fälle sind:
Anm. 1. Shetl. und orkn. tritt ia > iæ wenigstens nach s und zum teil h ein, z. b. shetl. siælfr 1355 selbst, Hietland 1509 Shetland, orkn. siælver 1426; s. Hægstad, Hild. s. 42.
Anm. 2. Ueber diesen umlaut in schwachtonigen silben s. § 146 anm. 3.
Anm. 3. Das schon um 1250 auftretende anorw. frǿ same, welches Hægstad, G. Tr. s. 59, aus frió mit schwund des i vor ø entstanden und demnach hierher geführt wissen will, ist wol besser anders zu erklären; s. § 77, 8.
§ 71. Dieser umlaut ist vielleicht jünger als der i-umlaut, aber doch in vorliterarischer zeit vollzogen. Die fälle sind:
Anm. 1. Zweideutig sind berr (vgl. asl. bosŭ) baar, (aisl.) here hase, mergr (asl. mozgŭ) mark, die sowol hierher gehören (vgl. anorw. selt. barr neben bærr, aschw. bar, hari neben selt. hæri), wie auch altes mit a ablautendes (s. § 169) e haben können (vgl. nschw. dial. bǣr aus *ƀeʀa- nnorw. jase aus *hiase — 1 mal anorw. als hiæsi, nach § 70, 1, belegt, s. Fritzner I, 831 — aus *hesan-, aschw. miærgher aus *miarghr aus *meʀᵹa-). Vgl. Lindgren, Sv. Landsm. XII, 1, s. 57. Für anorw. here (nicht *hæri), nisl. hjeri steht nur die letztere möglichkeit offen (vgl. § 117 und § 103).
Anm. 2. Statt ø steht oft e nach § 119.
§ 72. Wo bisweilen der umlaut fehlt, scheint dies teils dessen nicht-eintreten in gewissen (anorw.) dialekten (so wol in den oben erwähnten barr, í giár, snor, s. oben 1-3), teils der (wenigstens ursprünglichen) schwachtonigkeit der silbe zuzuschreiben sein, z. b. präfix tor- neben selt. tyr-, präp. úr oder ór neben ýr, selt. ǿr, präfix anorw. or-, ur-, ór-, úr- (s. Bugge bei Fritzner III, 1103) neben aisl. ør- (s. oben 3-6), nafar, Hróarr (s. § 54, 3, b), 3. pl. prät. ind. vǫ́ro (vgl. got. wēsun) waren u. a.; teils endlich liegen analogiebildungen vor, z. b. kuro und korenn (s. oben 3) neben køro, resp. kørenn zu kiósa wählen nach analogie von bruto, brotenn zu brióta brechen u. dgl., nom. sg. wie nár leiche statt *nǽr nach gen. nás (vgl. oben mǽr, das mit der zeit durch ein dem gen. meyiar nachgebildetes mey ersetzt wird), prät. varþa (vgl. got. wasida) zu veria kleiden nach varþa (got. warida) zu veria wehren u. dgl.
Anm. Ausnahmen bilden auch, wenn überhaupt hierher gehörig (wie Bugge, No. I. s. 104 f., will), arenn (urn. acc. aʀina? By, vgl. lat. āra, oskisch āso) herd und der feuername aldrnare (zu got. nasjan retten?).
§ 73. Dieser umlaut wird bewirkt nicht nur von urn. durch ᵹ und k (wie in anderen germ. sprachen, s. Wessén, Språkvetenskapliga sällskapets förhandlingar 1913-15, s. 73 ff.) aus e in frühurn. zeit hervorgerufenem i (s. § 74), sondern auch von solchem, das frühestens um 600 (denn noch Opedal waᵹe) aus ē (älter ai und ǣ) nach ᵹ und k entstanden ist (vgl. § 62, 4), z. b. dat. dege (urn. *ðagē, got. daga) zu dagr tag, seger (ahd. sagēs) sagst, þeger (ahd. þagēs) schweigst, bǽger (prät. bágþe Haustlǫng 18; ahd. bāgēs) hinderst, fylger (aschw. prät. fulghþe) folgst, syrger (ahd. sorgēs) sorgst, wonach inf. segia (aschw. präs. sakum Rök) usw., dreke (aus mndd. drake) drache. Demnach ist hier eigentlich der umlaut durch das früher als sonst (vgl. § 66, 4) und zwar durch den diesen wörtern spezifischen palatalen konsonannten aus ē hervorgerufene i bewirkt.
Anm. In den weitaus meisten fällen ist a durch einfluss verwandter formen erhaltenfélage genosse nach den kas. obl., dat. þake zu þak dach, konj. präs. vake wachen usw., oder sind doppelformen entstanden wie heimdrege und nach den kas. obl. -drage, þunnvenge n. -vange schläfe, anorw. Þørger (Þyrger) neben Þorgeirr ein mannsname.
§ 74. Hierher gehören auch fälle wie myrgenn (alt und selten, s. Fritzner; got. maúrgins, s. Wessén, a. o. s. 89 f. und 1816-1818, s. 24, sowie über anorw. mørginn ib. s. 22 f. und 27), fegenn froh (vgl. got. fagin-ōn sich freuen), pl. regen (got. ragin) götter, Regenn ein mannsname, megen stärke und part. prät. wie fengenn empfangen, gengenn gegangen, slegenn (urn. slaᵹinaʀ schon Möjebro bald nach 400) geschlagen, tekenn genommen usw. (s. § 501), selt. anorw. drykkinn (Elis saga; vgl. aschw. drykkinskaper) getrunken, denn fälle, wo kein palataler konsonant vor dem e steht, wie farenn gefahren, malenn gemahlen usw. zeigen, dass nur nach ᵹ und k ein i zur umlautszeit vorhanden war.
Anm. Folgenn verborgen statt *fylgenn (got. fulgins), flogenn geflogen st. *flygenn usw. sind nach brostenn, flotenn u. dgl. umgebildet; vgl. got. fulhans gegen fulgins.
§ 75. Eine verwandte erscheinung ist der sporadische übergang des schon durch i-umlaut entstandenen ǿ in ý (und ø in y? s. § 515 anm. 2) vor gi und ki (s. Bugge, Arkiv II, 350 ff.), z. b. ýgiask stössig werden neben ǿgia schreck einflössen, ýger statt gew. ǿger schrecker, ýgr (nach acc. ýgian u. a.) neben selt. ǿgr wild, ýke übertreibung (zu got. wakan, wōk, wōkrs u. a. ). Vgl. § 68, 4.
§ 76. Die labialisierung trifft im allg. (vgl. § 76, 2, 10, 11, § 82, 8) nur diejenigen vokale, die nicht schon mehr oder weniger labial sind(vgl. das vokalschema § 46), also a, e, i, æ, á, é, í, ǽ und die meisten diphthonge, die als letzten komponenten einen dieser vokale enthalten, wie ia, ua, ui, uæ, (ue), uá, uí, uǽ, æi, (ei). Bewirkt wird im westn. dieser umlaut:
Anm. 1. Kurzer vokal wird durch unmittelbar folgendes (dann synkopiertes) u nicht umgelautet; s. § 80, 2.
Anm. 2. Unmittelbar folgendes w bewirkt keinen umlaut (s. § 83).
§ 77. Die fälle sind:
Anm. 1. Ueber die weitere entwicklung des ǫ bei nasalierung s. § 115, 1, bei schwachtonigkeit s. § 148.
Anm. 2. Ueber die weitere entwickelung des ǫ́ bei nasalierung s. § 116, bei schwachtonigkeit s. § 148.
Anm. 3. Vor nicht aus w entstandenem u ist der umlaut durch ausgleichung innerhalb des paradigmas unterblieben (s. O. v. Friesen, N. Spr. II, 7 ff.), z. b. litr statt *lytr (adän. lyt, ndän. lød) farbe nach gen. litar usw. Von *sigu- (ahd. sigu) > syg- sind doch in (bes. anorw.) personennamen spuren häufig, z. b. Sygný, -ríþr (bei Saxo Sygrutha), -tryggr (rschw. Syktrykʀ), -urþr u. a. m. neben Signý usw. zu sigr sieg.
Anm. 4. ue > ø ist nicht durch anorw. (vgl. Hægstad, G. Tr. s. 52) søfn (neben suefn und durch kontamination suøfn) schlaf belegt, denn es dürfte aus einem durch aschw. symn belegten *suƀni- (vgl. gr. ὕπνος < *supnos) stammen, das nach sofa schlafen zu soƀni-, woraus nach § 63, 3 søfn (aschw. sømpn), umgebildet worden und durch neuen einfluss von sofa zu anorw. sofn (s. Hægstad a. o.; aschw. sompn) geworden ist (s. Wessén, Språkvetenskapliga sällskapets förhandlingar 1916-1918, s. 71). Ein allzu isoliertes beispiel wäre pl. viþkuøþ zu viþkueþ geschrei (s. Þorkelsson, Supplement IV, 176).
§ 78. Die stark nebentonigen vokale werden ganz wie die haupttonigen umgelautet, z. b. aisl. pl. gefǫndom (aostnorw. gefandum, s. § 80, 3) zu gefande geber, þegnskǫpom (aostnorw. -skapum) zu þegnskapr tapferkeit, heldentat. Dagegen erleiden schwachtonige vokale keinen umlaut, und schwankende betonung gibt zu doppelformen anlass, z. b. Harþangr (noch nnorw. Hardaánger) ein landschaftsname zu hǫrþar (lat.-germ. harudes) ein völkername; ǫk(k)la (ahd. anklāo) fussknöchel neben kló klaue, präf. ná- und nó- nahe (s. § 77, 2); án und ón ohne, hánom und hónom ihm u. a. m. (s. § 116); ei und ey immer (s. § 77, 15). Fälle wie aisl. greniǫn (woraus grenion nach § 148) heulen zu gen. grenianar, nom., acc. pl. heilǫg (heilog) zu heilagr heilig, óþǫl (óþol) zu óþal eigentum, dat. pl. riddǫrom (-orom) zu riddare ritter, 3. pl. elskǫþo (-oþo; anorw. ælskaðo) liebten zu 3. sg. elskaþe u. a. m. zeigen, dass viele später schwach nebentonige ableitungssilben einst stark nebentonig gewesen sind (s. § 51, 2, b und besonders Kock, Altnordischer u-umlaut in ableitungs- und beugungsendungen, s. 17 ff., Lund 1918), ja dass sogar “halbstark” nebentonige silben (s. § 51 anm. 1) umgelautet worden sind.
§ 79. Wahrscheinlich wird der umlaut lautgesetzlich auch durch starktonigen vokal bewirkt, wiewol er in fällen wie z. b. barnungr jung wie ein kind, náttúra natur u. a. durch assoziation und fremden einfluss unterbleibt (s. Kock, Umlaut und Brechung, s. 240 f.). Wo ein urspr. starktoniger vokal zur schwachtonigkeit niedergesunken ist, unterbleibt gewöhnlich die assoziation, und der umlaut macht sich geltend, z. b. die mannsnamen Fǫstolfr (anorw. Fastulfr), Ǫrnolfr (gegen Arngrímr u. dgl.), Ǫndoþr (gen. Andaþar; aus *Andhǫþr, ahd. Anthad), Stǫrkoþr (gen. Starkaþar; s. Bugge, Sv. fornm. tidskr. XI, 110) und at sógoro § 77, 11. Durch schwankende betonung und eventuelle assoziation mit verwandten formen entstehen doppelformen, z. b. dǫgorþr : dagverþr frühstück, ǫndorþr : andverþr anfänglich, ǫndoge : andvege hochsitz, ǫloge : alhuge ernst, Ǫlfuss ein mannsname : alfúss sehr begierig, ǫluþ : alýþ, -úþ gewogenheit, ǫfund : afund neid, ǫllonges : allynges ganz und gar (vgl. § 64), ǫlmosa : almusa almosen, ǫmbott : ambótt magd, þrøskoldr : þreskǫldr (s. § 77, 3) türschwelle u. a. m.
§ 80. Der u-umlaut wurde wol am frühesten durch ein ganz unbetontes, erst später durch ein etwas stärker betontes u bewirkt. Infolgedessen haben wir auch in betreff des u-umlautes mehrere perioden — in hauptsächlicher übereinstimmung mit denjenigen des i-umlautes (s. § 66) — zu unterscheiden (s. die An. gr. II § 67 zitierte literatur und ausserdem Bugge, Bidrag s. 16 ff., Kock, Arkiv X, 388 ff., XII, 166 ff., 258 ff., Umlaut und Brechung, s. 153 ff):
Anm. 1. Sonstige ausnahmen sind nur scheinbar. Da formen wie Óláfr (*Anulaibaʀ, s. § 54, 3, b), aschw. Skøþve (Skǫðwi < *Skaðuwīh-?) u. dgl. lautgesetzlich sein müssen, sind fälle wie sparhaukr (neben spǫrhaukr) sperber zu spǫrr sperling, þramský schild zu þrǫmr rand (teils als von zusammensetzungen wie lagastafr meer zu lǫgr flüssigkeit beeinflusst, teils und zwar gewöhnlich) als analogische neubildungen nach dem typus kattbelgr : kǫttr (s. 1 oben) oder nach dem simplex *sparuʀ (< *sparwaʀ), *þramuʀ, ehe dies zu spǫrr, þrǫmr wurde, zu erklären,
Anm. 2. Suffigiertes þú du bewirkt keinen umlaut, z. b. farþu fabre.
§ 81. Ein durch umlaut hervorgerufener vokalwechsel innerhalb eines paradigmas oder einer gruppe von verwandten wörtern ist oft durch ausgleichung beseitigt worden und zwar in verschiedener weise:
Anm. Schreibungen wie ván, spánn u. dgl. (statt lautgesetzlichen ón, spónn u. dgl. nach § 116) sind wol in den meisten fällen mit den auch vorkommenden vǫ́n, spǫ́nn u. dgl. gleichwertig (vgl. § 107). Die letztgenannten formen sind gen. vánar, spánar u. dgl. nachgebildet in analogie mit entsprechungen wie skǫ́l, gen. skálar, schale, ǫ́r, gen. árar, ruder u. dgl. Sie sind natürlich erst zu einer zeit entstanden, wo der übergang ǫ́ > ó (s. § 116), dem formen wie ón, spónn u. dgl. ihr dasein verdanken, längst durchgeführt ist.
§ 82. Die fälle sind:
Anm. 1. Ueber die weitere entwicklung des ǫ bei nasalierung s. § 115, 1.
Anm. 2. ø wechselt oft mit e nach § 119.
Anm. 3. Gørr (gerr) neben gǫrr (so immer bei den älteren skalden, s. Kahle, Die sprache der skalden, s. 44, und noch weit überwiegend in den ältesten hdschr., s. Larsson) fertig hat wol sein ø aus dem adv. komp. gørr (s. § 77, 7; gerr) und dem verbum gør(u)a (s. oben 6; ger(u)a) bezogen, wie umgekehrt das statt gørþa (gerþa) bald auftretende (s. Kahle a. o.) prät. gǫrþa (später auch nach § 263 anm. 1 giorþa wie dann auch giorr) sein ǫ aus gǫrr entlehnt hat.
Anm. 4. Fälle wie dat. sg. hiorue schwert, smiorue butter u. dgl. st. *hire (vgl. got. haírus) smørue (s. § 77, 9) sind neubildungen zu nom. hiorr, smior nach den typen spǫrr : spǫrue, bǫl : bǫlue.
§ 83. Jedes w (d. h. kons. u) wirkt umlaut; also auch ein (nach § 134, a) aus sonantischem u in hiautstellung entstandenes, z. b. der frauenname Bǫþuildr aus *Baðu(h)ildʀ < *Baðwahildiʀ. Wenn es scheint, als ob unmittelbar nach kurzem vokal w ohne umlaut zu hinterlassen geschwunden wäre, so erklärt sich dies nach § 80, 2 so, dass w nach der synkope eines unmittelbar folgenden vokals sonantisiert worden ist, so dass hier kein w, sondern u synkopiert wurde; daher stráþa (got. strawida), strá, nár usw. (s. § 80, 2). Wiederum wenn erhaltenes w einen unmittelbar vorhergehenden vokal nicht umgelautet hat, so ist dies wol so zu erklären, dass w in dieser stellung schon vor dem eintritt des w-umlautes zu ƀ (geschr. f) geworden ist (s. § 250), also nicht mehr als solches (d. h. kons. u) da war. Daher sind umlautlose z. b. afe (vgl. got. awō f., lat. avus) grossvater, pl. máfar (anal. mófar) zu mór möve, fráfan zu frár munter (vgl. § 80, 2), láfe (die selt. nebenform lófe, s. Larsson, hat ablaut wie aschw. lōe, finn. luuva, gr. ἁλώς ἀλωϝή) dreschtenne, ávalt (s. § 54, 3, a) immer, snifenn (vgl. ahd. snīwan) beschneit, pl. tífar (vgl. § 77, 6) götter, Ífarr (*Į̄hu-hariʀ) ein mannsname, Suífor (Suívǫr) ein frauenname, skǽfa (got. skēwjan) gehen, dat. hrǽfe (got. hraiwa) leiche, lǽfe verderb, frǽfe (got. fraiwa) samen, acc. mǽfan schmalen, slǽfan stumpfen, frǽfan fruchtbaren, pl. sǽfar seen, dat. snǽfe (got. snaiwa) schnee, ǽfen- (got. aiweins) ewig-, ǽfe lebenszeit. Da der übergang w > ƀ in der betreffenden stellung frühestens um 1000 (durch eine assonanz wie Suífor : lífe, s. § 250) bezeugt ist, wäre also der eintritt des w-umlautes frühestens in diese zeit zu verlegen. Damit stimmt auch, dass assonanzen, wo ein durch i-umlaut aus u (also älteres) und ein durch w-umlaut aus i entstandenes (also jüngeres) y miteinander reimen (z. b. hygg : Tryggua, ynglengr : þryngue), erst etwas nach 1000 belegt sind (s. Falk, Anz. f. d. A. XIX, 215 f.). Zu dieser zeit wäre demnach der w-umlaut schon vorhanden. Dagegen spricht nicht, dass noch im 11. jahrh. assonanzen wie her : gørua, ekkio : nøkkuat, hringe : lyngua begegnen, wo man nicht gerua, nekkuat, lingua einzusetzen, sondern nur ein noch nicht ausgeprägtes ø, also “unreine reime” (vgl. § 80, 3 und Falk, a. o. s. 216, F. Jónsson, No.-isl. kultur, s. 241) anzunehmen hat. Dass andererseits um 1200 der w-umlaut nicht mehr ein lebendiges lautgesetz gewesen ist, beweisen wol solche auf ausgleichung (s. § 84) beruhenden formen wie nakkuat, gerua, tuisuar, acc. kuikuan u. a.
Anm. In der ältesten poesie bis c. 1000 assoniert ein (aus i, í durch w-umlaut entstandenes) geschlossenes y, ý nicht mit einem (aus u, ú, iú durch i- und j-umlaut entstandenen) offenen y, ý, was wol beweist, dass die beiden laute nicht früher als c. 1000 oder etwas später zusammengefallen sind; s. Marstrander, Bidrag, s. 73 mit note 1, F. Jónsson, No.-isl. kultur, s. 241, Kahle, Die sprache der skalden, s. 267 ff.
§ 84. Durch ausgleichung kann der w-umlaut beseitigt werden, resp. wo er nicht lautgesetzlich motiviert ist, eindringen (vgl. § 81), z. b. Ǫlvalde ein mannsname : alvaldr (nach anderen mit al- zusammengesetzten wörtern) herrscher, Rǫgnvaldr : Ragnvaldr (nach Ragn-arr, -hildr u. a.), Nǫrue : Narfe (Nare, nach *narum, -u zu nǫrr, s. § 82, 6) mannsnamen, nǫkkuarr, nøkkuar : nakkuar (nach nakkor, nekkor u. a.), horvetna : huarvetna (nach huar), acc. ønguan : enguan (nach engom, -o) keinen, gørua : gerua (nach prät. gerþa, seinerseits statt gørþa nach dem inf. *gerwa vor dem eintritt des w-umlautes neugebildet), tysuar : tuisuar (nach dem präfix tuí), Ynguarr : Inguarr (nach Ingolfr, -unnr u. a.) ein mannsname, Sǫlveig : Salveig (nach Salbiorg, -gerþr u. a.) ein frauenname, Løykvin : Leikvin, anorw. Børgvin (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 73 und 94) : Bergvin ortsnamen (nach berg gebirge) u. a. m. (s. § 82 passim).
Anm. Es gibt auch fälle, wo eine umlautlose form in ein paradigma hineingekommen ist, das lautgesetzlich keine einzige unumgelautete form aufzuweisen hätte. Hier ist also die analogie anderer paradigmen massgebend gewesen, z. b. gata statt *gǫtua (got. gatwō) gasse zu pl. aisl. gǫtor, aostnorw, gatur, nach dem verhältnis von saga aussage zu pl. sǫgor, sagur u. dgl.; ebenso suala statt *solua (s. § 82, 8) schwalbe zu pl. suǫlor, sualur; ebenso bei “brechung”, z. b. tiara teer, statt *tiorua (vgl. § 82, 7; finn. terva) zu obl. tioro, aostnorw. tiaru, nach stiarna gestirn zu pl. stiornor, , stiarnur; fiara strandwasser statt *fiorua (lapp. fjervva) zu obl. fioro, fiaru.
§ 85. Ein regressiver umlaut ist der vorzugsweise anorw., besonders nach 1300 häufige — aber doch sporadische — übergang i (das in allen wörtern noch der häufigere laut ist) > y vor tautosyllabischem f, p, m, l, r mit folgendem konsonanten, z. b. guðsyfiar (s. Hertzberg) paten, øllyfti (s. § 77, 7) elfte; klyppa scheeren, sypta (suipta) reissen; pl. ymbrudagar jejunia quator temporum, Grymkell ein mannsname, frǽndsymi verwandtschaft, gymstæinn (Elis saga) edelstein; sylfr silber, Þorgyls ein mannsname, ylmr duft, ylma duften; fyrra entfernen, byrta kundmachen, dyrfask dreist sein, vyrða ehren, herbyrgi herberge, hyrða schützen, hyrðir hirt, hyrta züchtigen, Byrgir und Byrgitta personennamen. S. z. b. Hægstad, G. Tr. s. 54, Kong. s. 11, 18, 32, Vestno. maalf. I, 20 und II, 1, s. 44, F. Jónsson, Fagrskinna, s. XXIV f.
Anm. 1. Vor heterosyllabischem f (ƀ) ist der übergang nur durch yfa (Wadstein, F. Hom., s. 79, Þorkelsson, Supplement IV, 183) bezweifeln, vor n nur durch fynna (Cod. Tunsb., s. § 15, 30) finden belegt. Ganz unklar bleiben hyte hitze und hytta finden statt gew. hite, hitta (s. Þorkelsson a. o., s. 73).
Anm. 2. Dialektisch scheinen e und æ vor f (ƀ), l, r zu ø zu werden, z. b. gøfet gegeben, røfr, Røfr fuchs, resp. mannsnamen, øfter (vgl. § 172 anm. 2) nach, Løftravágr (statt Læiftra-, vgl. § 128) ein ortsname (s. Bugge, Ant. tidskr. f. Sv. X, 224); heimøle wohnsitz; kørtisuæinn kerzenträger. Ebenso é und ǽ zu ǿ vor m, resp. f (ƀ), z. b. Klǿmætson (zu lat. Clēmens) ein mannsname, ǿfenlegr ewig; vgl. noch mnorw. Frǿum st. Fǿrøyium. S. Hægstad, G. Tr. s. 69, Vestno. maalf. II, 1, s. 44, Arkiv XXVI, 221; Rygh, Gamle personnavne, s. 200; Lind, No.-isl. dopnamn, s. 693 f., 852 (vgl. noch N. G. L. III, 119).
Anm. 3. Ob derselbe übergang vor l stattfindet, bleibt sehr unsicher. Beisp. wären etwa (s. Bugge, Helge-digtene, s. 326) hølzti (aber daneben hǫlzti) statt hælzti allzu, Hølge (und Hǫlge; vgl. aber oben § 77, 7, wo auch über øllyfti und Høllu).
§ 86. Ein progressiver umlaut ist der speziell misl. übergang á (jetzt wie ǫ́ auszusprechen, s. § 106) > ó unmittelbar nach tautosyllabischem v (und w?, vgl. § 250), z. b. vóði (älter váþe) gefahr, svó (suá) so, hvórki (huárke) weder. Der übergang tritt nicht vor 1350 ein (s. Gislason, Aarbøger 1889, s. 360, 363).
Anm. 1. Unklar ist der misl. sporadische übergang ue > uo (obwol die schrift das e gewöhnlich behält) in den wörtern huorn jeden, huossu wie, huort wohin, huorfa weggehen (alle schon ende des 14. jahrhs., s. Boer, Ǫrvar-Odds saga, s. III, Leiden 1888) kuold (gegen 1500 belegt) abend. Vgl. nisl. hvolfa (hvölfa) wölben, hvolpur junger hund und hvör (hvur) jeder, hvönær wann, kvöld abend, kvörn mühle, tvöfalda verdoppeln u. a. gegen hvessa, kveða, sverfa u. s. w (s. B. M. Ólsen, Germania XXVII, 266 f.; Kahle, Gött. gel. anz. 1895, s. 909 ff.).
Anm. 2. Verwandt sind die übergänge wǫ > (w)o § 77, 10 und § 82, 8, wǫ́ > (w)ó § 77, 11, i > y § 77, 5, b, und die § 80, 3 erwähnten aostnorw. erscheinungen.
§ 87. Unter brechung verstehen wir hier die entstehung eines parasitischen vokals nach einem andern vokal durch den einfluss eines in der nächsten silbe folgenden sonantischen vokals. Brechung — eigentlich nur ein spezialfall von umlaut — tritt im aisl.-anorw. nur bei e ein, welcher vokal (mit den unten § 90, § 94, § 95, 3, b erwähnten ausnahmen) gebrochen wurde so oft in der nächsten silbe ein — in literarischer zeit oft infolge der synkope (§ 153ff.) geschwundenes — a oder u folgte. Je nach der verschiedenen qualität des wirkenden vokals haben wir zu unterscheiden zwischen der durch a hervorgerufenen a-brechung und der durch u bewirkten u-brechung. Vgl. auch § 96.
Anm. 1. Wo früher eine w-brechung angenommen worden ist, liegt vielmehr eine u-brechung vor, indem w, vor dem eintritt der brechung, zu u sonantisiert worden ist; vgl. § 77, 9.
Anm. 2. Auch ein nach § 128 und § 117 aus æi entstandenes e wird gebrochen, z. b. anorw. hiælgi (nach obl. hiælga aus *hialga § 70, 1 < helga; s. Undset, Indskrifter fra middelalderen, Chra. 1888, s. 13) der heilige sowie oft Hiælgi als mannsname; s. Noreen, Arkiv I, 170 f., und vgl. Kock, Umlaut und Brechung, s. 263.
§ 88. Durch die a-brechung wird aus e zunächst der fallende diphthong *ea, woraus dann steigendes ia (vgl. § 133, a), z. b. biarga bergen, hiarta herz, stiarna stern, gialda vergelten, Hialdr (urn. helðaʀ Tjurkö) ein mannsname = hialdr kampf, sialdan selten, iafn eben, siatna zusammensinken, iata krippe, iara streit, giafare geber, iaþarr rand, iaxl backzahn u. a.
Anm. Ueber a(ost)norw. iæ aus ia s. § 70, 1.
§ 89. Durch die u-brechung wird aus e zunächst *ea, dann ia (das aonorw. vor erhaltenem u bleibt, ausser unmittelbar vor g, k) und noch später iǫ (in der ältesten literatur gewöhnlich geschrieben und vielleicht auch gesprochen io, s. Kock, Umlaut und Brechung, s. 281 und die daselbst zitierte literatur, Arkiv XXII, 347 mit note; Jones, The phonology of the Elis saga, s. 5), z. b. iorþ erde, hiorþ herde, í fiorþ (gr. πέρυσι) im vorigen jahre, hiortr (ags. heorot) hirsch, hiorr (got. haírus) schwert, fior (vgl. got. faírƕus leben), miolk (got. miluks) milch, fiol- (got. filu) viel-, ioforr (aonorw. iafur) eber, fürst, fiotorr (aonorw. fiatur) fessel, iotonn (aonorw. iatun) riese, Iokoll (aonorw. Iakul), Iorundr (aonorw. Iarundr) mannsnamen, miok (gr. μέγα) sehr; s. Hultman, Hälsingelagen I, 344 und die dort zitierte literatur. Bei dehnung (nach § 124, 3 oder sonst) wird dies iǫ (io) zu ió (nicht iǫ́), z. b. hiólp hilfe, miólk milch, dat. siólfom selbst, fiórom (*fioðrom § 292) vier.
Anm. 1. In einigen fällen findet man anorw. iu neben io, z. b. fiugur vier (ntr.), fiugrtán vierzehn, tiugu (s. § 449 anm. ), þiukkr dick, Þiustulfr (s. § 95, 1). Wahrscheinlich steht (wie im aschw.) iu ursprünglich nur vor erhaltenem u oder w, also þiokkr (*þekwuʀ), aber dat. þiukkum; doch kommt im mnorw. selten als mannsname Biurn statt Biorn vor.
Anm. 2. Ueber a(ost)norw. fialde menge neben gew. fiolde aisl. fiolþe s. teils Hultman, Hälsingelagen, s. 346, teils Noreen, Arkiv I, 166.
Anm. 3. Wol nur dialektal ist die anorw. brechung eines i zu iu (selt. io) unmittelbar vor gw, z. b. Siugurðr (aus -vǫrðr; einmal Siogvorðr), Siugvalde, Siugvatr (einmall Siog-) neben Sigurðr, -valde, -(h)uatr u. dgl. mannsnamen. S. Kock, Arkiv XXXII, 176 ff.
§ 90. Brechung findet nicht statt, wo ein v, w (kons. u), l oder r dem e unmittelbar vorhergeht, oder heterosyllabisches h (das früh mit ersatzdehnung schwand, s. § 230, 1) unmittelbar folgte, z. b. verþa werden, velta wälzen, vefa weben; huerfa sich wenden, suelta hungern; leþr (*leþra) leder, legr, lega grabplatz; reka treiben, røkkr (s. § 77, 3; vgl. dagegen þiokkr) finsternis; séa (siá) aus *sehan (statt *sehwan, got. saíƕan) nach den übrigen stammformen: *sah, *sāᵹum usw. sehen, fé (fǿ < fēu, got. faíhu, s. § 77, 4) vieh, geld. Vgl. noch § 94 und § 95, 3, b.
§ 91. Wo in einem paradigma oder in einer gruppe von verwandten wörtern gebrochene und ungebrochene formen wechseln sollten, ist oft ausgleichung eingetreten, so dass entweder der gebrochene vokal durchgeht, z. b. bialke balken nach obl. bialka, siafne liebe (vgl. sefe gemüt), dat. hialte nach nom. hialt schwertknopf; oder es ist der ungebrochene vokal verallgemeinert worden, z. b. þegn (aschw. þiægn) freier mann, setr (und seta f.) sitz nach dat. setre (vgl. auch setia seitzen, aus sætia), selr (aschw. siæl) seehund nach dat. *sele, melr sandbank, stertr (aschw. stiærter) sterz, snerta berühren nach präs. snertr, gnesta krachen, serþa unzucht treiben, bera bärin nach obl. bero (s. § 95, 3, b), obl. sétta (aschw. siātta aus *siāhta < *siahta) nach nom. sétte (*sehte) sechste; oder endlich sind doppelformen entstanden, z. b. biarg und berg gebirge, fiall und fell fels, berfiall bärenhaut: bókfell pergament, fialms- : felms-fullr erschrocken, guþspiall : -spell evangelium, kiaptr, kioptr und keptr kinnlade, spiall und spell schaden, spiald : speld tafel, siatna : setna zusammensinken, iata : eta (nach eta essen) krippe, anorw. Þiasmór : Þesmór (s. Hægstad, G. Tr. s. 61) ein ortsname, anorw. Biarne : Berne, Iarpr : Erpr, Hiælgi (s. § 87 anm. 2) : Hælgi mannsnamen u. a. m.
§ 92. Das den brechungsvokalen zugrunde liegende e kann in gewissen formen (zu ø) w-umgelautet worden sein (§ 82, 3), in anderen (zu i) i-umgelautet (s. § 63, 3), endlich in anderen zunächst in genannter weise i-, dann (zu y) w- umgelautet (s. § 82, 4). Durch ausgleichung entstehen dann doppelformen wie miorkue : mørke (myrkue) und smior : smør (§ 82, 3 und 77, 9); fiarre : firre fern, anorw. tiogo (nach nom. sg. *tiogr, schwed. tjog; 1 mal bei Sighuatr) oder tiugu (1 mal in Fagrskinna, F. Jónssons ausgabe s. 222, s. § 89 anm. 1) zwanzig : acc. pl. tigo (nach nom. tiger; tego nach § 95, 3, b) dekaden; fiorua : fyrua (s. § 82, 4) ebben, þiokkr (anorw. auch þiukkr) : þykkr und tiara : tyrue § 82, 4. Vgl. noch gegensätze wie giald : gilde bezahlung, hialpa helfen : hilper helfer, pl. hiaþningar gefolgschaft Heden's (ahd. Hetan) : anorw. Hiðen (s. § 63, 3) ein mannsname, kialta (kioltung) : kilting schoss, sniallr begabt : snille begabung; fior leben : firar (fyruar § 82, 4, anal. fioruar) männer, fiorþr (gen. fiarþar) : pl. firþer meerbusen; iolstr : ilstre salix pentandra, miok seh : mikell gross, Skiolf “hügel” als ortsname : skilfingr eine fürstenbenennung.
§ 93. Ebenso sind, wo a- und u- brechung wechselten, bisweilen ausgleichungen eingetreten, z. b. kiaptr : kioptr kinnlade, anorw. selt. tiarn ntr. : tiorn f. kleiner see. Fälle wie aonorw. dat. Ingibiargu : awnorw. -biorgu ein weibername, iarðu : iorðu erde, dat. pl. skialdum : skioldum erklären sich im allg. nach § 89, dagegen fälle wie gen. Ingibiorgar statt -biargar (Hægstad, G. Tr. s. 61), dat. anorw. fiatri (nach nom. fiatur, s. § 89) st. fiotri durch ausgleichung.
Anm. Der mannsname Iatmundr Edmund ist ags. lehnwort. Ueber iaþarr : ioþorr s. § 173, 5.
§ 94. In schwachtoniger silbe tritt keine brechung ein, z. b. meþal zwischen, meþan inzwischen, eþa (got. aíþþau) oder, ef wenn (vgl. aschw. iæf zweifel). Verschiedene betonung gibt anlass zu doppelformen wie anorw. (s. Wadstein, F. Hom., s. 67 note; Groth, Det AM. Haandsckrift 310 qvarto, s. XXIII; Falk und Torp, Dansk-norskens syntax, s. XII note; Kock, Arkiv XXX, 344 ff., XXXII, 185 f.) iak (urn. eka) : ek ich.
§ 95. Die brechung wurde wol am frühesten durch ein ganz unbetontes, erst später durch ein etwas stärker betontes a, resp. u bewirkt. Infolgedessen haben wir auch in betreff der brechung mehrere perioden — in hauptsächlicher übereinstimmung mit denjenigen der nahen verwandten umlaute (s. § 63, § 77) — zu unterscheiden (s. Söderberg in Öfversigt af filol. sällskapets i Lund förhandlingar 1881-88, s. 95 f.; Kock, Arkiv XVII, 161 ff.):
Anm. 1. Fälle mit ungebrochenem vokal wie metorþ würdigung, berfiall bärenhaut sind wol von meta würdigen, bera bärin u. a. beeinflusst.
Anm. 2. Anorw. gerna neben gew. giarna gern ist wol von dem mndd. gern beeinflusst.
Anm. 3. Unklar sind die überhaupt etymologisch etwas dunklen þegat (þagat) dorthin, þegar (anorw. auch þagar, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 21 und II, 2, ɪ, s. 37) sogleich, anorw. þeðan (aisl. þaþan) von dort.
Anm. 4. In gewissen anorw. gegenden steht brechung in kurzer silbe auch (wie im ostn.) vor (einst) nasaliertem a, z. b. giafa (Hægstad, Vestno. maalf. I, 67, giæfa Hægstad, G. Tr. s. 61) neben gefa geben, obl. stiaka stecken und die spottnamen Hiaka, Hiæsa (< *Hiasa s. § 71 anm. 1), wonach nom. stiaki u. s. w.
Anm. 5. Unsichere aisl. spuren dieser brechung sind iake, obl. -a eisblock, ráþgiafe, -a ratgeber u. a. auf -giafe, die vielleicht auch anders erklärt werden können (s. Kock, Arkiv XXXI, 334 ff.). Hiala reden, skiala schwatzen und stiaka einen stoss versetzen haben sich nach präs. hialar, prät. hialaþa u. s. w. gerichtet (s. a. o., s. 324 ff.).
§ 96. Eine verwandte, wenn auch weit spätere, erscheinung ist die seit dem anfang des 13. jahrhs. in gewissen anorw. hdschr. auftretende i-brechung bei e, æ, ǽ, welche zu ei, resp. æi und ǽi werden, wenn die folgende silbe ein (son. oder kons.) i enthält, z. b. dreipin getötet, veirit gewesen, hæifr hat, sæitia setzen, lǽigi lage, landamǽiri grenze usw. statt drepenn usw.; s. Dahlerup, Ágrip, s. XIV; Wadstein, F. Hom., s. 62; Hægstad, G. Tr., s. 70, Vestno maalf. II, 2, ɪ, s. 121.
§ 97. æi (urn. ai, s. § 54) wird — vom umlaut (§ 77, 15 und § 82, 13) abgesehen — auf dreifache weise behandelt:
Anm. 1. Dialektisch kommt dieselbe kontraktion auch in anderen stellungen vor: aisl. belege schon vor 1250, z. b. in Codd. AM. (645, 4º, ält. teil?) 655, 4º, fragm. II, IV, V und 677, 4º, ält. teil (s. L. Larsson, Arkiv V, 142 ff.); shetl. aus dem j. 1355 (Hægstad, Hild., s. 44); onorw. vor 1400 (Hægstad, Upphavet s. 7; Falk und Torp, Dansk-norskens syntax, s. XII note); orkn. aus 1426 (Hægstad, Hild., s. 44).
Anm. 2. Ueber die kürzungen von æi, ei zu æ, e s. § 128, zu i, e s. § 127 anm. 1.
§ 98. ǫu (urn. au s. § 55) wird — vom umlaut (s. § 63, 14, § 68, 8 und § 71, 8) abgesehen — auf zweifache weise behandelt:
Anm. Dialektisch kommt dieselbe kontraktion auch in anderen stellungen vor: aisl. schon vor 1250, z. b. in Cod. AM. 677, 4º, ält. teil; onorw. Rómaríki (1383) statt Roumaríki, Bókstaðer < Baugstaðer ortsnamen (s. L. Larsson, Arkiv V, 146 ff. : Hægstad, Upphavet s. 7). Selten steht (wie im ostn.) ǿ, z. b. bisweilen in Cod. AM. 645, 4º sowie mnorw. (drontheimisch, s. Hægstad, Kong., s. 22 und 32 f.) und im orknöischen (s. L. Larsson, Isländska handskriften Nr. 645, 4º, s. XLVIII und LIV; Hægstad, Hild. s. 43); in shetländischen urkunden ú (s. Wadstein, F. Hom., s. 67 note, Hægstad a. o.). Z. b. bóþ, resp. bǿð und búð statt bauþ bot.
§ 99. Das durch i-, j- oder ʀ- umlaut aus ǫu, ou entstandene øy (s. § 63, 14, § 68, 7, § 71, 8) ist demnach überwiegend anorw., das aus au entstandene ey (anorw. æy) vorzugsweise aisl. Im 13. jahrh. schwindet øy auch wo es durch u- oder w-umlaut aus ei entstanden ist, (s. § 77, 15 und § 79, 13) im aisl. ganz, wozu der im § 119 erwähnte übergang ø > e beigetragen haben mag.
Anm. Dialektisch kommt kontraktion zu ǿ vor, z. b. in Codd. AM. 645, 4º, ält. teil und 677, 4º, ält. teil, im orknöischen, im shetländischen und mnorw., bes. drontheimisch (s. L. Larsson und Hægstad, a. o.). Selten steht ý, z. b. in Codd. AM. 320 fol. und 625, 4º (s. Gislason, Om navnet Ýmir, s. 7 ff., Um frumparta, s. 196) z. b. hýra statt heyra (hæyra), høyra (hǿra) hören.
§ 100. Der schwebende diphthong iu (urn. eu > iu, s. § 56) wird — vom umlaut (§ 63, 13, § 68, 6 und § 71, 7) abgesehen — zu steigenden iú, z. b. nom. sg. f. liúf (urn. liuƀu) Opedal, (s. § 56), iúl (bes. anorw., s. Fritzner) aus urn. *(j)iulu (s. § 56) neben gew. iól nach § 101, 2, aus urn. *(j)iǫulu (s. § 56) mit iǫu nach*iǫul > ióla-aptann weihnachten, iúgr, iúr (s. § 292) euter.
§ 101. Der schwebende diphthong iǫu (urn. eu, s. § 56) wird zu den zwei steigenden diphthongen:
Anm. 1. Ausnahmsweise steht ió (vgl. 2 unten) vor f und p. So allgemein in þiófr (in mannsnamen auch seltener þiúfr, s. Bugge, Arkiv VI, 225) dieb, selten misl. stiópmoðir, -son (s. M. Ólsen, Vǫlsunga Saga, s. LXXXVIII) stiefmutter, -sohn, mnorw. riófa (Hægstad, Kong., s. 21) reissen.
Anm. 2. In anorw, dialekten kann iú (wie im aschw.) statt ió vorkommen, z. b. liús (s. Hertzberg s. 238) licht, orkn. biúrr (s. Hægstad, Hild. s. 42) bier.
Anm. 3. Vielleicht war in irgend einem anorw. dialekt der übergang in steigende diphthonge noch im anfang des 13. jahrhs. nicht durchgeführt, s. Wadstein, F. Hom. s. 123.
Anm. 4. Die fallenden brechungsdiphthonge ea, iǫ werden ebenfalls zu steigenden und zwar zu ia, io (iu), iá, ió (iú); s. § 88 und § 89 mit anm. 1.
Ueber die brechungsdiphthonge s. 87-96
§ 102. e (altes oder nach § 117 aus æ entstandenes) vor ng wird seit 1300 (zum teil schon früher, s. Kålund, Heiðarvíga saga, s. XX) im aisl. (selten im awestnorw., s. Hægstad, Gamalnorsk fragment, s. 11, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 121, 122) — doch nicht im westlichen teil der insel (mitteilung R. Arpi's) — zu ei z. b. geingu (sie) gingen, leingi lange.
Anm. Ueber e > ie nach k, g, h s. § 103; e > ei vor i s. § 96.
§ 103. é wird im aisl. (sporadisch auch im awestnorw., aber erst in mnorw. zeit, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 89) zu ié dialektisch schon um 1200, allgemein erst um 1300, z. b. hiér hier, iél schneeschauer, miér mir, liét liess statt hér usw. wiewol die schrift gewöhnlich das zeichen é behält; s. J. Þorkelsson, Breytingar, s. 34, Dahlerup, Aarbøger 1889, s. 248. Nach (den palatalen) k, g, h hat gleichzeitig kurzes (nach h aber nur geschlossenes, d. h. nicht aus æ nach § 117 entstandenes) e die analoge entwickelung zu ie durchgemacht, z. b. kietill kessel, giekk ging, hiekk hing, hielt hielt, hieðan von hier, hieri (vgl. § 71 anm. 1.) hase, Hieðinn ein mannsname statt ketell usw. Sehr auffallend tritt diphthong auch in hierað (anorw. im allg. hærað, also mit urspr. offenem aisl. e) bezirk auf. S. Sievers, Beitr. XVI, 242; Hoffory, K. Z. XXVII, 602.
Anm. Ueber ēw > ió s. § 106 anm. 1.
§ 104. y wird sporadisch im anorw. (bes. ostländisch) des 14. und 15. jahrhs. zu iu (selten io) vor r oder l (bes. kakuminalem) mit folgendem konsonanten, z. b. Giurð(e)r, Giorðr ein mannsname, hiurðir (< hyrðir aus hirðir nach § 85) hirt, kiorkia kirche, kiurr still, kiurtil rock, skiorta hemd statt Gyrðr usw.; kiulna darrofen, miulna mühle statt kylna, , mylna, der mannsname Giulfe st. Gylfe, siulfr (< sylfr < silfr) silber, skiuldr, skioldr (< skyldr < skildr) geschieden. Der übergang tritt auch in nebentonigen ableitungssilben ein, z. b. lykiul (< lykyl § 145 anm. 5 < lykill) schlüssel, mykiul gross, kætiul kessel, Ægiul, Æitiul, Vígiul, Þorgiuls u. a. mannsnamen. S. Noreen, Arkiv VI, 335; Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 45 f. und II, 2, ɪ, s. 97 f.
Anm. Aus dem Drontheimischen ist nur ein vereinzeltes tiusdagr statt tyrsdagr (s. § 272, 3) < týrsdagr (s. § 127, 5) dienstag zu belegen, s. Hægstad, G. Tr. s. 70; vgl. aber § 106 anm. 2.
§ 105. ǫ geht im aisl. in au über vor ng und nk, z. b. staung stange, nom. acc. ntr. pl. laung lang, haunk handhabe statt stǫng usw. Spuren hiervon zeigen sich um 1300.
Anm. Derselbe übergang zeigt sich weit früher sporadisch sowol aisl. als bes. anorw. (wie jetzt z. b. in nordwestnorw. dialekten, s. Hægstad, Vestno. maalf. I, 8) vor g, k und l + kons., z. b. mannsnamen wie Augmundr, -valdr, -urr, Haugne; Aukrene (s. A. B. Larsen, Maal og minne 1914, s. 166 f.) ein ortsname, haukstaldr (so immer; als mannsname haᵹusta[l]ðaʀ Kjølevig, haᵹustalðiʀ Valsfjorden, s. § 239, 1, b) häuptling, raukn (s. Gislason, Nogle bemærkninger om Skjaldedigtenes beskaffenhed, s. 27 f.; Wimmer, Læsebog⁵, s. XXI note; Bugge, Bidrag, s. 30) zugvieh; mannsnamen wie Aulvaldr, Aulvér (anorw. auch Øyluir nach § 65), Saulvér u. a., hauldr (so anorw. immer, aisl. hǫlþr) freier grundbesitzer u. a. m. (s. Hægstad, a. o. II, 2, ɪ, s. 78) neben gew. Ǫgmundr u. s. w. — Vgl. die im nordwestnorw. (wie allgem. im nisl.) angetroffenen spuren eines überganges ǫ́ (aus á nach § 107) > au, z. b. bauðom beiden, maugr verwandter durch heirat u. dgl. (s. Hægstad, a. o. II, 2, ɪ, s. 88) statt báðom u. s. w.
§ 106. ǣw, welche verbindung lautgestzlich nur antesonantisch steht, kann früh (aber erst nach der u-synkope) durch ausgleichung in den auslaut oder in antekonsonantische stellung geraten. Schon im 10. jahrh. kommen neubildungen wie frǣw (neben frǣ) same nach dat. frǣwi vor. Wenigstens um 1150 ist das so entstandene ǣw (über eo) zu ió geworden, das dann das ganze paradigma durchdringen kann, so dass frió (so bes. onorw.), dat. friófe neben frǽ (so bes. wnorw.), dat. frǽfe steht. Sonstige beispiele sind: friór, frǽr fruchtbar, miór, mǽr schmal, sliór, slǽr stumpf, siór, sǽr see, sniór, snǽr schnee, spió (*spǣw < *spæiw § 97, 3 neubildung statt *spøy, got. spaiw § 77, 15, zu *spīwa nach dem muster bæit : bīta) spie. S. v. Friesen, N. spr. I, 30 ff., II, 19 ff.
Anm. 1. Wahrscheinlich hat ein auf dieselbe weise entstandenes ēw in derselben stellung die gleiche entwickelung durchgemacht, z. b. anorw. nom. acc. pl. trió neben tré hölzer und knió neben kné kniee nach gen. *trewa, *knewa (got. triwē, kniwē); vgl. v. Friesen, N. spr. I, 48 f. Iór pferd braucht man nicht hierher zu ziehen, denn *ehwaʀ (got. aiƕa-) gibt *iahuʀ § 88, § 226 > *iāuʀ (vom ags. lehnwort Jaulf < *Iāuwulf vorausgesetzt, s. Björkman, Nordische personennamen, s. 71) § 123 > iór (wozu der mannsname Iólfr = ags. Jaulf) § 77, 2.
Anm. 2. Ein entsprechendes īw ist durch gen. *īws statt ýs zu ýr, dat. *īwi bogen bei Sighuatr belegt; s. V. Friesen, N. spr. I, 57 ff. Ein daraus entwickeltes iú könnte in dem § 104 anm. erwähnten anorw. tiúsdagr statt týsdagr vorliegen.
§ 107. á fällt allmählich im laute mit ǫ́ zusammen. Schon um 1250 ist diese entwickelung abgeschlossen, und seither wird von den beiden nunmehr gleichwertigen zeichen á und ǫ́ nur jenes — also mit der lautlichen geltung des ehemaligen ǫ́ — gebraucht, z. b. áto assen, sár wunden statt älteren ǫ́to, sǫ́r usw. Bisweilen steht umgekehrt ǫ́ oder ó (bei späterer kürzung o) statt á, z. b. No. Hom. vǫ́rr unser, mǫ́l sprache, kuǫ́ma ankunft statt várr, mál, kuáma (s. Wadstein, F. Hom., s. 76), anorw. Nikolos, Borðr u. dgl. (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 88), Ólofr ein mannsname; shetl. ó ‘auf’, Órnason ein mannsname st. á, Árnason, s. Hægstad, Hild. s. 34.
§ 108. e geht nach ausweis der assonanzen im anorw. schon vor 1000 (s. F. Jónsson, No.-isl. kultur- og sprogforhold, s. 237) in æ über zwischen v oder w (kons. u) und r, z. b. værk werk, værða werden, huærfa weggehen, suærð schwert; in gewissen dialekten in geschlossener silbe nach v oder w, weniger konsequent nach b, r, l, z. b. væl wol, væstr westen, vægr weg (aber pl. vegar, wonach analogisch sg. vegr), suæfn schlaf, kuæðr (zu kueða) sagt, bærg berg, bærr (zu bera) trägt, rægn regen, brægða schwingen, blæza segnen, klærkr clericus. Endlich in anderen dialekten tritt æ überall ausser nach g und k ein, z. b. næma nehmen, pl. vægar wege, bæra tragen (aber gefa geben, geta bekommen, kerte kerze). Vgl. Sievers, Tübinger bruchstücke, s. 9; Wadstein, F. Hom., s. 55 ff.; Brenner, Literaturblatt für germ. und rom. philol. 1885, sp. 52; Hægstad, G. Tr. s. 32 und 57; Kolsrud, Arkiv XXXIII, 290; (F. Jónsson) Konungs skuggsjá (1920), Indledning s. 12. Nach M. Kristensen, Arkiv XVII, 87 f. sollen die meisten fälle auf einer art von a-umlaut beruhen, was sehr unsicher bleibt.
Anm. 1. Weil dieser übergang in schwachtonigen silben unterbleibt, steht also in wörtern, die oft proklitisch oder enklitisch vorkommen, e neben æ, z. b. vera, seltener væra, sein.
Anm. 2. Ueber die weiterentwicklung zu a s. § 149 anm. 2.
§ 109. é wird im aisl. sporadisch zu ǽ vor tt, z. b. sǽtte (Rímb. und mehrmals St. Hom.) sechste, lǽttare (St. Hom.) leichter, bei skalden schon um 1000 lǽtta, rǽttar, später stǽttar (s. Gislason, Njála II, 602) statt sétte usw.; bes. oft nach v (vgl. Sievers, Beitr. XVI, 224), z. b. in vǽtt (zu vega heben) deckel, vǽttvangr (zu vega töten) kampfplatz. In vǽttr (got. waíhts) wicht ist ǽ häufiger als é, in vǽtt (zu vega wiegen) gewicht sogar alleinherrschend, was wol darauf beruht, dass nach v (und w) der übergang auch von einst folgendem h hervorgerufen wurde, z. b. allgemein suǽra (got. swaíhrō, s. Schulze, K. Z. XL, 401, und vgl. Hellquist, Studier till. E. Tegnér, s. 238 ff.) schwiegermutter, aisl. tuǽvetr (*twīh- vgl. § 111) zweijährig, misl. huǽl (gew. huél; ags. hweohl) rad, vǽla (*wīhl-, s. § 111; gew. véla) sich beschäftigen und vielleicht suǽnskr (*swih-, s. § 110 anm. 4.) schwedisch. Möglicherweise kommt derselbe übergang auch zwischen v und l vor, z. b. vǽla (gew. véla) überlisten und vǽl (gew. vél) kunstgriff, s. Kock, Arkiv XI, 140 f.
Anm. Kaum darf man (mit Kock, a. o.) denselben übergang zwischen v und r wegen des anorw. seit c. 1250, aisl. erst nach 1300 neben vér auftretenden vǽr (s. Gislason, Njála II, 602, Jones, The phon. of the Elis saga, s. 10 und Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 18 und II, 2, ɪ, s. 30) ‘wir’ annehmen, denn das anorw. kennt nicht nur vǽr, sondern auch hǽr hier, mǽr wir, þǽr ihr statt gew. hér u. s. w. und übrigens ǽ sporadisch st. é in allerlei stellungen, z. b. brǽf brief, fǽ vieh, hǽt hiess, lǽrept, -reft (z. b. Norges gamle love II, 346, III, 177, V, 35) leinwand, rǽtt recht, sǽ sei u. a. m. (s. Hægstad, a. o.)
§ 110. i wird vorliterarisch zu e (bei dehnung é) in folgenden fällen:
Anm. 1. Durch ausgleichung kann i wieder hergestellt werden, z. b. imperat. sprikk zu springa zerspringen, bitt zu binda binden. Statt gen. *økkuar (got. igqara) steht ykkar euer beiden nach dat. ykkr (got. igqis).
Anm. 2. Weil der übergang in schwachtoniger silbe unterbleibt (z. b. anorw. himiríki himmelreich aus himin-), steht in solchen wörtern, die gewöhnlich proklitisch sind, natürlich i (í), z. b. ntr. mitt, þitt, sitt zu minn mein, þinn dein, sinn sein; präp. í in, präfix si- (got. sin-) immer-.
Anm. 3. Dieser vorgang ist, wie øpedal meʀ ‘mir’ zeigt, schon urnordisch (vom agutn. abgesehen). Dass er dann nicht (wie Kock, Arkiv XV, 355 will) in nichthaupttoniger silbe stattfand, beweisen i-umgelautete formen wie brýtr brichst u. dgl., welche nur aus urn. *briutiʀ (nicht -eʀ) u. dgl. erklärt werden können.
Anm. 4. Der vorgang dürfte schon urn. sein nach ausweis von Jordanes Suehans (wo das e doch auch wol schon durch a-umlaut entstanden sein kann, wie übrigens auch in einigen von den oben angeführten beispielen), aschwe. Swēar, aisl. Suíar nach dat. Suíum und aschw. Swīar (s. Wigforss, Namn och bygd VI, 119 f., 124 f.). Dann wäre Tacitus suiones ungenaue schreibung statt Suihones (mit demselben kollektivsuffix wie got. brōþahans gebildet) wie auch der vielleicht dazu gehörige — aber jedenfalls verwandte — sg. ahd. gi-swīo ‘verwandter durch anheiratung’ statt -swiho (so Laistner, Germ. völkernamen, s. 39). Da -weh- nach § 109 zu -wæh- wird, so hiesse der gen. lautges. *suǽna (wie got. aúhsnē u. dgl. gebildet), was das auffällige ǽ im adj. suǽnskr (das doch wol auch die entlehnte aschw. form sein könnte) erklären würde. — Dasselbe *swih- ‘selbst, eigen’ (vgl. got. swi-kunþs selbstverständlich, ags. swi-tal selbstredend) finden wir wol im anorw. sué-, suí-dáe (auch suidda, suiddauðr mit aus hd assimiliertem dd) von selbst gestorben, aisl. sué-víss selbstklug, eigensinnig wieder.
Anm. 5. Dass ih > eh später als hs > ks (s. § 222, 2) stattfindet, zeigt víxl wechsel.
Anm. 6. Sporadische fälle von i > e in noch anderen stellungen finden sich im orkn. und shetl. des 14. und 15. jahrhs., z. b. grepin gegriffen, velia wollen, tel zu, s. Hægstad, Hild. s. 36; ausserdem überhaupt dann und wann im mnorw., s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 48 und II, 2, ɪ, s. 103.
§ 111. ī wird vorliterarisch zu é in folgenden fällen:
Anm. Dass der vorgang nicht (wie Kock, Arkiv XV, 343 f. will) in nicht-haupttoniger silbe stattfand, beweisen i-umgelautete formen wie frǿþe (got. frōdei, -eins, -ein) gelehrtheit u. dgl. welche nur aus älterem *frōðī(n), nicht -ē(n), erklärt werden können.
§ 112. u wird vorliterarisch zu o (bei dehnung ó) in folgenden fällen:
Anm. 1. Die scheinbare ausnahme húsl (got. hunsl) das heilige abendmahl ist aus ags. húsl entlehnt. Kan(n)úkr (neben kanóke) und múkr sind von den gelehrten nebenformen kanunkr canonocus und munkr (aus ags. munuc) mönch beeinflusst. Im anorw. kuppán < kumpánn kumpan bleibt u wegen schwachtonigkeit, denn das nicht, wie Kock, Arkiv XV, 333ff, will, nicht-haupttoniges u(n) zu ó wird, lehren auch u-umgelautete formen wie acc. pl. mǫgo (got. maguns) söhne u. dgl., welche nur aus altem *maᵹū, nicht -ō (das übrigens, weil nasaliert, später zu -a geworden wäre wie in þeima aus *þaimūh u. dgl.), erklärt werden können. Das vereinzelte fúss (so immer, aber 2 mal Ǫlfóss — s. Kock, Arkiv XV, 325 — ein mannsname, aschw. 1 mal fōs und öfter framfṓs vorwitzig) eifrig dürfte sein ū von *fūsiʀ vor dessen übergang in fýser gelüstet u. dgl. entlehnt haben.
Anm. 2. Auch vor erhaltenem n wird u (und ú) zu o (ó) in aostnorw. diall. (selt. im aisl.), z. b. Ásmondr u. dgl., Gonnor (Gunvǫr); Rónolfr personennamen, ortsname mnorw. Rōmæ zu rúm raum (s. Lindroth, De nord. ortnamnen på -rum, s. 105 und dort zitierte liteartur); dies schon im 12. jahrh., s. Bugge, Arkiv X, 258.
Anm. 3. -smátt neben -smótt (s. oben) beruht nach v. Friesen, N. spr. I, 69, auf gen. -smáttar, entstanden durch entgleisung nach dem typus nótt : náttar u. dgl.
Anm. 4. Urn ðohtriʀ Tune (aisl. dǿtr) töchter hat das o aus dem sg. *ðohtǣer entlehnt. Da dies o vielleicht durch a-umlaut entstanden ist, so ist der übergang uh > oh (und ūh > ōh, s. § 113) nicht für das urn. sicher erwiesen, um so weniger als die schreibungen muha Kragehul und hariuha brakteat von Sjælland (nr. 57) direkt dagegen zu sprechen scheinen. Dass uh > oh später als hs > ks (s. § 222, 2) stattfindet, zeigt uxe (got. aúhsa) ochs.
Anm. 5. Wahrscheinlich ist u schon urn. (vgl. § 110 anm. 3) vor ʀ zu o, woraus nach § 71, 3 ø und mit dehnung nach § 126, 1 ǿ, geworden (vgl. Behaghel, Germania XXXI, 381). Beisp. s. § 71, 3 und 4. Die präposition úr oder (nach § 71, 6) ýr ‘aus’ und die präfixe *tur- (später nach § 146, 3 tor- und nach § 71, 5 tyr-) schwer-, ur- (or- und nach § 71, 3 ør-) ohn- sind zur zeit des überganges schwachtonig uʀ, tuʀ- gewesen und daher dem übergange entzogen.
§ 113. ū wird vorliterarisch zu ó vor (später geschwundenem) h, z. b. ótta (got. ūhtwō) früheste morgenzeit, þótta (got. þūhta) dünkte, þró (ags. þrúh) trog, mór heideland (fi. muha sumpfmark, s. Karsten, Germ.-finn. Lehnwortstudien, s. 60 f.); mit i-umlaut ǿre (got. jūhiza) jünger, statt dessen man in analogie mit § 112, 2 *ýre erwarten sollte (adän. ȳræ kann vom sup. yngstær beeinflusst sein, wie noch gründlicher die neubildung aisl. yngre), ǿska jugend.
Anm. 1. Ueber das unklare anorw. almóge neben -múgi (aschw. mōghe, aisl. múge, ags. múᵹa, múha? schar) das ganze volk s. meine unsichere vermutung in Urg. lautl. s. 179 (wozu vgl. Hellquist, Arkiv XXXIV, 183 note 2).
Anm. 2. Ueber ú > ó in aostnorw. diall. s. § 113 anm. 2.
§ 114. Ein dialektischer übergang y > i, wenigstens wenn die folgende silbe i enthält, findet, bes. im südwnorw. (wie durchgehends im nisl. wenigstens um 1550, s. Jiriczek, Bósa Rímur, s. XXV) statt (vgl. § 147), z. b. brinia brünne (vgl. den häufigen anorw. mannsnamen Briniolfr), higgia verstand, minni (wol nach ósminni § 147) mündung, lif (wol nach pl. lifiar) arzneimittel, anorw. ifrinn überschüssig, reichlich, anorw. kindir zündet u. dgl. neben brynia usw.; s. Hægstad, G. Tr. s. 69 note, Vestno. maalf. II, 1, s. 47. Der vorgang scheint durch air. lipting (aisl. lypting) schon für das 11. jahrh. bezeugt zu sein (s. Marstrander, Bidrag s. 73). Wo ausnahmsweise ý zugrunde liegt, dürfte zunächst kürzung (nach § 127, 5 und § 151) zu y anzunehmen sein, z. b. prät. sindi zeigte, anorw. imiss wechselnd, híbili wohnsitz, selten (s. Hægstad, G. Tr. s. 69 note) bisna (nach präs. -ir) zu weit gehen neben sýndi, ýmiss (pl. ymsir § 127, 5), híbýle usw., aber so können wol nicht z. b. anorw. selt. híðing stäupung, lírit(t)r allgemeines recht, Hísingr ein mannsname statt gew. hýðing, lýréttr, -rit(t)r, Hýsingr erklärt werden, sondern dürfte hier ein dialektischer übergang ý > í (wie allgemein im nisl.) anzunehmen sein.
Anm. 1. Ueber das seltene anorw. bril(l)aup (s. z. b. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 32) neben bryllaup (vgl. § 51, 1, a) hochzeit s. ein erklärungsversuch bei Kock, Arkiv XII, 257. Ueber híbýli neben lautgesetzlichem hýbýli s. § 77, 6.
Anm. 2. Mnorw. kann y, besonders vor r und kakuminalem l, in ø übergehen (wie im aschw.), z. b. førre frühere, mølna mühle, øfer über u. dgl., s. Hægstad, Kong. s. 18, Vestno. maalf. II, 1, s. 48 und II, 2, ɪ, s. 104.
§ 115. ǫ wird verändert:
Anm. Im sonstigen anorw. (wie im ostn.) kommt dieser übergang nur vor r und kakuminalem l und nur in gewissen dialekten (aber schon bisweilen in den ältesten hdschr.) vor, z. b. ørn (No. Hom. 3 mal) adler, øl bier.
§ 116. ǫ́ wird zu ó, wo es nasaliert ist (s. § 50), z. b. spónn (*spānuʀ, gen. spánar, wonach nom. spánn) span, ón (und ván nach gen. vánar) hoffnung, Iorþón (-án) der fluss Jordan, ón (ahd. āno) neben schwachton. án ohne, hón und (schwachton.) hán (Reykj. Máld.; vgl. das agutn.) sie, hónom und hánom ihm, 1. pl. sóm zu sá sah, mónoþr (gen. mánaþr) monat, 3. pl. nómo zu nám (wozu neugebildet nǫ́mo, námo nach analogie von bar : bǫ́ro, báro u. a.) nahm, móto zu mat mass, nótt (gen. náttar) nacht, óst (gen. ástar; got. ansts) liebe, óss name der germ. rune *ansuz (identisch mit ǫ́ss, áss gott, älter óss, ge. ásar, wozu der ortsname aostnorw. und aisl. Ósló neben awestnorw. Asló, lat. Asloia mndd. Anslo), Óle (ahd. Anulo) neben Ále (ahd. Analo, ags. Onela), Óláfr, -lafr aus *Anulaiƀaʀ (air. lehnw. Amlaib, ags. Anláf), Ón(n) neben Ǫ́n(n), Án(n) mannsnamen, ól (anal. ǫ́l, ál nach gen. álar) riemen (gr. ἀγκύλη), óll (und áll; sanskr. ankurá-) keim, ró (anal. rá) zu pl. rár (anal. róar) winkel (vgl. rǫng spant), eld(s)-tó herd neben anal. tá hofplatz und schwachtonigem -ta in nnorw. elta herd und nschw. spilta verschlag (vgl. finn. lehnw. tanhua hürde und ags. tóh zäh), ?Óttarr neben mnorw. Attarr (vgl. ahd. āhta, ags. óht verfolgung; anders Marstrander, Bidrag, s. 82, 155, 156, und Björkman, Studien z. engl. Phil. LVIII, 85; vielleicht sind zwei namen zusammengefallen) ein mannsname; vielleicht auch hierher íþrótt (aschw., adän. īþrǣt; vgl. Noreen, Vårt språk III, 326 f.) talent und lómundr neben lǽmingr lemming. Nach ausweis der assonanzen (wie nótt : ótta) ist ó schon um 1050 statt ǫ́ eingetreten. Vgl. Wadstein, F. Hom., s. 64 ff.; Gislason, Njála II, 607 ff., 612 ff.; Kock, Arkiv V, 46 ff.; Falk, ib. VI, 114 ff.
Anm. Ueber mór, nó- s. § 77, 2; anorw. nokkorr s. § 82, 2.
§ 117. æ fällt im aisl. früh orthographisch und vielleicht auch lautlich mit e zusammen, z. b. selia (anorw. sælia) übergeben, erfa (anorw. ærfa) erben usw.; zwar unterscheidet der aisl. grammatiker um 1150 noch ę (d. h. æ) und e, aber schon die ältesten skaldengedichte lassen die beiden laute assonieren. Vgl. L. Larsson, Isl. Hdskr. Nr. 645, 4º, s. LII; Heusler, Aisl. Elementarbuch² § 57 anm. 1. — Dagegen im anorw. tritt der übergang æ > e im allgemeinen nur vor nn sowie vor n (und m?) mit folgendem heterosyllabischen konsonanten ein; dies schon im anfang des 13. jahrhs., z. b. kenna (got. kannjan) kennen, menn männer, dat. hende (aber pl. hændr) hand, lenge lange (aber længr länger); s. Wadstein, F. Hom. s. 50 f.; Sievers, Tübinger bruchstücke, s. 8; Hægstad, G. Tr. s. 68, 79 ff., 83. Im Cod. Holm. 34, 4 — steht e ganz regelmässig vor nn und m, n + kons. sowie in nefna nennen; aber ausserdem wird e wenigstens geschrieben vor i oder u der folgenden silbe, wiewol die vokalharmonie (i, u, nicht e, o, als endungsvokale) zeigt, dass das æ nicht zu gewöhnlichem e geworden ist; s. Kolsrud, Arkiv XXXIII, 287 f. Speculum reg. hat e nach g, k, s. Jónssons ausg., Indl. s. 12.
§ 118. ǽ geht im anorw. (selt. aisl.) dialektisch in é über, teils (z. b. in Cod. AM. 310, 4º, § 15, 13; s. Groth's ausgabe, s. XVI) nach g (nach k fehlen zufällig beispiele), z. b. ágétr berühmt, géfa glück; teils (s. Skulerud, Arkiv XXVIII, 259 und dort angeführte literatur sowie Kolsrud, Arkiv XXXIII, 290) vor und nach n, z. b. rénr raubt, nér (auch aisl., s. Larsson) nahe; vielleicht auch vor ʀ (z), z. b. sérr sät, Léradalr ein ortsname (s. M. Olsen, Stednavnestudier, s. 119 und dort angeführte literatur).
§ 119. Geschlossenes ø (nach § 63, 3, § 71, 3, § 77, 3 und § 82, 3 entstanden) wechselt, bes. in aisl. hdschr. (anorw. beisp. bei Hægstad, G. Tr. s. 69 und Vestno. maalf. I, 89) mit e, ohne dass man überall imstande ist zu entscheiden, ob ein lautlicher übergang ø > e vorliegt. In einzelnen fällen kann nämlich möglicherweise e der ältere, nicht durch u- oder w- umlaut veränderte, laut sein, z. b. smer (smør) butter, wie wol sicher der fall ist in eþle < æþli (ahd. edili) neben øþle (s. § 66 anm. 2.) begabung, wo übrigens das ø offen ist. Sonstige beispiele — welche keine regel durchblicken lassen (nach Kock, Arkiv IX, 150 note soll das e zum teil auf schwachtonige verwendung des betreffenden wortes oder der betr. silbe beruhen, was aber sehr unsicher ist) — sind u. a. präs. kemr kommt, sefr schläft, treþr tritt, prät. konj. þerþe wagte, part. prät. frerenn gefroren, pl. steþr stützen, sener söhne, komp. efre oberer, nerþre nördlicher, exn ochsen neben kømr, søfr usw.
§ 120. ǿ geht im aisl., schon etwas vor 1250, in ǽ über, z. b. dǽma richten, stǽrre grösser usw.; s. J. Þorkelsson, Breytingar á myndum etc., s. 30 f.; Kålund, Palæogr. Atlas (1905), s. VI f. — Ueber vorliterarisches ý aus ǿ vor j s. § 68, 3. Ueber etwas späteres ý aus ǿ vor gi, ki s. § 75.
Anm. Orkn. ist é statt ǿ aus dem j. 1369 belegt, z. b. béta büssen; s. Hægstad, Hild. s. 41.
§ 121. Spuren der dem neuostnorw. charakteristischen vokalharmonie, welche einen kurzen vokal in offener (selten in geschlossener) silbe demjenigen der folgenden silbe ganz gleich werden lässt, finden sich schon, wiewol anfangs selten, seit dem 13. jahrh. in onorw. denkmälern, z. b. á maðal statt á meðal zwischen, afan st. ofan von oben, gumul st. gǫmul alt, hufuð st. hǫfuð, kana st. kona weib, samar st. sumar sommer, skaða st. skoða schauen, Falke, Falkvarðr st. Folk-, Fanne st. Forne, Þarsten st. Þorstein und mit urspr. langem vokal Þaraldr st. Þóraldr u. a. (vgl. Lind, Arkiv XI, 271) mannsnamen, falage st. félage genosse u. dgl., s. Hægstad, G. Tr. s. 62 f., Vestno. maalf. II, 1, s. 43 und 50; A. B. Larsen, Forhandlinger i Videnskabsselsk. i Kristiana 1913, nr. 7, s. 29 f.
§ 122. Gedehnt wird jeder kurze vokal, der entweder ursprünglich oder durch schwund folgender laute (vgl. § 123) auslautend steht, z. b. sá (got. sa) der, þú (got. þu) du; á an, þá dann, í in, sá (got. saƕ) sah, prät. vá zu vega aufheben, brá zu bregþa schwingen, präs. má zu mega können, kné (*knewa) knie, tré baum.
Anm. 1. Wo im auslaute kein konsonant geschwunden ist, kann die länge des vokals möglicherweise schon urgermanisch sein.
Anm. 2. Auch in urspr. ‘halbstarker’ silbe (s. § 51 anm. 1) ist dehnung einst (wenigstens in offener silbe) eingetreten. In anorw. dialekten ist die länge noch in die literarische zeit hinein (ja noch in nnorw. diall.) erhalten, z. b. in No. Hom. verá sein, eró (vgl. das häufigere ró § 158 anm. 2) sind, acc. einsetó einsamkeit, etá (4 mal) essen, acc. etó krippe, getá bekommen (formen wie ifán, varán, eróm, tǫkúm, ávitásk, láter können von *ifá, *vará, eró, *taká, *vitá, laté u. dgl. beeinflusst sein; vgl. jedoch gleich unten); anders Wadstein, F. Hom., s. 122 ff. In anorw. hdschr. des 14. jahrhs. kommen oft schreibungen wie beraa tragen, hafaa haben u. dgl. vor (s. J. Storm, Englische philologie², s. 251), wo jedoch aa wol schon nach § 107 ǫ́ bezeichnet, wie o in mnorw. kono weib, meto messen, skoðo schauen und gleicherweise ofon von oben, somon zusammen, uton von aussen (s. A. B. Larsen oben § 121 a. o.). Sonst ist kürze eingetreten, weil die halbstärke zur schwachtonigkeit geworden ist.
§ 123. Sogenannte ersatzdehnung kommt im inlaut vor, wo unmittelbar nach dem vokal entweder ein vokal synkopiert wird odr ein konsonant schwindet ohne sich einem folgenden zu assimilieren (d. h. konsonantische ersatzdehnung), z. b. nár (*na-uʀ § 80, 2 < *nawiʀ) leichnam, fár (vgl. got. fawai) gering an zahl; ó, ǫ́ (*āu, s. § 77, 2; got. aƕa) fluss, fǿ, fé (fēu § 77, 4; got. faíhu) vieh, geld, tár zähre, Ále, Óle (ahd. Analo, resp. Anulo), Þórr der donnergott, gǫ́s gans, ǫ́st (got. ansts) liebe, áss (got. ans) balken, Áke (ahd. Enihho), nom. pl. huárer zu huaþar (gew. huárr nach dem pl.; got. ƕaþar) welcher von beiden, Górøþr statt Goþrøþr Gottfried, Frírekr Friedrich, nól nadel, mál (got. maþl) sprache u. a. m. (s. §§ 292 bis 299).
§ 124. Dehnung vor konsonantenverbindungen tritt in folgenden fällen ein:
Anm. 1. Die seltenen ausnahmen beruhen auf analogie, z. b. prät. halp, hulpom zu hiálpa (älter hialpa) helfen, sualg, sulgom zu suelga verschlingen, skalf, skulfom, part. prät. skolfenn zu skiálfa (skialfa) zittern nach barg, burgom, borgenn zu biarga bergen u. dgl. Ebenso pl. stolner nach sg. stolenn gestohlen u. dgl., s. Noreen a. o., s. 321; über prät. valþa zu velia wählen u. a. s. ib. note.
Anm. 2. In sáld sieb und skáld skalde ist die länge ursprünglich.
Anm. 3. Dialektisch wird in anorw. ein vokal vor rð, rt und rn gedehnt, z. b. bárn kind (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, 1, s. 79 ff.).
§ 125. Zu welcher zeit die in der jüngeren sprache fast überall durchgeführte dehnung jedes kurzen vokals vor kurzen konsonanten eingetreten ist, ist unsicher. Wahrscheinlich fand sie statt zu verschiedenen zeiten je nach verschiedenen orten, auf Island wol erst nach 1400, stellenweise doch vielleicht schon im 13. jahrh. In Norwegen ist sie westnorw. seit dem anfang des 14. jahrhs. belegt (s. Hægstad, Vestno. maalf. I, 145, II, 2, ɪ, s. 83 und II, 2, ɪɪ, s. 41), z. b. maat speise, laas las, eer ist.
Anm. Vgl. noch Bugge, Beretning om forhandlingaerne på det første nordiske filologmøde, s. 141, Wimmer, Læsebog⁴, s. XVI ff., Dahlerup, Ágrip, s. VII, Kock, Studier i fornsvensk ljudlära, s. 236 f. — Wegen mnorw. (südwestlich) okkaar, ódhaal u. dgl. vgl. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 84.
§ 126. Sonstige fälle:
Anm. 1. Fälle wie gler (s. § 71, 1) glas, frør (§ 71, 3) frost u. dgl. haben sich nach den zweisilbigen formen glere u. s. w. gerichtet; tyr- (§ 68, 5) ist erst nach der dehnungszeit starktonig geworden (vgl. § 72). Also ist die dehnung älter als der ʀ-umlaut.
Anm. 2. Die selt. prät.-formen séra, snǿra statt sera (got. saísō) säete, snøra wandte haben wol die länge aus dem inf. sá, snúa, resp. dem präs. und part. entlehnt.
Anm. 3. Ganz unklar sind die verhältnisse bei sehr vielen lehnwörtern, bes. eigennamen. Denn zwar ist die länge urspr. in z. b. Ádám (lat. Ādām), Dávíð (lat. Dāvīd), Jésús (lat. Jēsūs), Tómás (gr. Θωμᾶς) u. a., aber wie ist sie zu erklären in z. b. der ersten silbe von Árón (lat. Ărōn), oder der zweiten von Magnús (lat. Māgnŭs), der beiden von Pétrús (lat. Pĕtrŭs), Sátán (lat. Sătăn) u. s. w. ? S. das material bei F. Jónsson in Festskrift til V. Thomsen (1894), s. 204 ff. (wo s. 220 ein ungenügender erklärungsversuch), und L. Larsson, Arkiv IX, 118 ff.
§ 127. Vor tautosyllabischer oder durch synkope entstandener konsonantengruppe — doch nicht den in § 124, 2, 3 und 4 genannten verbindungen — oder geminata tritt kürzung eines langen vokals ein, aber zu sehr verschiedenen zeiten je nach verschiedenen stellungen. Jedoch ist dies verhältnis sehr oft nicht mehr aufrecht erhalten, so dass faktisch die lautgesetzliche kürze nur in verhältnismässig wenigen fällen auftritt. Dies beruht teils auf ausgleichungn nach verwandten formen, wo die länge nicht in der betreffenden stellung stand, teil wol auch darauf, dass in gewissen dialekten die kürzung vor gewissen verbindungen nie eingetreten ist. Jedenfalls ist das lautgesetz durch die isolierten formen als solches gesichert. Von beispielen (vgl. anm. 3) mögen hier angeführt werden:
Anm. 1. Das nach § 97 anm. 1 aus æi, ei dialektisch entstandene é wird zu i verkürzt, z. b. huimleiþr (aschw. hwēmlēþer) jedem verhasst zu hueim jedem, Indriþe neben Eindriþe ein mannsname, anorw. inginn (schon Hoprekstad 2. hand acc. ingan; spätere beisp. s. Hægstad, Upphavet, s. 8) neben æinginn kein; dazu ntr. ikki (s. Hægstad, G. Tr. s. 91) neben ækki nicht(s); mnorw. Girmundr < Geirmundr ein mannsname.
Anm. 2. Vettr wicht kann ebensowol aus véttr gekürzt sein; s. § 109 und § 110, 3.
Anm. 3. Beisp. überhaupt bei Gislason, Aarbøger 1866, s. 242 ff., Annaler 1858, s. 89, Om helrim, s. 49 f., Njála II, 953; Mogk, Anz. f. d. A. X, 62 f.; Wimmer, Læsebog⁴, s. XIII ff.; Hægstad, G. Tr. s. 73, Vestno. maalf. I, 10 und II, 2, ɪ, s. 31.
§ 128. In ganz denselben stellungen wird der diphthong æi (aisl. ei) zu æ (aisl. e) verkürzt, z. b. ekke (etke) ‘nichts’ aus *æitt-gi, nekkuerr, -arr irgend ein aus *ne-wæit-ek-hwærr, -hwarr, helge (vgl. air. Lehnwort Elgi als mannsname im j. 922, s. Marstrander, Bidrag, s. 63) der heilige zu heilagr (anal. anorw. hælagr) heilig, superl. mestr zu meire grösser, flestr zu fleire mehrere, gedda (zu fi. kaita, ags. ᵹád spitze, s. Lidén, Finn.-ugr. forschungen XI, 137), flesk schweinefleisch, eldr (aschw. ēleþr, ēlder, ags. ǽled) feuer, edda grossmutter zu eiþa (vgl. got. aiþei) mutter, pl. heþner (s. Kålund, Heiðarvíga saga, s. XXIII) zu heiþenn heidnisch, ve(i)tka ich weiss nicht, gen. pl. þe(i)rra ihr, kle(i)ss lispelnd, E(i)ndriþe (*Ainiða-rāðiē, s. § 151, 6; vgl. adän. runisch ainraþi neben aschw. ēnda, adän. run. ēniþ einzig, s. Noreen, Arkiv VI, 380) ein mannsname, ve(i)zla bewirtung, e(i)nn ein, e(i)nge kein, aisl. endeme (eindǿme) etwas ausserordentliches, pl. e(i)gner zu eigenn (anal. anorw. æginn) eigen, sue(i)nn bursche, ekkia (aschw. ænkia; zu einka einzeln, vgl. got. ainakls vereinzelt) wittwe, Sue(i)gþer (zu sueigia, s. Noreen, Uppsalastudier s. 200, 203) ein mythischer name, hegre (no. dial. auch heigre; ahd. heigaro, fi. heikara) reiher, anorw. sérlæstis (zu læistr fuss, s. An. gr. II, § 80 anm. 6) besonders, Ge(i)rmundr (shetl. Gærmundr), Sve(i)nke mannsnamen u. a. m.
Anm. 1. S. u. a. Wadstein, F. Hom. s. 58; F. Jónsson in mindre afhandlinger udg. af det phil.-hist. samfund, Kph. 1887, s. 224; Boer, Ǫrvar-Odds saga, Leiden 1888, s. III; Larsson, pass.; Brate, Ant. tidskr. f. Sv. X, 17 note; Hægstad, G. Tr. s. 73, Hild. s. 44.
Anm. 2. Selten und zum teil unsicher sind spuren einer dergleichen kürzung von ǫu (ou) zu ǫ (o) und von øy (æy) zu ø (æ), s. Wadstein, F. Hom., s. 76 und Hægstad, G. Tr. s. 73 f., Vestno. maalf. I, 68, 89. Beisp. wären etwa teils aisl. Ǫr-, Aurvandell (ags. éarendel morgenstern), Ǫþr, Auþr personennamen; anorw. Oðbiorn, -finnr, -gæir st. Auð- mannsnamen, Sorshaugr (zu saurr schmutz) ein ortsname, sǫrgask (saurgask) sich schmutzen, gen. pl. ǫgna (augna) augen; teils das häufig sowol aisl. als anorw. vorkommende brott neben braut weg, hin (vgl. § 152, 2); teil anorw. køpte (køypte) kaufte, sømdr (søymdr) genäht, Æstein (Æisteinn, Øysteinn) ein mannsname, Vgl. jedoch § 98 anm. und § 99 anm.
§ 129. Ein langer vokal scheint unmittelbar vor einem andern verkürzt worden zu sein, wenigstens fakultativ bis um 1400 (später steht wieder ausschliesslich länge), z. b. bua (búa) wohnen, gloa (glóa) glühen, buenn (búenn) fertig, aber pl. búner, daenn tot, pl. dáner. In St. Hom. wären wenigstens í und ú, nicht aber, scheint es ó (und á?) verkürzt worden (s. Kock, Arkiv XIII, 175 ff.). Aber diese kürzung ist bestritten worden (s. Beckmann, Arkiv XV, 86 ff., Pipping, Bidrag till eddametriken, s. 1) und ihre annahme vielleicht überflüssig (s. § 49).
Anm. 1. Vgl. noch Bugge, Beretning om … det første nordiske filologmøde, s. 142 f., Beitr. XV, 391 ff.; Sievers, Beitr. V, 462, 468, XV, 401 ff.; Þorkelsson, Beyging, s. 59; Gislason, Njála II, 945 (vgl. dagegen Hoffory, Gött. gel. anz. 1888, s. 155 f.; Wadstein, Arkiv VIII, 87).
Anm. 2. Eine derartige kürzung darf man als zwischenstufe in den übergängen é, í, ý, ǽ > kons. i (§ 133, a und b, 2) und ó, ú > kons. u (§ 134, b) voraussetzen.
Ueber kürzung des ersten vokals s. § 129, hiatusfüllendes kons. i s. § 312.
§ 130. Wo zwei gleiche sonanten — e, é sind hierbei mit i, í sowie o, ó mit u, ú gleichwertig — zusammentreffen, werden sie zu einem langen von der qualität des stärker betonten kontrahiert. Hier wie in allen im folgenden behandelten kontraktionsfällen setzen die ältesten skaldengedichte (bis gegen 1200) sowie die allermeisten Eddalieder noch fast durchgängig unkontrahierte formen voraus (s. Sievers, Beitr. V, 515, Gislason, Njála II, 260 ff., Udvalg af oldnordiske skjaldekvad, s. X, XIV f., Þorkelsson, Supplement IV, 27 f., 29 f., Sijmons, Die lieder der Edda I, CLXXIII, F. Jónsson, No.-isl. kultur- og sprogforhold, s. 257 ff. und bes. Bugge, Beitr. XV, 394 f.). Z. b. fá (got. fāhan) bekommen, acc. sg. m. blán (älter bláan) zu blár blau, der Odinsname Há(a)rr (s. § 54, 1); lé(e) sichel, 3. sg. präs. konj. sé(e) sehe, dat. sg. kné(e) knie, pl. fríendr > frǽndr verwandte, frelsa (auch frialsa nach frials, s. § 133, a) < *fré(h)elsa < *frīhalsian (s. § 111, 2) frei machen; dat. pl. skó(o)m schuhen, bónde (*bóunde — vgl. Aschw. runisch bounta An. gr. II, § 440 — neben búande) bauer, Hró(o)lfr (s. § 228) Rudolf, Ió(o)lfr u. a. dgl. sowie Sǫkkólfr aus *Sǫkko-olfr mannsnamen; dat. pl. húsfrú(o)m hausfrauen, gen. sg. trú(o) glaubens. Später treten durch analogie hiatusformen wie bláan (zu blár nach trúan zu trúr) u. dgl. wieder auf.
Anm. Wo der eine komponent ein diphthong ist, bleibt dieser als kontraktionspunkt, z. b. veill < *ve(h)æill krank. Anorw. Sǽ[h]æimr ein ortsname ist jedoch auf mehrfache weise behandelt worden: wnorw. Seimr, onorw. Séæimr, Síæimr, Siæimr (einsilbig), gew. Sǽmr, Sémr; s. O. Rygh, Oplysninger til Trondhjemske gaardnavne II, 228 f., Hægstad, G. Tr. s. 71.
§ 131. á + e, i bleibt unverändert, z. b. dáenn todt, páe pfau, nom. pl. m. fáer wenige.
§ 132. á (ǫ́) + o, u gibt ǫ́, z. b. dat. sg. ntr. blǫ́; (bláo) zu blár blau, dat. pl. ǫ́m (áom), óm (s. § 116) zu nom. pl. ár (áar) flüsse, 3. pl. prät. sǫ́ (sáo) sahen, mannsnamen wie Bǫ́rþr, Ǫ́lfr, Ǫ́n(n) u. a. (s. § 228), ól (ál s. § 116) riemen, óll (áll s. ib.) keim. Später wurde das zeichen ǫ́, wie gewöhnlich (§ 107), von á verdrängt, also ám u. dgl. Noch jünger sind analogiebildungen wie áum nach anderen dat. pl. auf -um u. s. w.
Anm. Die verbindung awu ( aus aƀu s. § 235, 2 oder arƀu, arwu s. § 234) gibt den diphthong au, z. b. haukr habicht, haustr herbst u. a. (s. a. o.).
§ 133. e, é, i, í, ý, ǽ, ǿ + a, á, o, ó, u, ú werden in mehrfacher weise behandelt:
Anm. Die verbindung ewu (aus eƀu s. § 235, 2) gibt zunächst den triphthong iǫu, welcher nach § 101 teils als ió teils als iú auftritt, z. b. biórr biber, Giúke ein mannsname; vgl. aber siunde, sionde (s. oben) mit iu, io, wol weil zwei konsonanten folgen.
§ 134. o, ó, u, ú + a, á, e, é, i, í werden in zweifacher weise behandelt:
§ 135. Bei ý, ǽ, ǿ + e, i schwanken schon die ältesten hdschr., so dass bald hiatus, bald kontraktion in resp. ý, ǽ, ǿ stattfindet, z. b. mý(e)ll ball, nýe der neue, dat. sg. blý(e) blei, Brýn (Brúvin, s. Rygh, Oplysninger II, 242 f.) ein ortsname; dat. sg. hrǽ(e) kadaver, frǽ(e) samen, konj. sǽ(e) sähe, sǽ(i)ng bett, nǽstr (urn. *nāhistaʀ) nächst, blǽingr, hǽll, þrǽll u. a. (s. § 62 anm. 1), Hǽn (Hávin) ein ortsname; konj. dǿ(e) stärbe, Hǿ(i)ngr, Klǿ(i)ngr (s. Gislason, Njála II, 258 f.) mannsnamen, Mǿn (Móvin) ein ortsname.
Anm. Anorw. sind sowol øy + æi als øy + ui zu øy geworden im ortsnamen Frøymr (*Frøyhæimr, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 102), resp. Øyndr (runisch Æyintr u. dgl.) neben Øyvindr ein mannsname.
§ 136. a ist wahrscheinlich (wie im ags.) wenigstens schon um 500 in einer (später synkopierten) mittelsilbe zu i übergegeangen, wenn die vorhergehende wurzelsilbe ein son. oder kons. i enthielt, sowie unmittelbar nach ᵹ und k, z. b. urn. acc. sg. m. minino Kjølvig (got. meinana; vgl. as. ēnna, ags. ǽnne < *aininō got. ainana) meinen, anorw. dat. sg. mørne (< *morᵹinē, vgl. ahd., as. morgan) morgen. S. Walde, Die germ. Auslautgesetze, s. 93 f., Wessén, Språkvetenskapliga sällskapets förhandlingar 1916-18, s. 27; vgl. § 162, 2.
§ 137. o und ō (später gekürzt) haben, wenn auch zu sehr verschiedenen zeiten (s. anm. 2), ganz dieselbe entwickelung durchgemacht und treten, wo sie nicht später geschwunden sind, in historischer zeit in zweifacher gestalt auf:
Anm. 1. Sicherlich ist dieselbe entwickelung nicht auch vor (nz >) nn eingetreten, wie Kock, Beitr. XXIII, 523 note will (anders, aber ebenso unannehmbar Bugge, No. I, s. 180). Beisp. wären gen. sg. wie tungo (got. tuggōns, vgl. urn. dat. iᵹijōn Stenstad?) zunge u. dgl. Aber wahrscheinlich liegt hier urgerm. -ūnz (ahd. -ūn, as. -un) vor, dessen u-qualität wol aus dem acc. stammt, s. Paul, Beittr. VI, 223; Möller, ib. VII, 543 f.; Streitberg, ib. XIV, 220; v. Helten, ib. XV, 463; Jellinek, Beitr. zur erklärung der germ. flexion, s. 86 f.; Loewe, Germ. Sprachwissenschaft², s. 88 ff.; Noreen, Geschichte³ § 196, 2 und 3.
Anm. 2. Der übergang ō > a tritt am frühesten in unbetonter silbe ein, z. b. þaʀ Einang; dann in nicht nasalierter nebentoniger silbe, z. b. runᴀʀ Istaby (runoʀ Järsberg, Tjurkö); am spätesten in nasalierter nebentoniger silbe (s. Walde, Die germ. Auslautgesetze, s. 101), z. b. aisl. gen. pl. rúna (noch urn. runo Björketorp, vgl. acc. pl. runo < *-ōnz Einang und noch St. Noleby, s. Walde a. o. s. 51 ff., sowie raᵹinaku[n]ðo St. Noleby). — Dagegen tritt urgerm. o schon in den allerältesten urn. inschriften als a auf, z. b. in den zahlreichen nom. und acc. sg. auf -aʀ, -a (gr. -ος, -ον, lat. -us, -um), wie -þewaʀ Torsbjærg, horna Gallehus, daᵹaʀ Einang, erilaʀ Kragehul.
Anm. 3. Nicht hierher (s. § 78) gehört der wechsel innerhalb eines paradigmas zwische a und durch u-umlaut entstandenem u (o), je nachdem die folgende silbe urspr. u enthielt oder nicht, z. b. þrifnoþr (got. -ōdus) das blühen, gen. þrifnaþar, gen. pl. -aþa, dat. pl. -oþom (aostnorw. -aðom); skipon (< *-anu, vgl. got. -ōns) anordnung, gen. -anar; kallapa ich rief, pl. kǫlloþom (aostnorw. kallaðom) u. s. w.; s. Kock, An. u-umlaut in ableitungs- und beugungsendungen (Lund 1918). Bisweilen ist ausgleichung dieses wechsels eingetreten, so dass doppelformen entstanden sind, wie bei den fem. auf -un (-on), -an, z. b. skipon, -an, gen. sg. skiponar, -anar, und den mask. auf -uþr (-oþr), -aþr, z. b. þrifnoþr, -aþr.
Anm. 4. Aus obigem geht hervor, dass man in fällen wie glíka (got. galeikō) gleich, 1. sg. prät. ind. sera (got. saísō) säete nasalierten auslaut, resp. analogiebildung nach wörtern mit nasaliertem auslaut (wie den schwachen prät.) voraussetzen muss; vgl. aber Walde, Die germ. Auslautgesetze, s. 108 mit note.
Anm. 5. Nom. acc. f. tuǽr (aus *twāʀ § 71, 2) zwei entspricht nicht dem got. twōs, sondern ist aus *twā (got. in twa þūsundja) mit anal. zugetretenem -ʀ entstanden; s. Geschichte³ § 215, 2 und Torp, Arkiv XIII, 340 note.
Anm. 6. Das späte misl. mánudagr (aber schon früh anorw. mánodagr) montag hat sich nach sunnudagr sonntag gerichtet (s. Bugge, Sproglig-historiske studier til. prof. C. R. Unger, s. 21 mit note), málu-, ráþu-, þingu-nautr u. a. -genosse wol nach fǫru-, legu-, mǫtu-nautr u. a., wo teils dat., teils gen. von fǫr, lega, mata u. s. w. vorliegen; vgl. etwas abweichend, Swenning, Arkiv XXIII, 1 ff.
§ 138. ǣ, welches in den urn. inschriften durch die a-rune wiedergegeben wird (s. Bugge, Arkiv VIII, 17 ff.; Walde, Die germ. Auslautgesetze, s. 62 ff., 102 ff.; anders Hirt, Arkiv XVIII, 373), geht in e und weiter in i (woraus später unter umständen wieder e, s. § 145) über, z. b. 3. sg. prät. ind. orte (urn. w[o]rta Etelhem, wurte Tjurkö, orte By — vgl. sᴀte Gummarp setzte — urti? Sölvesborg) machte, Víle (urn. wiwila Veblungsnæs; vgl. -ðᴀuðe tot Björketorp) ein mannsname, syster (urn. swestar Opedal) schwester, 2. sg. prät. ind. valþer (got. walidēs) wähltest.
Anm. Der übergang ǣ > e findet am frühesten in nicht nasalierter silbe statt (vgl. § 137 anm. 2), z. b. wurte Tjurkö c. 550, während noch um 625 wiwila mit nasaliertem -a Veblungsnæs vorkommt; erst gegen 100 jahre später in nasalierter silbe, z. b. -ðᴀuðe Björketorp (vgl. adän. run. kuþi Helnæs, Flemløse um 800, gleich aisl. goþe priester).
§ 139. ai ist schon in den ältesten urn. inschriften im allg. (s. die flexionslehre) durch kontraktion zu ē geworden, welches zum teil schon lange vor dem ende der urn. zeit (s. haiti-ka hier unten) als i (woraus später unter umständen e, s. § 145) auftritt, z. b. 3. sg. präs. konj. fare (got. farai) fahre, 2. sg. präs. ind. hefer (vgl. got. habais) hast, 2. sg. präs. imperat. life (got. libai) lebe, nom. pl. m. blinder (got. blindai, vgl. urn. sijosteʀ Tune) blinde, 1. sg. präs. ind. heite (urn. haite Kragehul c. 400, ha[i]te Lindholm c. 400 und noch c. 575, h[a]ite Järsberg, aber schon brakteat von Sjælland nr. 57 c. 475 haiti-ka) heisse, dat. sg. f. þeire (vgl. got. þizai) der, dat. sg. ulfe (vgl. urn. woðuriðe Tune, -kurne Tjurkö, waᵹe Opedal u. a.) wolf.
Eine ausnahme macht pænultima von nicht zusammengesetzten wörtern, wo nach kurzer wurzelsilbe ai vor kurzer unbetonter (und daher später synkopierten) ultima zunächst wol zu ā geworden ist (vgl. § 54, 3, b) und dann zu a verkürzt, z. b. vitaþr (*witāðaʀ, got. witaiþs) angewiesen, sagaþr gesagt, lifat gelebt; s. Neckel, ZfdA. XLIX, 315, Tijdschr. voor Nederl. Taal-en Letterkunde XL, 239, Kock, Sv. ljudhistoria IV, 168.
§ 140. au ist in entsprechender weise zu ō kontrahiert und dann weiter (nach § 137) zu a oder u entwickelt worden, z. b. átta (got. ahtau) acht, sonar (got. sunaus) sohnes, konj. präs. gefa (got. gibau) gebe, prät. gǽfa (got. gēbjau) gäbe; aber gefomk, gǽfomk werde, resp. würde gegeben.
§ 141. eu, iu sind (sehr spät) zu i (e, s. § 145) geworden, z. b. eyrer (wol aus lat. aureus entlehnt) eine art münze; dat. mege (urn. *maᵹiu, vgl. kunimu[n]ðiu Tjurkö) sohne, syne (ahd. suniu) sohne, nom. pl. syner (got. sunjus) söhne; vgl. Sievers, Beitr. V, 158 mit note 1.
§ 142. Svarabhakti (d. h. entwickelung eines vokals aus dem stimmton eines stimmhaften konsonanten) tritt sporadisch schon in alten urn. inschriften (c. 400-600) — später (c. 600-700) bes. in den aus dem südlichen Schweden stammenden — ein, indem konsonantengruppen, die r, l oder (seltener) n enthalten, ein parasitisches a zeigen, z. b. worahto (aisl. orta) Tune machte, waritu Järsberg (ich) schreibe, warᴀit (aisl. reit) Istaby (er) schrieb, ƀᴀriutiþ (got. briutiþ) Stentoften, ƀᴀrutʀ (aisl. brýtr) Björketorp bricht, uþᴀrᴀƀᴀsƀᴀ (aisl. úþarfasþǫ́) Björketorp unheilbringende prophezeiung; gen. sg. asuᵹisalas (aisl. Ásgísls) Kragehul, dat. sg. wita[n]ða-halaiƀan (vgl. got. hlaibs brot) Tune brotherrn, -wulafʀ, -wulafa, -wulafiʀ Istaby, -wolᴀfᴀ Gummarp, -wolafʀ Stentoften (aisl. -ulfr, -ulf, -olfr, -olf) wolf, fᴀlᴀhᴀk (aisl. falk) Björketorp ich verbarg; haraƀanaʀ (aisl. Hrafn) Järsberg u. a. Dies a ist aber später überall geschwunden.
§ 143. Kurzer, unnasalierter, auslautender vokal ist schon vor 500 apokopiert worden, z. b. 1. 3. sg. prät. ind. [ra]ist Vetteland c. 400 ritzte, -nam Reistad -nahm, was Tanum war, warᴀit Istaby schrieb (vgl. gr. ϝοῖδα, ϝοῖδε = aisl. veit weiss), m[i]k Etelhem c. 475 mich, (gr. ἐμέγε), ?2. sg. imperat. ƀirᵹ (< *berᵹi, s. § 63, 3) Opedal birg, bitt (urn. *ƀind, s. § 220) binde (vgl. gr. φέρε = aisl. ber trage) u. a.
Anm. Ueber sonstige synkope in urn. zeit s. § 153ff.
§ 144. a wird im onorw. — doch nicht im Drontheimischen — etwas vor 1300 (vielleicht am frühesten wo die vorhergehende silbe einen palatalen vokal oder palat. diphthong enthält, s. Hægstad, G. Tr. s. 93 note) zu æ nach langer wurzelsilbe, z. b. sendæ senden, høyræ hören usw. (gegenüber gera machen, vita wissen u. a.); s. Hægstad, Arkiv XV, 102 f., G. Tr. s. 77, 93.
Anm. 1. Anderer art — wol, wenn auch teilweise analogischer, ablaut wie in aisl. þess, þenna, þetta u. a. neben þat, þann u. s. w. — muss, wenn auch nur zum teil (denn in einem anorw. briefe vom j. 1303 wird zwischen schwachtonigem þæt und starktonigem þat geschieden, s. Hægstad, Vestno. maalf. I, 141), sein das schon im onorw. des 13. jahrhs. allgemein auftretende æ statt des in den ältesten hdschr. gew. (doch nicht in þegat dorthin, þegar sogleich, s. § 95 anm. 3) a in den pronominalen wörtern þæt das, þænn den, þær dort, þædan von dort, þængat, þænneg dorthin (s. Hægstad, G. Tr. s. 65 f., Hertzberg, pass., Þorkelsson, Supplement IV, 186 f.), dies um so mehr als entsprechende wnorw. formen mit e vorkommen wie þédan (so regelmässig in Cod. Rantzovianus des Gulathingsgesetzes; vgl. agutn. run. þiaþan), þengat, þennug.
Anm. 2. Im mnorw. wird, zum teil durch dänischen einfluss, dies æ oft durch e ersetzt, z. b. hre hören (sghe suchen) u. dgl.; s. A. B. Larsen, Arkiv XIII, 247.
§ 145. i (altes oder nach § 138, § 139, § 141, § 151, 2, 3, und 7, § 152, 1 neu entstandenes) geht in silben, welche nach der haupttonigen stehen, schon vorliterarisch in e über:
Anm. 1. Spuren einer derartigen vokalharmonie zeigen sich auch in einigen alten aisl. hdschr., in so fern das i statt e nach i (so z. b. in St. Hom. und Plácítúsdrápa) und y (z. b. in Plác.-dr.) beliebt ist.
Anm. 2. Wenn in gewissen, sowol aisl. (z. b. AM. 237, 4º und Eluc., s. Kock; Stud. öfver fsv. ljudlära, s. 228 f.) wie anorw. (z. b. No. Hom., s. Wadstein, F. Hom., s. 89) hdschr. und bes. in den alten skaldengeschichten (s. Sievers, Beitr. XII, 483; Jónsson bei Gislason, Udvalg af oldno. skjaldekvad, s. VI f.) das suffix -ing- regelmässig i zeigt, so beruht dies darauf, dass -ing- starktonig war (s. § 51, 2, b und 1, b), z. b. drotning (schwachton. -eng) königin. Bei schwankender betonung eines kompositums finden sich natürlich ebenfalls doppelformen, z. b. andlet (St. Hom.; vgl. andlete § 165 No. Hom., leg. Olafssaga) neben andlit (mit noch starktoniger ultima) antlitz, lérept, -ript leinwand.
Anm. 3. Anorw. (s. z. b. Hægstad, G. Tr., s. 79, Vestno. maalf. II, 1, s. 91 und II, 2, ɪ, s. 56; Wadstein, F. Hom., s. 53) mek mich, þek dich, sek sich, vet, met wir zwei neben (vorzugsweise aisl.) mik, þik, sik, vit, mit gehören wol auch hierher und zwar als in proklitischer und enklitischer stellung entstanden. Ueber mnorw. i > e vor ð (wie in den meisten nnorw. dialekten), z. b. með aus mit wir zwei s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 103.
Anm. 4. Unklar bleibt der umstand, dass im anorw. das suffix -lig- in vielen hdschr. regelmässig die form -leg- oder -læg- (vgl. § 108) hat ohne rücksicht auf den vorhergehenden vokal, z. b. nýlegr neulich, mildlegr mild, u. a. In Oratio steht immer -leg- vor vokal (jedoch ausnahmslos elligar ‘sonst’) aber -læg- oder -leg- vor kons. (s. Kock, Arkiv XII, 245 ff.).
Anm. 5. Statt i, e zeigt sich dann und wann y (vorzugsweise) wenn ein y vorgeht, z. b. aisl. systkyn (z. b. St. Hom. mehrmals) geschwister, anorw. þykkyr (z. b. oft in der Barlaamssage) es dünkt, mykyll gross, lykyll schlüssel.
Anm. 6. Im mnorw. des 15. jahrhs. wird auslautendes -in, -en über -an zu -a, z. b. orðan c. 1400, iorða 1437 statt iorðen die erde; s. Hægstad, Arkiv XV, 105, A. B. Larsen, ib. XIII, 248.
§ 146. u (altes oder nach § 137, 1, § 140, § 151, 4 und 5, § 148 entstandenes) geht schon vorliterarisch in o über:
Anm. 1. Spuren einer vokalharmonie zeigen sich gewissermassen auch in einigen aisl. hdschr. s. 1 oben.
Anm. 2. Wenn in gewissen, sowol aisl. wie anorw. hdschr. und bes. in den alten skaldengedichten (s. Jónsson bei Gislason, Udvalg af oldno. skjaldekvad, s. VIII f.) das suffix -ung- regelmässig u zeigt, so beruht dies darauf, dass -ung- starktonig war (s. § 51, 2, b und 1, b), z. b. buþlungr (schwachton -ongr) fürst.
Anm. 3. In Cod. AM. 645, 4º kommt ein progressiver umlaut io > iø (vgl. § 70, 2) vor nn vor; s. Kock, Beitr. XX, 121 f.
Anm. 4. Spuren eines überganges u > (geschlossenes) ø zeigen sich im aisl. hie und da schon vor der mitte des 13. jahrhs.; s. Gislaosn, Um frumparta, s. 129; L. Larsson, Isl. hdskr. nr. 645, 4º, s. XLVII.
Anm. 5. Im mnorw. werden sowol u wie o des suffigierten artikels zu einem dunklen, durch e oder æ bezeichneten, e-laute, z. b. ríkene dem reiche, brévenæ dem briefe; s. A. B. Larsen, Arkiv XIII, 252, Hægstad, Vestno. maalf. I, s. 21.
Anm. 6. Of (neben seltenerem uf — s. Egilsson und Þorkelsson, Supplement IV, 154 — got. uf) ‘über’ kann dem ahd. oba entsprechen und also nach § 61 zu erklären sein.
§ 147. y wird vorliterarisch zu i (e § 145), wenn die folgende silbe i enthält — dies also eine art von i-umlaut — z. b. ifir über, firi(r) für, þikia dünken, konj. skili solle, prät. skildi sollte, mindi würde u. a. neben starktonigem yfir, fyri(r), þykkia usw.; apinia äffin, innifli eingeweide (vgl. anorw. ortsnamen wie Sikk-, Sunn-, Þunn-, Vanifli), ósminni mündung neben apynia, innyfli usw. mit starktonigem y (vgl. § 51, 1, a). S. Noreen, Arkiv I, 168 f. note 3 und die daselbst zitierte literatur; Kock, ib. IV, 163 ff.
§ 148. ǫ und nach § 151, 5 gekürztes ǫ́ werden vorliterarisch zu u (o § 146), z. b. forþom (got. faur þamma) ehedem die mannsnamen Ǫndoþr (ahd. Anthad), Stǫrkoþr, Níþoþr (ags. Níðhad) mit gen. -aþar (wonach anal. Starkaþr, selt. Níþaþr) zu hǫþr krieg, die frauennamen Gunnor (schon c. 1050), Steinor neben -vǫr, nom. sg. f., nom. acc. pl. ntr. nǫkkor (selt. nukkurr, s. Þorkelsson, Supplement IV, 112) irgendwelche zu huǫr welche, at sógoro (s. § 77, 11) so getan, orrosta (-rasta, -rǫsta; urspr. orrasta, obl. -rǫstu, -rosto, vgl. ahd. rasta ruhe) streit, þrøskoldr (þreskǫldr, s. § 77, 3; ags. þerscwald) türschwelle, Gizorr, Ǫzorr < *-vǫrr mannsnamen, pl. hundroþ < *rǫð hundert, Sigorþr (misl., mnorw. Sigvarþr vielleicht aus dem deutschen; urspr. nom. Sigurþr, gen. Sigvarþar) Sigwart zu vǫrþr wache, anorw. obl. Bótolfsoko, -uku zu Bótolfsvaka vigiliæ S. Botulphi, Vǫlundr < *-hǫndr (got. handus; s. Brate, Zeitschr. f. d. wortforschung X, 174, 180), Ior-, Ǫnundr zu vǫndr rute (s. Noreen, Namn och bygd I, 143 ff.), nom. sg. f., nom. acc. pl. ntr. heilǫg > -og heilig, vesǫl > -ol unglücklich, anorw. Gunnuldr neben -valdr (s. Lundgren, Uppsalastudier, s. 20; vgl. nom. Herioldr : gen. Haraldar § 69) mannsnamen. Beisp. von ǫ́ > ǫ > u s. § 151, 5. S. Noreen, Arkiv VI, 306 f.
§ 149. æ und nach § 151, 6 gekürztes ǽ werden vorliterarisch zu e, z. b. anorw. pl. gefendr zu gefande geber, skynseme vernunft zu skynsamr vernünftig, 2. 3. sg. präs. ind. hefer hast, hat, huerr welcher, epter ‘nach’ neben starktonigem anorw. hæfir, resp. huærr, æptir; gew. gera machen, mega können, 1. pl. knegom vermögen, weil gew. schwachtonig. Ueber ǽ > æ > e s. § 151, 6. S. Wadsteiin, F. Hom., s. 52, 54 f. : Sievers, Tübinger bruchstücke, s. 8; Hægstad, G. Tr., s. 79.
Dies e kann dann in ein mit e wechselndes i übergehen. So schon vorliterarisch vor ng (s. Bugge, Arkiv II, 224, Kock, Beitr. XXIII, 508), z. b. foringi (ags. foreᵹenᵹa, got. faúragaggja) vorsteher, vǽringe (ags. wǽrᵹenᵹa) söldner, anorw. unningi, undingi (ags. úðᵹenᵹe) entwischter sklave u. a. urspr. zusammensetzungen mit -gænge, -gængia (vgl. § 229) wie lanzofringe vagabond, erfinge erbe, hǫfþinge häuptling, brautinge reisender, frelsinge freier mann, lausinge freigegebener, hamingia schutzgeist. Später tritt der übergang auch in anderen stellungen ein, z. b. harþinde (ags. heardwende) härte, heilinde (ags. hálwende) gesundheit, leiþinde (ags. láðwende, ahd. leidwenti) abscheu u. a. auf -inde (vgl. § 173, 2), frændsime verwandtschaft, gørsime kostbarkeit, aþile (zu aþal wesen) hauptmann einer rechtssache, Erlindr, mnorw. Askill mannsnamen.
Anm. 1. In den wenigen fällen, wo ein altes, kurzes e in schwachtoniger stellung zu stehen kommt, geht es ebenso in i über, welches nach § 145 wieder mit e wechselt, z. b. hinnig, -eg aus *hinnweg (§ 235, 1, f) dort, þannig dorthin, sinnig jeder für sich, der bestimmte artikel enn (in gewissen anorw. hdschr. so immer ohne rücksicht auf benachbarte vokale, s. Wadstein, F. Hom., s. 88 und 61; Hb., s. XXIII; Hægstad, G. Tr., s. 79), inn der, die, das, en, in noch (vor komparativen, z. b. en, in meira noch mehr) neben starktonigem enn noch, ausserdem; mnorw. Fartign st. Farþegn ein mannsname, Nórigr (Hægstad, Kong., s. 22, Vestno. maalf. II, 1, s. 29) Norwegen.
Anm. 2. Mnorw. wird, ausser in gewissen wnorw. dialekten, æ zwischen v, w und r zu a, z. b. huarr jeder, vara sein, varða werden, austanvarðr gegen osten gerichtet, s. Hægstad, G. Tr., s. 67, Hild., s. 46, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 38, Hertzberg, s. 855 und bes. Skulerud, Arkiv XXVIII, 219 ff.
§ 150. Ueber é > i (e) s. § 151, 2; ǿ > i (e) s. § 151, 7.
Anm. Mnorw. wird in nachtoniger (über vortoniger vgl. § 121) stellung o und u selt. und sporadisch zu a, z. b. Guttarmr seit 1400 statt Guttormr, Vikand c. 1500 statt Viðkunnr, Goð-, Guðman st. Goð-, Guðmundr (s. Rygh, Oplysninger II, 238 note). — Das präfix af- neben of- über-, allzu- (z. b. of-, afstope übermut, s. u. a. Wadstein, F. Hom., s. 49 f.) gehört nicht hierher, sondern entspricht dem got. af- (z. b. in afdrugkja trinker, afēttja fresser), resp. uf- (vgl. got. afar neben ufar).
§ 151. Kürzung langer vokale tritt schon vorliterarisch und wol zum teil sehr frühe (über urn. kürzung s. § 137 — 141) ein. Die fälle sind:
Anm. ó > u ist wenigstens durch aisl. gen. dat. Óslu neben -ló (s. Jónsson, Skjaldesprog s. 62, Hægstad, Utredning om no. bynavn, s. 12 und 14, G. Indrebø, Sverris saga, s. XVIII, oft) sowie in den vielleicht eher nach § 127, 3 zu beurteilenden anorw. adj. auf -utr st. -óttr, z. b. kollutr ohne hörner, striputr gestreift (s. Hægstad, Vestno. maalf. I, 112 und II, 2, ɪ, s. 71 sowie bei O. A. Johnsen, Olafs saga, s. XLII) u. a., s. 127, 3, belegt.
§ 152. Die diphthonge werden ebenso verkürzt:
Anm. Selt. elifr (St. Hom. 2 mal) ewig ist nicht aus dem gew. eilífr entstanden, sondern verhält sich zu diesem wie ǽ > e § 151, 6 zu ei § 77, 15. Ueberhaupt scheint kein übergang ei > e, i in vortonigen silben vorzukommen.
§ 153. Gegen die mitte der urn. zeit und im anfang der vikingerzeit, also etwa zwischen 450 und 900, wird allmählich jeder unbetonte kurze (urspr. oder in urn. zeit gekürzte wie alle in unnasalierter ultima und ī, ē — aus ai nach § 139 — in pänultima vor nicht synkopierende ultima) vokal synkopiert. Wenn wir von vielleicht schon urgerm. synkope auslautender kürzen (s. § 143) absehen, so sind die ältesten belege fahi (*faihiu) Åsum c. 475 male (vgl. aber unten 7, 3 mit anm.), an (got. ana) Tjurkö c. 550 an, wate (*wātiē) Strøm c. 625 nässe. — Ueber die chronologie der einzelnen synkopierungsfälle sind folgende allgemeine bemerkungen zu machen (vgl. Noreen, Geschichte³, s. 84 ff. und die oben § 66 und § 80 zitierte literatur):
Anm. Nach Hesselman, Västno. studier II, sind a und i in kurzer pänultima nach langer silbe oder kurzer ableitungssilbe früher als u in ultima (vgl. 2 und 1 oben) synkopiert worden, was den auffallenden gegensatz part. prät. dǿmþr : taleþr erklären würde. Die entwickelung wäre dann nom. sg. f. und nom. acc. pl. ntr. *ðōmiðu : *taliðu > *ðmðu : *taliðu > ðmð : *talið, wozu analogisch nom. sg. m. ðmðr : taliðr. Gegen Hesselmans regel verstösst das oben mehrmals erwähnte fahi Åsum, Stora Noleby, fai Vatn c. 725, das — wenn überhaupt richtig gelesen — dann wol als eine, zwar auffallend früh, nach 2. 3. sg. *fāhīʀ vorgenommene umbildung von zu erwartendem fǣhu (oder dem älteren *faihiu) aufzufassen wäre; vgl. Hesselman, a. o. s. 49 f.
Wir gehen jetzt dazu über die verschiedenen synkopierungsfälle zu besprechen:
§ 154. In unbetonten silben wird vortoniger vokal synkopiert, z. b. teygia (got. ataugjan), (s. Wadstein, Arkiv XVIII, 180 f.) zeigen; breiþa bereiten (s. Kock, Arkiv XXIV, 184); frýja (got. frawrōhjan, s. § 68, 3) absprechen; granne (got. garazna) nachbar, greiþa (got. garaidjan) in ordnung bringen, glíkr (got. galeiks) gleich, glam neben hlam lärm, glymr starker klang neben hlymr klang, glófe handschuh zu lófe handfläche, gneiste (vgl. ahd. ganeistra) funke, ?gneggia neben nisl. hneggia (ags. hnǽᵹan, mhd. neien) wiehern, gnógr (vgl. got. ganōhs) hinreichend, gnúa (ahd. part. prät. ginūan) reiben, gǫrr (as. garu) neben ǫrr (as. aru) fertig, grein (got. garaideins) bescheid, gredder einer der zu speisen gibt (vgl. ags. ᵹereordian speisen), gǽra schaffell zu hǽra haartuch (vgl. mhd. gehār behaart) u. a. wörter mit dem präfix ga- (s. Bugge, Arkiv II, 212 f., 238 f.; Erdmann, Ant. tidskr. f. Sv. XI, 4, s. 29 ff., Wadstein, I. F. V, 12 ff., wo vieles unsichere, vgl. z. b. Lidén, Bezz. Beitr. XXI, 114 ff.); prät. sg. sueip (*seswæip) zu sueipa einhüllen, ? selt. (s. § 502 anm. ) heit (got. haíhait) neben gew. hét zu heita heissen; slíkr (gto. swaleiks) solcher. — Vgl. mit betonter vorsilbe pl. gǫtuar (ags. ᵹeatwe) rüstung (s. Kluge, K. Z. XXXVI, 70, v. Grienberger, Zeitschr. f. d. österr. gymnasien 1905, s. 753), prät. sera (got. saísō) aus älterem *sezō zu sá säen.
Anm. In lehnw. wie postole (ags. postol) apostel, pistell (ags. pistol) epistel, spitale (ahd. spitāl) hospital, paþreimr hippodrom, Púl Apulien ist wol der vokal meistens schon vor der entlehnung geschwunden. — Unklar ist das verhältnis von dís zu as. idis, ags. ides hehres weib. — Erst mnorw. trifft man pá st. uppá auf, an (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 89).
§ 155. Unbetonter kurzer vokal in der ultima wird ausser vor urn. n, m, r synkopiert, z. b. dagr (urn. ðaᵹaʀ Einang) tag, heitenn (urn. haitinaʀ Tanum) geheissen, gestr (urn. -ᵹastiʀ Gallehus) gast, sunr (got. sunus) sohn, fé (got. faíhu) vieh, acc. sg. stein (urn. staina Tune) stein, horn (urn. horna Gallehus) horn, mǫg (urn. maᵹu Kjølevig) sohn, nom. sg. f. und nom. acc. pl. ntr. ǫnnor (got. anþara) andere, gen. sg. gísls (urn. -ᵹisalas Kragehul) geissel, dat. sg. feþr (lat. patri) vater, acc. sg. m. einn (vgl. got. ainnō-hun) einen, blindan (got. blindana) blinden, dat. sg. m. blindom (got. blindamma) blindem, nom. pl. dǿtr (urn. ðohtriʀ Tune) töchter, 1. pl. konj. präs. berem (got. baíraima), prät. bǽrem (got. bēreima), 1. sg. präs. ind. ber (got. baíra) trage, 2. sg. imperat. sǿk (got. sōkei) suche, fiol- (got. filu) viel-, heldr (got. haldis) mehr, hatr (got. hatis) hass, 2. sg. präs. ind. brýtr (got. briutis) brichst u. a. — Vgl. dagegen mit kurzem vokal vor n, m, r z. b. acc. pl. daga (got. dagans) tage, geste (got. gastins) gäste, suno (got. sunus) söhne, 3. pl. prät. ind. buþo (got. budun) boten, inf. und 3. pl. präs. ind. gefa (got. giban, resp. giband) geben, acc. sg. hana (got. hanan) haben, nío (got. niun) neun, 1. pl. bindom, bundum (got. bindam, resp. bundum) binden, banden, yfer (got. ufar) über u. a.; ferner mit langem vokal z. b. valþer (got. walidēs) wähltest, syster (urn. swestǣr, § 138) schwester, 3. sg. prät. ind. orte (urn. w[o]rtǣ, § 138) machte, nom. pl. gester (got. gasteis) gäste, fiskar (got. fiskōs) fische, gen. pl. rúna (got. rūnō mit urspr. nasaliertem ō, weil aus *-ōm) runen, acc. sg. tungo (ahd. zungūn) zunge u. a. m. s. § 137 — 141.
Anm. Die 3. sg. prät. konj., z. b. byþe (got. budi) böte, welche lautgesetzlich synkope erleiden sollte, hat wol schon urn. langes ī vor der 2. sg. und dem pl. (got. budeis, resp. budeima, -eiþ, -eina) entlehnt. Die verba präteritopräsentia, welche im präs. konj. (das ja urspr. ein prät. konj. ist) fast nie i-umlaut zeigen, haben wol (wie im aschw. alle verba, s. Noreen, Geschichte³, s. 215 f.) schon vor der umlautzeit die endungen des funktionell ja gleichwertigen präs. konj., welche sämtlich lautges. nicht synkopiert werden (z. b. 3. sg. got. -ai u. s. w.), entlehnt. Die erhaltung des vokals in der 2. pl. starker verba, z. b. bindeþ (got. bindiþ) bindet, bundoþ (got. bunduþ) bandet, beruht wol auf einfluss der lautgesetzlichen typen dǿmeþ (got. -eiþ) und hafeþ (got. -aiþ), welcher einfluss ja offenbar bei kalleþ st. -aþ (got. ōþ) vorhanden ist.
§ 156. Unbetonter kurzer vokal in pänultima wird, wenn ultima nicht nach § 155 synkopieren soll, synkopiert, z. b. 1. sg. prät. ind. fáþa (urn. faihiðo Einang) malte, gen. pl. augna (ags. éaᵹena, éaᵹna) augen, gen. dat. sg. f. hennar, -ne (*hāniʀōʀ, -iʀē) zu hōn (*hānu) sie, gen. pl. gumna (got. gumanē) männer, nom. acc. pl. himnar, -a (got. himinōs, -ans) himmel, numner, -a (got. numanai, -ans) genommene, valþer zu sg. valeþr (anal. später valþr) gewählt, dat. pl. hǫfþom (vgl. got. haubidam) köpfen, ellre (got. alþiza) älter, minzte (got. minnista) der kleinste, pl. mensker (anal. sg. menskr; got. manniskai) menschliche, fagna (got. faginōn) sich freuen u. a. — Urspr. langer vokal, sowie das nach § 139 aus ai entstandene ē, wird zunächst gekürzt und dann synkopiert — a jedoch nur nach nicht haupttoniger silbe — z. b. nom. pl. m. gullner (got. gulþeinai) goldene, mátker (wenn gleich got. mahteigai) mächtige, pl. lausner (got. lauseinōs) lösungen; munþe (got. munaida) erinnerte sich, vitte (got. witaida) beobachtete, gen. þagnar (vgl. got. þahainais) schweigens, gen. pl. blindra (got. blindaizō) blinder, mikella (got. mikilaizō) grosser; komp. veglegre (got. -ōza) und sup. nom. pl. m. veglegster (got. -ōstai) zu veglegr prächtig gegenüber z. b. armare (got. armōza) ärmer, 1. sg. prät. ind. losnaþa (got. lusnōda) wurde los, skapere (vgl. ahd. -āri, got. -areis, s. § 151, 1) schöpfer. Vgl. Neckel, ZfdA. XLIX, 315 ff., Tijdschr. voor Nederlandsche Taal- en Letterkunde XL, 238 ff., Sverdrup, Arkiv XXVII, 185 f., Kock, Arkiv XXI, 107 f.
Anm. Fälle, wo (wenigstens scheinbar) sowol die ultima als die pänultima synkopiert worden ist, erklären sich teils nach § 159 (beisp. s. dort), teils wol nach § 153 anm. , z. b. acc. sg. m. einn ‘einen’, minn (< *minnu < mīnino, s. § 136) ‘meinen’ oder part. wie bundenn (< *bundinnu < *bundenanō) gebunden, vgl. got. ainnō(hun), ?meinna (Matth. 11. 10); ebenso nom. acc. sg. ntr. blint blindes aus *blintu < *blindatō, got. blindata oder heilagt < *hæilagtu < *hailaᵹatō heiliges (vgl. dagegen þat ‘das’, welches nicht got. þata, sondern þat in þat-ūh, vgl. gr. τόδε — got. þata aus *þatō gäbe in verbindung mit -ūh ein *þatōh, s. Noreen, Arkiv VI, 374 note — entspricht; got. þata wäre aisl. *þǫt); ferner fälle wie dýpþ < dýpþu < *diupiþu, -iþō (got. diupiþa) tiefe. S. Hesselman, Västno. studier II, 7 f., 43 ff.
§ 157. Unbetonter kurzer vokal sowol in antepänultima wie in ultima wird synkopiert, z. b. dat. sg. m. bundnom (got. bundanamma) gebundenem, acc. sg. m. valþan (got. walidana) gewählten, gotneskr aus *ᵹotaniskaʀ gutnisch. — Vgl. dagegen mit nebentoniger antepänultima und langer ultima — deshalb mit synkopierter pänultima nach § 156 — z. b. gen. dat. sg. f. und gen. pl. mikellar, -elle, -ella ( < *ilērō) zu mikell gross.
Anm. Fälle, wo drei silben nach einander synkopiert zu sein scheinen, sind immer zum teil analogisch entstanden. So z. b. entspricht nom. acc. sg. ntr. valt gewähltes nicht got. walidata, sondern ist nach der analogie blindr : blindan : blint wie valþr : valþan : x gebildet.
§ 158. Enklitische einsilbige wörter werden — wo nicht assoziation hindert — wie sonst unbetonte ultima (s. § 155) synkopiert, z. b. emk (neben em ek) ich bin, mǽltak (mǽlta ek) ich sprach, kǫllomk (*kallō-mik) ich nenne mich zu kalla (ich) nenne (über den gegensatz -a : -o-mk s. § 137, 1 und 2), létom (*létu-mʀ aus *létu-meʀ gleich léto mér) sie liessen mir, kallask (*kalla-sik) sich nennen, snúas (*snúa-sʀ aus *snúa-seʀ) sich wenden, sás (sá es), þeims (þeim es) derjenige, resp. demjenigen welcher, nús (nú es) nun ist, þaz (þat es) das ist, unz (*und-es) bis, þót(t) neben selt. þó at wiewol, suát (suá at) so dass, selt. anorw. (s. Fritzner) hít (*híat, s. Noreen, Arkiv V, 373) hierher, anorw. þít (*þí-at) dorthin, weil, máttet (*mátti-at) konnte nicht, þát eins St. Hom. (þá at eins) nur dann, anorw. aldregen (*aldrege-enn, s. Kock, Arkiv IX, 161) noch nie, huærgin (*huærgi-enn, ib. XI, 126) noch nirgends u. a. Reichliche beisp. aus den skaldengeschichten bieten u. a. Sievers, Beitr. V, 491 ff. und Jónsson bei Gislason, Udvalg af oldn. skjaldekvad, s. XIX ff. — Wenn das zu synkopierende wort vor dem (schwindenden) vokal w hat, wird dies nach § 226 sonantisiert, z. b. hinnog neben hinn(v)eg (s. § 235, 1, f) dort, þannog n. gew. þanneg (þann veg) dahin, huernog (huern veg) wohin, huersug wie. Vgl. aber slíkr (got. swaleiks) § 154.
Anm. 1. In derselben weise sind vielleicht (nach einer vermutung Lidén's) entstanden die formen auf -t und -r der 2. pl., z. b. bindet (aus bindið-t, s. § 268, 2, § 285, 5), anorw. bindir (bindið-r, s. § 292) gleich bindið it, ér (auch bindi þit, þér) ihr bindet.
Anm. 2. In den zweisilbigen verbalformen erom, eroþ, ero wird e nur (? s. Sievers, Beitr. V, 495) nach unmittelbar vorhergehendem r synkopiert. Das dadurch entstandene rr wird bisweilen vereinfacht (§ 285 anm. 1), die einstige länge des ultimavokals in eró (s. § 122 anm. 2) gewöhnlich (bes. in St. Hom.) erhalten, eventuell auch auf erom übertragen. Z. b. vér(r)om (vér erom) wir sind, þeir(r)ó (þeir ero) sie sind, sǽlerró (sǽler ero) selig sind.
§ 159. Wo innerhalb eines paradigmas synkopierte und unsynkopierte formen (resp. formen mit synkope bald in der ultima, eventuell auch der antepänultima, bald in der pänultima) mit einander wechselten, ist oft ausgleichung — gewöhnlich zu gunsten der synkopierten formen — eingetreten oder doppelformen entstanden. Z. b. valþr neben valþr nach pl. valþer gewählt, danskr statt *deneskr nach pl. dansker dänisch, eldr (aschw. noch selt. ēleþer, ags. ǽled) nach dat. elde feuer, Hǫrþr (aschw. run. noch gen. haruþs Rök) ein mannsname nach pl. hǫrþar einwohner von Hordaland, beztr und baztr aus urspr. *betistr (got. batists), acc. baztan bester, magn und megn neben megen nach dat. magne stärke, nøktr neben nøkkueþr, nekkueþr, (bes.) anorw. auch nǫkkueþr (s. z. b. Leffler, Om v-omljudet s. 13 note) nackt aus urspr. nøkkueþr, acc. nekþan, nǫkþan (s. v. Friesen, N. spr. I, 7), ntr. bút (als adv. ‘vielleicht’) statt búet nach búnom, -no, -ner usw. ‘fertig’, ebenso anorw. dát(t) statt dáet totes und nánn statt náenn nahe u. a., s. die flexionslehre.
§ 160. Weit später, erst zur zeit der ältesten hdschr. durchgeführt, ist die synkope des anlautenden vokals im pron. enn, inn bei dessen übergang in den suffigierten artikel. Das nähere hierüber s. § 472, 1.
Anm. Sonstige beispiele späterer synkope sind im aisl. selten und unklar, z. b. gen. pl. ørna neben ørenda zu ørende in der bedeutung ‘notdurft’. In proklitischer stellung sind möglicherweise entstanden die mannsnamen Bárþr (alt Bároþr, air. Barid, ags. Bared) und Þórþr (ags. Þored). Vielleicht auf dissimilation beruhen kongr (erst gegen 1300, s. Gislason, Njala II, 216) neben konongr (anorw. häufiger kungr aus kunungr, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 67, Kong., s. 22) könig, pengr (auch anorw. s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 112) neben pen(n)engr münze (vgl. aber Kock, Arkiv XXIV, 194 ff.). Dagegen ist das adv. lit(t) ‘ein wenig’ kaum aus dem ntr. lítet kleines entstanden, sondern entspricht wol dem genau gleichwertigen got. adv. leita, worüber s. Grienberger, Untersuchungen zur got. wortkunde, s. 146. Fiogrtán vierzehn ist nicht aus fiogortán entstanden, sondern wie dies aus *fioðrtán durch partiellen, resp. vollständigen anschluss an fiogor vier; s. Noreen, Svenska etymologier, s. 41. Nicht hierher, sondern zur wortbildungslehre gehören die von Hellquist, Om de svenska ortnamnen på -inge, s. 246 mit note, angeführten fälle des typus borgfirþingar leute von Borgarfiorþr; indem hier keine synkope von -ar vorliegt, u. dgl. — Wiederum in anorw. ist eine sekundäre synkope keineswegs selten (bes. nicht seit c. 1300) und zwar am häufigsten auftretend in lehnwörtern (wo die synkope vielleicht zum teil vor der entlehnung stattgefunden hat) sowie in personen- und ortsnamen, z. b. (s. bes. Hægstad, G. Tr., s. 93 ff., Kong, s. 22, M. Olsen, Hedenske kultminder I, 51) Ben(e)dikt, Lar(en)s; Phil(i)pus, Ól(a)fr, Eir(i)kr, Øy(vi)ndr, Marg(a)réta, Kat(a)rína, Mari(u)mæssa, Gregóri(u)smæssa, Ing(i)biorg, -gærðr, -mundr, -riðr, resp. Nór(e)ge Norwegen, Hál(o)galand, Ó(þe)nsal, Nið(a)róss, Biark(a)røy, -heimr, Gæit(a)r(h)æimr, Efrúsum (Øfrahúsum), Stiór(a)dall, Brig(i)ðaruð, sonst má(naðar)matr esswaren, bróð(e)r bruder, móð(e)r mutter, skoddom < skoðaðom (wir) schauten, frænk(on)a verwandtin (zur erklärung s. Noreen, Vårt språk III, 422 note 3), dǿ(yia) sterben, frý(ia) absprechen, flý(ia) fliehen, husfrey(ia) ehefrau, ásan(a) die gräte, iorðen(e) der erde, talað(e) redete, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 52, 53 und II, 2, ɪ, s. 101, 112, 113, 116, 118; in proklitischer stellung há (schon 1299) aus hafa haben, lúk(a) upp 1346 aufschliessen. Nicht hierher gehören dial. formen wie Siúrðr, orkn. tuttū (statt Siugurðr Sigwart, tuttugu zwanzig), welche nach § 293, 4 und § 130 zu erklären sind.
§ 161. Svarabhakti tritt in etwas jüngerer sprache zwischen auslautendem r und einem vorhergehenden konsonanten ein:
Anm. 1. Cod. Holm. 34, 4º zeigt auffallender weise svarabhakti nur vor einem aus z > ʀ entstandenem r, vor urspr. r aber nicht, z. b. eter isst, slíker solch, aber akr acker, alldr alter; s. Kolsrud, Arkiv XXXIII, 284 note 2.
Anm. 2. In anorw. runeninschriften kommen auch nicht selten im inlaut spuren von svarabhakti nach der art der urn. inschriften (s. § 142) vor, z. b. beleitir (d. h. bleytir, Aardal, 13. jahrh.) netzt, acc. buruþur (dh. brǫðor Tanberg) bruder; s. Bugge, Foreningens til norske fortidsmindesmærkers bevaring aarsberetning for 1869, s. 33. In der anorw. literatur kommen selten beisp. von svarabhakti zwischen r und kons. vor, z. b. kirikia st. kirkia kirche, kores st. kors kreuz, dat. ntr. okoro st. okro zu okkor uns beiden zugehörig, dat. sg. gareðe zu garð hof, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 122 f., Kolsrud, Arkiv XXXIII, 284 note 2. Vereinzelt steht einmaliges tuweir st. tuæir zwei, s. Hægstad, a. o., s. 123.
§ 162. e wurde zu i:
Anm. Prät. pl. gengo gingen, fengo bekamen (neben den bis etwas nach 1200 weit häufigeren gingo, fingo; s. Larsson, Ordförrådet, und Jónsson bei Gislason, Udvalg af oldno. skjaldekvad, s. XI f., und Skjaldesprog, s. 98, sowie Þorkelsson, Beyging), hengo hingen, blendo mischten haben e von sg. gekk, fekk, hekk, blett entlehnt (vgl. umgekehrt aschw. sg. gik, fik nach dem pl.), während wiederum part. prät. gingenn, fingenn statt der in der ältesten zeit fast ausschliesslich (s. Jónsson a. o.) gebräuchlichen gengenn (anorw. gænginn, also aus *ganginn durch palatal-umlaut. s. § 74), fengenn sich nach gingo, fingo gerichtet haben. Das selt. anorw. hengat (Heilagra manna sögur II, 208 und bei Hertzberg; hængat No. Hom.) statt hingat hierher ist wol nach þengat dorthin (das sich zu þangat wie þenn, þænn zu þann § 144 anm. 1 verhält) umgebildet worden, während andererseits die form þingat auf einfluss des hingat beruht.
§ 163. au, eu und aw, ew wechselten in der weise, dass jenes vor konsonanz (und auslautend), dieses vor sonanten stand (vgl. got. taujan : prät. tawida, kniu : gen. kniwis u. dgl.). Daraus erklären sich folgende gegensätze:
Anm. Eine verwandte erscheinung ist der wechsel ū (auslautend und vor konsonanz) : w (aus u, vor sonanten) in z. b. súl säule : suill § 77, 12 grundschwelle; sýr § 71, 6 (acc. sú) sau : suín schwein.
§ 164. Unter ablaut verstehen wir jeden vokalwechsel innerhalb einer gruppe etymologisch verwandter wörter, den das urgerm. aus. ieur. zeit übernommen oder analogisch nachgebildet hat. Je nach der natur der wurzeln ist der ablaut verschiedener art. In den germ. sprachen zeigen sich folgende sieben ablautsreihen, die bes. deutlich in der tempusbildung der sog. starken verben hervortreten. Vgl. Noreen, Urg. lautl., s. 37 ff.; Streitberg, Urgerm. grammatik, s. 79 ff.
§ 165.
Die erste ablautsreihe lautet:
urgerm. ī — ai — i;
anorw.-aisl. í — æi (ei) — i, e
(§ 60),
z. b.
bíta beissen : prät. beit : pl. bitom : part. prät. bitenn u. a. verben;
ferner íþ tat : iþia geschäft;
stígr : stigr pfad;
víþer weidebusch : viþ gerte;
víg kampf : vega, viga (§ 60) kämpfen;
Þor-gísl (-gils) u. dgl., Gísle mannsnamen : geisl, geisle stock;
suí : suei pfui;
skírr : skǽrr (*skairiʀ § 54, 2) hell;
heitr heiss : hite hitze;
feitr fettig : fita fett;
kleif reihe von klippen : klif klippe;
keikr zurückgebogen : kikna hinsinken;
þueite ntr. : þuita f. abgespaltenes stück;
geil : gil kluft;
deigr teig : digoll tiegel;
streitask : stritask sich sträuben;
líta sehen : suartleitr von schwärzlichem aussehen,
leita suchen (got. wlaitōn spähen) : litr farbe, aisl. andlit(e), -let,
anorw. auch -lete § 145 anm. 2 (got. wlits) antlitz; u. a. m. s. z. b. Kock, Svensk
ljudhistoria I, s. 89 ff.
Anm. Selten kommt in dieser reihe auch ein ablautswechsel urgerm. ē, aisl.-anorw. é vor, z. b. hér : hiþra, heþra (s. § 60) hier, higat, hegat hierher, heþan hievon : anorw. (s. § 158ff.) hít hierher.
§ 166.
Die zweite ablautsreihe lautet:
urgerm. eu — au — u oder ū;
anorw.-aisl. iú, ió
§ 100,
§ 101,
— ǫu (ou, au § 98) — u, o
(§ 61) oder ū,
z. b. verben wie
kriúpa kriechen (gióta giessen, súpa saufen) : prät. kraup : pl.
krupom : part. prät. kropenn; ferner rióþr : rauþr rot : roþe
röte; stýra (got. stiurjan) steuern : staurr stange : styria
stör (s. Lidén, Uppsalastudier, s. 91 note); hriúfr schorfig, hrýfe
schorf : hrufa rinde einer wunde; liúga lügen : lyge lüge,
lugvitne falscher zeuge; striúpe : strúpe kehle; striúgr :
strúgr neid; niótr geniessend : nautr genosse : note gleich(en);
biúgr krumm : baugr ring : boge bogen; skióþa tasche : pl.
skauþer vorhaut des pferdes; lióna (s. F. Jónsson, Fernir forn
íslenskir rímnaflokkar, Kph. 1896, s. VIII) : leyna verhehlen; lióþ
lied : lúþr horn zum blasen; hlióþ aufmerksamkeit : Hloþvér
Ludwig; liótr ungestalt : lútr gekrümmt; taug : tog, tug seil;
gautar : gotar völkernamen; baula kuh : bole stier, bylia
brüllen; hlaut f. anteil (der götter) : hlutr los, teil; dauþr
tod, tot; doðe ein spottname, aisl. (s. Möbius, Analecta norrona¹,
s. 196) doþna wie tot werden (vgl. nisl. doði erschlaffung, doðna
erschlaffen); hiúpr wünschen : tǫtroghypia lumpiges weib; miúkr
weich : moka ausmisten, mykr mist; haufoþ, hǫfoþ (s. § 98, 1)
haupt : húfa haube; brauþ brot : broþ (vgl. Vigfusson) brühe;
gnauþ : gnyþr lärm; frauþ : froþa schaum; aisl. frauke,
anorw.
frauþr : froskr frosch; daufr taub : dofe duselei; leygr
flamme : loge lohe; blautr weich : blotna weich werden; þraut
anstrengung : þrote schwulst : þrútenn geschwollen; aurr nass :
úr regen, niederschlag; aurr griess, eyrr sandbank : anorw. pl.
Yriar, -a ortsnamen; lauss los : losna los werden; saurr schmutz
: súrr sauer; mýrr (*meuz-) moor : mose moos; tryggr
(*triuw-, s. § 227, 2) treu : traust trost . trúa trauen; greyfa
: grýfa vorüber beugen; suín (*su-, s. § 163 anm. ) schwein : sýr
(*sū) sau; ? kuíga färse : kýr kuh; kiúklingr gänseküchlein :
kokr hanh; hrúga haufen : hroke (nschw. råge) aufmass; u. a. m.,
s. z. b. Kock, a. o. II, 320 ff.
Anm. 1. Auffallend ist au (vielleicht aus der zweiten silbe entlehnt) im 2 maligen braullaup (Hb. XXXVIII; gleich aschw. brølløp ?, vgl. aber An. gr. II, § 116) neben gew. brullaup, brúþlaup hochzeit. Vgl. das noch mehr auffallende konstante brudgaumi st. brúþgume bräutigam in Bósa saga nach Cod. AM. 586, 4º gegen 1450 (s. Jiriczek's ausgabe, s. XXVII).
Anm. 2. Selten kommt in dieser reihe ein ó (aus ōu) vor, z. b. nór schiff : naust schuppen für böte; bónde (s. § 130) bauer, landbóle (orkn. -búli) pächter, ból, bǿle (anders Ekwall, Suffixet ja, s. 41) wohnort, bǿr dorf : búa (anorw. selt. bóa) wohnen, búande (anorw. auch bóande s. § 422) bauer, bú wohnsitz, búþ bude, búe (anorw. auch -bóe, s. Jónsson, Fagrskinna, s. XXV, und als mannsname Bóe) einwohner, búr stube, hýbýle wohnung, býr dorf, byggua wohnen; stórr gross : gný-stýrer grossen lärm machend; prät. dó, gó zu deyia sterben, geyia bellen. Nicht hierher gehörig, sondern aus verschiedenen sprachen oder dialekten entlehnt sind skóle (ags. scól, lat. schola) : anorw. (seltener) skúli schule (mhd. schuole) und dókr (mndd. dōk) : (häufiger) dúkr (mndd. dūk) tuch.
Anm. 3. Ebenfalls selten zeigt diese reihe ein ǣ(w), z. b. grár § 81 grau : grýia (s. Vigfusson) grauen, dämmern : ? grey-hundr (graue?) hündin; anorw. snǽlda (*snā-ðl-iōn-) spindel : snúa drehen, zwirnen.
§ 167.
Die dritte ablautsreihe lautet:
urgerm. e — a — u;
anorw.-aisl. e, i (§ 63, 3) —
a — u, o (§ 61),
z. b. verben
wie verpa werfen : prät. varp : pl. urpom : part. prät. orpenn;
binda binden : prät. batt : pl. bundom : part. prät. bundenn;
ferner giallr (*ᵹella- § 88) : gallr hell tönend, bialke
balken : bǫlkr scheidewand; giorþ (*ᵹerðu § 89) gurt :
garþr zaun, garten : gyrþa gürten; vella : anorw. (selt., s.
Wadstein, F. Hom., s. 48) valla wallen, sieden; Nyrue,
Nioruasund § 82, 4 :
Nørua-, Nǫruasund, Nǫrr § 82, 6; þing volksversammlung,
Þingill (anorw., s. Rygh, Oplysninger II, 230) : Þengell ein
mannsname (aisl. auch als fürstenbenennung); strind rand (anorw.; auch
als ortsname) : strǫnd ufer; niste (*nestia) spange : nesta
(*nastian; vgl. agutn. nast heftnadel) heften; vindr schief :
vandr schwierig, misslich; minnask sich küssen, mél (s. § 110, 1)
mundstück des gebisses : munnr mund (s. Lidén, Uppsalastudier,
s. 79 f.), mynne (minne § 114) mündung; kind nachkommenschaft :
-kundr, -kunnr herstammend; hindre später : handan jenseits (vgl.
agutn. handar mair weiter hin); tindr zahn am rade : tǫnn
(*tanþu) zahn, Gullentanne, Hildetannr beinamen : Tunne (vgl. got.
tunþus) ein mannsname, sannr wahr : nauþ-syn (vgl. got. sunjis
wahr) not; miolk milch : molka melken; biarg berg : borg burg,
Borgund ein ortsname; kiarne kern : korn korn; verk werk :
yrkia würken; þerra (vgl. got. ga-þaírsan verdorren) dörren :
þurr dürr; duergr zwerg : dyrgia zwergin; verþa werden : urþr
schicksal; virgell strick : vargr räuber; lend (*landi-) lende :
pl. lunder schinken; skars hexe : skyrse schrecknis; sterkr :
styrkr stark, storkna starr werden; gǫltr (*ᵹaltuʀ) ferkel
: gyltr sau ; faldr : anorw. (selt., s. Fritzner) foldr falte;
? trǫll (s. Noreen, Svenska etymologier s. 8 f. und die daselbt zitierte
literatur sowie Gislason, Efterladte skrifter II, 160, Jónsson, Aarbøger
1912, s. 9) : troll (vgl. mhd. trolle) dämon; suartr schwarz :
sorta schwärzen, sorte dunkelheit (auch als mannsname), sortna
schwarz werden, Surtr ein feuerriese; valda walten : prät. olla;
hallr sich senkend (ahd. hald geneigt) : hollr hold; bǫllr ball
: bolle bowle; grann- : grunnleitr hohlbäckig (s. Karsten, Stud.
öfver de nord. spr. prim. nominalbildning II, 144); há (*ha[n]hōn,
vgl. lit. kanka qual) quälen : hungr hunger; seþr (< *sennr) für
sich, je : sundr, anorw. (s. Hertzberg, s. 860, sp. 2) auch syndr
abgesondert, entzwei (s. Noreen, Arkiv VI, 370 ff.), ? einmaliges dǫkkr
(s. F. Jónsson, No.-isl. kultur- og sprogforhold, s. 308; nnorw., shetl.
dokk; aus *dankwa-) : døkkr (*dinkwa-, s. § 77, 3,
§ 110, 1; oder
ist es *dankwia- nach § 82, 6?) dunkel :
dunkr ein beiname (s. § 266 anm. 3).
Anm. Ueber den ablaut i — a — u in ableitungssilben s. § 173.
§ 168.
Die vierte ablautsreihe lautet:
urgerm. e — a — ǣ — u;
anorw.-aisl. e, i (§ 63, 3) — a — á (§ 53) — u, o
(§ 61),
z. b. verben wie stela stehlen : prät. stal : pl. stǫ́lom :
part. prät. stolenn; nema nehmen : nam : nǫ́mom : numenn (anorw.
auch nomenn); ferner g. pl. kuenna (u. a. mit kuen-, s. § 162),
kuinna (§ 162, 1) : kuǽn (*kwāni-) : kona, kuna (s. § 61, 1) weib;
suima schwimmen : prät. suam : pl. suǫ́mom : symia schwimmen,
sund (*swunð-) das schwimmen; suefn schlaf : suaf schlief,
suefia beruhigen : suǽfa einschläfern, pl. sófom schliefen
(s. § 77, 11) : sofa schlafen, syfia schläfrig machen; vin(r) freund :
vanr gewohnt : vǽnn schön : una zufrieden sein; grim(m)r :
gramr feindselig; meþal- mittel-, miþr mittler : undorn
(*umð-) nachmittag; vel wol, vilia wollen : anorw. val (so
regelmässig im landgericht könig Magnus', oft in Hb. u. a., s. Fritzner,
Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 21 und II, 2, ɪ, s. 38; as., ahd. wala) wol,
val wahl; saman : anorw. auch soman (s. Hertzberg, s. 535, 862;
aschw. soman, suman, s. Noreen, Arkiv VI, 365 ff.) zusammen; samr :
dat. sg. ntr. sumo (Cod. AM. 645, 4º) derselbe, sumr ein gewisser;
gemlingr einjähriger widder : gymbr junges weibliches schaf; prät.
traþ tritt : pl. trǫ́þom : troþa treten; vatn wasser : vátr
nass : otr otter; sualr kalt : suǽla rauchen (s. Torp, Nyno. et.
ordbok); vefa weben : vefr (*wabja-) webe, vafra hin und her
fahren : váfa hin und her schwanken : ofenn gewoben.
Anm. Bisweilen kommt in dieser reihe ó vor, z. b. kǿmr (*kōmi-) neben kuǽmr (*kwāmi-) passabel, zu pass : koma kommen; skǿra kampf, anorw. skǿra (s. Hertzberg) aufschneiden : skera schneiden : skaþr beschnitten : pl. skǽre schere : skor einschnitt; suefn usw. (s. oben) : sǿfa töten. Vgl. § 170 anm. 1, § 171 anm. 2 — Ueber brúþgaumi st. -gumi s. § 166 anm. 1.
§ 169.
Die fünfte ablautsreihe lautet:
urgerm. e — a — ǽ;
anorw.-aisl. e, i (§ 63, 3) —
a — á (§ 53),
z. b. verben wie
gefa geben (biþia bitten) : prät. gaf (baþ) : pl. gǫ́fom :
part. prät. gefenn; ferner þess des :
þat das (anorw.
þeðan : þaðan u. a., s. § 144 anm. 1); stiake kleiner stecken :
stake stecken; bikkia : grey-baka hündin; hlé lee : hlǽr lau;
siá (< *sehan, s. § 235 anm. 4) : Sága name einer göttin (‘die
seherin’); ǫ́ (got. aƕa) fluss : Ǽger der meergott (vgl. ags.
ǽᵹ-weard wache an der see); mǫgr sohn : mágr verwandter durch
heirat; tagl steifes haar, tǽia (got. tahjan) karden : tǫ́g
faser.
Anm. Bisweilen kommt in dieser reihe ó vor, z. b. lǿkr (*lōki-) bach : leka leck sein : prät. lak : pl. lǫ́kom : lóg lagerbestand für einen tag : liggia liegen, leg friedhof : leggia legen, lag ordnung : lágr niedrig, lǫ́g liegender baum, lǽge lage; mót form, art : meta messen : prät. mat : máte art und weise; fótr fuss : fet fusstapfe, fit schwimmfuss : prät. fat fand einen weg : pl. fǫ́tom; frǿk(en)n mutig : frekr gierig; rǿkr legitim, rǿkia beachten : réttr recht : rakr gerade, røk (s. § 77, 7), rǫk darlegung, rekia darlegen : rǫ́k furche; snákr ringelnatter : snókr als beiname; sǿgr (:aschw. saghi, mndd. sage) schnitzel : sigþr sense : sǫg säge. Vgl. § 170 anm. 1, § 171 anm. 2.
§ 170.
Die sechste ablautsreihe lautet:
urgerm. a — ō; anorw.-aisl. a — ó,
z. b. verben wie skafa
schaben : prät. skóf, pl. skófom : part. prät. skafenn; ferner
hagr geschickt : hǿgr, hóglegr leicht zu bewältigen; dagr tag :
dǿgr tag oder nacht; staþr platz : -stǿþinggr -einwohner; þefia
musig machen : þóf zank; net netz : nót zugnetz; hane hahn :
hǿna henne, hǿns hühner; fnasa : fnǿsa schnauben; skaþe :
skóþ schade; skage vorgebirge, skegg bart : skógr wald; aþal
eigenart : óþal eigenart, eigentum; batna besser werden, betre
besser : bót besserung, busse; sama : sóma passen; hake haken :
hǿkia krücke; age : ógn schreckk, ǿgiask erschrecken, ótte
furcht; slakr schlaff : slókr herumschlenderer; sǫk sache :
sǿkia suchen.
Anm. 1. Bisweilen kommt in dieser reihe ǣ, an. á vor, z. b. kuǽfa : anorw. k(u)æfia, aisl. kefia ersticken, k(u)afna erstickt werden : kǿfa ersticken; grǽfr : grǿfr einer der begraben werden darf : grafa graben; dǽld tälchen, dǽla rinne : dalr : dǿl tal; háfr fischhhamen : hefia heben : prät. hóf; athǽfe verhalten, auþ(h)ǽfe (s. Wadstein, F. Hom., s. 59) reichtum, anorw. háfa (d. lehnwort?) hab und gut : hafa haben, behalten, enthalten, hafask sich verhalten : hóf das richtige verhältnis, hǿfa das ziel erreichen, auþ(h)ǿfe reichtum, anorw. athǿfe (Hb., Cod. AM. 310, 4º) verhalten. Vgl. § 171 anm. 2
Anm. 2. Ausnahmsweise kommt in dieser reihe auch u, o vor, z. b. kulþe kälte : kaldr kalt, kala frieren : prät. kól; dylia verschweigen : duelia verzögern, duǫl ausruhen : dǿlskr töricht; prät. pl. uxom : vaxa wachsen : prät. óx; gryfia grübchen zu grǽfr, grǿfr, grafa s. oben anm. 1; gnótt (ahd. ginuht, s. § 112, 2) genüge : gnógr (vgl. got. ganōhs) genügend; luma loslassen : lame lahm : lómr schlechtheit (s. Noreen, Svenska etymologier, s. 50 ff., Hultman, Hälsingelagen s. 213 note 3).
§ 171.
Die siebente ablautsreihe lautet:
urgerm. ǣ — ō; anorw. á — ó,
z. b. gráta weinen : grǿta zum
weinen bringen; ? anorw. Norð-, Sunnmǽre (Hægstad, G. Tr. s. 69,
Vestno. maalf. I, 20) : -mǿre ortsnamen; rámr heiser : rómr stimme;
nǽra nähren : nǿra stärken; láfe : lófe dreschtenne; suá :
anorw. (z. b. Hægstad, G. Tr. s. 51, Vestno. maalf. I, 9 und 92; selt. aisl.
wie z. b. E. Olson, Yngvars saga, s. XXXII) auch só (ahd., as. sō;
vgl. aber sóno § 77, 11) so; huǽsa zwischen : hóste husten; huáta
(s. Bugge, Tidskr. f. Fil. N. R. III, 264; Þorkelsson, Supplement II,
217) : hóta (s. Hertzberg) treiben, stossen, stechen, hót drohung,
hǿta drohen; glǽ(f)a glänzen u. a. (s. v. Friesen, N. spr. I, 37 und
57) : glóa (ags. ᵹlówan) glühen; fǽgelegr : fǿgelegr
angenehm; dǫ́þ geschicklichkeit, dǽll fügsam : dómr urteil; grápa
zu sich raffen : grópasamlega brutaler weise; flǫ́ (< *flahō) fläche
: fló schicht.
Anm. 1. Unklar bleibt (trotz Kock, ZfdA. XL, 196; vgl. dagegen Hellquist, Arkiv VII, 46 und Sv. etym. ordbok) blǽia (zu mhd. blahe) neben selt. (z. b. Goþrúnarkuiþa I, 13) blǿia (wie im aschw.) bettuch.
Anm. 2. Bisweilen kommt in dieser reihe a vor, z. b. latr faul : láta lassen (: aschw. lōt liess); snefia aufspüren : snǽfr : snǿfr flink; krake : krákr : krókr haken; huatr keck, huass scharf wol zu huáta, hǿta (s. oben); gløggr scharfsichtig zu glǽa, glóa (s. oben), fegenn froh zu fǽge-, fógelegr (s. oben). Vgl. § 168 anm. , § 169 anm. , § 170 anm. 1.
§ 172. Berührungen dieser reihen untereinander (vokalische ‘wurzelvariation’) sind nicht selten, wiewol grossenteils erst sekundär entstanden entweder durch “entgleisung” eines wortes aus einer reihe in eine andere, partiell übereinstimmende, oder durch assoziation etymologisch nicht verwandter, aber lautlich wie begrifflich ziemlich übereinstimmender wörter. Ausser dem, was schon in den anm. zu § 168 -171 angeführt worden ist, mögen hier noch folgende fälle in aller kürze erwähnt werden:
Anm. 1. Sehr selten ist vermischung der 1. und 5. reihe, z. b. bíþa erwarten, beiþa verlangen : biþia bitten, baþ bat, bǫ́þom baten; víg kampf, vega, viga (s. § 60) kämpfen, prät. vá (aus *waih) : pl. vógom.
Anm. 2. Ganz unklar sind anorw. øyðla : aisl. eþla eidechse; auþlingr (bugge bei Fritzner III, 1103; wol von auþr reichtum beeinflusst) : ǫþlingr edeling. Ueber anorw. øptir, øfter (s. z. b. Wadstein, Antiqvitetsakademiens månadsblad 1891, s. 78, Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 44), färöisch run. uftiʀ Kirkebø ‘nach’, ‘über’ statt æptir § 85 anm. 2.
Anm. 3. Noch verwickelter sind die verhältnisse z. b. in tiara teer, tyrue kienholz : tré holz, tryggr fest : traust sicherheit : trúr treu : trog trog; hiortr hirsch : hrútr widder; biorn bär : brúnn braun; duergr, dyrgia (§ 167) : draugr gespenst; s. Noreen, Urg. lautl. s. 90, 85, 224. Etwas unklar ist þerna (wol aus einem dem mndd. derne zugrunde liegenden as. *thērna < thiorna) dirne : þiónn diener.
§ 173. Ein, in vielen fällen wol analogisch entstandener, ablaut i — a — u kommt in ableitungssilben häufig vor, wie in:
Anm. 1. Gegensätze wie vaþell : pl. vǫþlar, drasell : dat. drǫsle pl. drǫslar, urn. erilaʀ (s. § 63, 3) jarl? : pl. als völkername latinisiert Erulos (acc. = urgerm. nom. *Erulōz) Herulen zeigen, dass in urn. zeit, wenigstens bei vielen mask. subst., die suffixformen -il- und -ul- innerhalb eines paradigmas derart verteilt waren, dass jene nebentonig und daher später nicht synkopierend, diese unbetont und daher später synkopierend war. Eine entprechende verteilung von -al- und -ul- dürfte bei den adj. durch fälle wie þagall : þøgle, hugall : hygle u. dgl. erwiesen sein, so dass die mit der zeit immer häufiger auftretenden formen auf -ull (z. b. nisl. nur þögull, hugull) als vor der synkope entstandene neubildungen (statt formen auf -all) nach den später synkopierenden kasus anzusehen sind. (Hugall, smugall statt der lautgesetzlich a-umgelauteten *hogall, *smogall sind wol am ehesten von hug sinn, resp. smuga loch beeinflusst). S. Noreen, I. F. XIV, 396 ff. und vgl. anm. 3.
Anm. 2. Die form -inde, welche in den ältesten hdschr. überhaupt nicht vorkommt, ist wol durchgehends nach § 147 und § 149 aus -ændi und -yndi entstanden, also nur scheinbar ablautend. Die formen beruhen sicherlich grossenteils auf zusammenstzung mit einem adj. *wandia mit der nebenform *wundia, die entweder ablautend (s. Falk, Beitr. XIV, 50) oder wol eher nach § 226 entstanden ist. S. § 149.
Anm. 3. Aus einem gegensatz wie Heþenn (anorw. Hiþin nach § 63, 3) ein mannsname : hiaþningar (*heðan-) Hedin und seine leute dürfte hervorgehen, dass in ur. zeit, wenigstens bei einigen wörtern, die suffixformen -in- und -an- innerhalb eines paradigmas derart verteilt waren, dass jene nebentonig und daher später nicht synkopierend, diese unbetont und daher später synkopierend wr. Vgl. anm. 1.
§ 174. Aisl.-anorw. a hat folgenden ursprung (vgl. § 195, 1):
§ 175. á ist:
Anm. Ueber á als orthographischer stellvertreter des älteren ǫ́ s. § 107.
§ 176. e (vgl. § 188) hat folgenden ursprung:
§ 177. é hat sehr verschiedenen ursprung:
Anm. Hie und da beruht é auf entlehnung aus dem deutschen oder ags., z. b. klénn klein, þéna (ags. þēnian aus þeᵹnian?; die echt nordische form þióna ist dann ein verschiedenes wort, aber vielleicht ist þéna eine kontamination von þióna zu þiónn diener und mndd. dēnen — vgl. þerna § 172 anm. 3 — oder auch aus *þewanōn entstanden, vgl. urn. þewaʀ diener) dienen, bréf brief, lén (echt nordisch lán § 54, 1) lehn.
§ 178. i vertritt:
§ 179. í entspricht:
§ 180. o entspricht (vgl. § 199 und § 210):
§ 181. ó hat sehr verschiedenen ursprung (vgl. § 200):
Anm. Ueber ó als orthographischer stellvertreter des ǫ́ (á) s. § 107.
§ 182. u entspricht (vgl. § 201, 3 und 4):
§ 183. ú entspricht:
§ 184. y hat folgenden ursprung (vgl. § 203):
§ 185. ý hat sehr mannigfachen ursprung:
§ 186. ǫ (vgl. § 204) ist überall durch u- oder w-umlaut eines a entstanden, s. § 77, 1 und § 82, 1.
§ 187. ǫ́ ist zweierlei ursprungs:
§ 188. Anorw. æ (aisl. überall durch e ersetzt, s. § 117; vgl. § 176, 3) ist (vgl. § 205):
§ 189. ǽ hat folgenden ursprung (vgl. § 206):
§ 190. ø hat sehr mannigfachen ursprung (vgl. § 207):
§ 191. ǿ hat ebenso sehr verschiedenen ursprung (vgl. § 208):
§ 192. au (ou, s. § 98, 1) hat folgenden ursprung:
§ 193. ei (æi § 97, 1) entspricht:
§ 194. ey (øy § 99) ist:
§ 195. ia hat folgenden ursprung:
Anm. Ueber ia im anorw. giagnum s. § 263 anm. 1.
§ 196. iá ist:
Anm. Ueber iá in giár, giáta s. § 263 anm. 1.
§ 197. ie ist nur aisl. und entspricht:
§ 198. ié ist nur aisl. und immer aus älterem é entstanden, s. § 103.
§ 199. io (vgl. § 204) hat folgenden ursprung:
§ 200. ió hat sehr mannigfachen ursprung:
§ 201. iu ist überhaupt selten und zwar als:
§ 202. iú ist:
§ 203. iy ist sehr selten und immer i-umlaut von iu, § 63, 12.
§ 204. iǫ (io) ist immer durch u- oder w-umlaut von ia sowie u-brechung von e entstanden, s. § 77, 9, § 82, 7 und § 89.
Anm. Ueber iǫ in giǫrr, giǫgnum s. § 263 anm. 1.
§ 205. iæ (aisl. ie, s. § 197, 1) ist i-umlaut von ia, s. § 63, 9; im anorw. auch durch progressiven j-umlaut aus ia entstanden, s. § 70, 1.
§ 206. iǽ ist mnorw. durch progressiven j-umlaut aus iá entstanden, s. § 70, 2.
§ 207. iø ist in ältester zeit sehr selten und immer i-umlaut von io, s. § 63, 10; später auch durch progressiven j-umlaut aus io entstanden, s. § 70, 3.
§ 208. iǿ ist selten und urspr. nur durch i-umlaut aus ió entstanden, s. § 63, 11; dann mnorw. auch durch progressiven j-umlaut aus ió, s. § 70, 4.
§ 209. ua, ue, ui (anlautend va, ve, vi) sind entstanden aus:
§ 210. uá, ué, uí (anlautend vá, vé, ví) sind entstanden aus:
§ 211. uo vertritt im misl. selten älteres ue, s. § 86 anm. 1.
§ 212. uǫ, uǫ́, uæ, uǽ, uø, uǿ (anlautend vǫ, vǫ́ usw.) sind immer aus w + ǫ, ǫ́, æ, ǽ, ø, ǿ, über deren ursprung s. §§ 186-191, entstanden. Vgl. aber bes. für uǫ § 77, 10 und § 82, 8; uǫ́ § 77, 11; uæ § 63, 15 und § 68, 9; uǽ § 63, 16; uø § 82, 9 und 12.
§ 213. Das seltene anorw. ǽi (über æi s. § 193) entspricht älterem ǽ, s. § 96.
§ 214. Die triphthonge uau (uou), uei (uæi), uey (uøy) sind immer aus w + au, ei, ey, über deren ursprung s. §§ 192 -194, entstanden.
§ 215. a entspricht:
Anm. Ueber a als urn. svarbhaktivokal s. § 142.
§ 216. e und i nach § 145 wechselnd, entsprechen:
Ohne mit i zu wechseln, kommt e ausserdem vor:
§ 217. o und u nach § 146, 1 und 2 wechselnd, entsprechen:
Nur ausnahmsweise mit u wechselnd kommt o ausserdem vor:
Ohne mit o zu wechseln, kommt u ausserdem vor:
§ 218. Von den übrigen vokalen kommen in schwachtoniger stellung nur y, æ und ø, alle verhältnismässig selten, vor und zwar:
Anm. Ueber die diphthonge in schwachtoniger silbe s. § 354 und § 355.
§ 219. Das urnordische übernahm aus urgerm. zeit folgende konsonanten:
labiale | dentale | palatale u. velare | ||
Explosivæ: | stimmlose: | p, pp | t, tt | k, kk |
stimmhafte: | b, bb | d, dd | g, gg | |
Spiranten: | stimmlose: | f, ff | þ, s, þþ, ss | h, hh |
stimmhafte: | ƀ — | ð, z, — | ᵹ — | |
Nasale: | m, mm | n, nn | ŋ — | |
Liquidæ: | — | l, r; ll, rr | — | |
Halbvokale: | w, ww | — | j, jj |
Anm. 1. b, d, g kamen wahrscheinlich nur nach den entsprechenden nasalen vor; d ausserdem nach l (sofern dies nicht wegen assoziation kakuminal gewesen ist, s. Pipping, Stud. nord. fil. VI, 5, s. 25 ff.). Vgl. Paul, Beitr. I, 147 ff.
Anm. 2. Urgerm. ff, þþ, hh waren sehr selten, sodass ff und hh überhaupt nicht im an. durch sichere belege vertreten sind; s. Kluge, Beitr. IX, 157 ff.; Kaufmann, ib. XII, 504 ff.; Lidén, Arkiv IV, 98 f.; v. Friesen, Om de germ. mediageminatorna, s. 10 und 115 f.
Die entwickelung dieser laute innerhalb des (urnordischen und) altwestnordischen wurde durch folgende lautgesetze bestimmt.
§ 220. Die stimmhaften explosivæ d, g in den verbindungen nd, ŋg und ld (s. § 219 anm. 1) werden im urspr. (d. h. vor der synkope) urn. auslaut einer starktonigen silbe zu t, resp. k (aus nt, ŋk wird später tt, kk nach § 266, 2 und 3), z. b. imperat. bitt, sprikk, gialt, prät. batt, sprakk, galt zu binda binden, springa zerspringen, gialda bezahlen. Scheinbare ausnahmen wie imperat. bind, vald, giald, hald, gang, prät. sprang neben gew. bitt, valt, gialt, halt, gakk, sprakk zu binda, valda walten, gialda, halda halten, ganga gehen, springa sind dem infinitiv, präs. pl. u. a. nachgebildet. — Nach schwachtonigem vokal scheint nd zu nn geworden und dann wie jedes solche nach § 299, 5 geschwunden zu sein, z. b. 3. pl. präs. ind. binda (got. bindand) binden.
Anm. 1. Der übergang ist früher als die synkope eines auslautenden nasalierten a nach langer wurzelsilbe (§ 153, 6) durchgeführt worden, wie aus dem erhaltenen d, g in formen wie acc. sg. band (urn. *bandą) band, giald bezahlung, gang gang erhellt.
Anm. 2. Ein entsprechender übergang -mb > -mp (-pp nach § 266, 1) ist wol anzunehmen, wenn auch sichere beispiele fehlen.
§ 221. Die stimmlose spirans þ wird zu:
Anm. 1. Durchsichtige zusammensetzungen behalten oft þ nach massgabe des simplex, z. b. arfþege erbe, hiorþing schlacht, Suíþióð Schweden, alþýða das ganze volk, íþrótt kunst u. a. seltneren lautgesetzlichen formen wie arfðege, Hiorðing, Suíðióð, alðýða, íðrótt usw. zu resp. þiggia empfangen, þing gericht, þióð volk, þróttr stärke u. a. (s. Falk, Arkiv V, 120). Vgl. noch Lindroth, Namn och bygd III, 41 ff.
Anm. 2. Die urn. inschriften bis gegen 700 (z. b. noch Eggjum, s. Olsen, No. I. III, 189 note 3) scheiden noch etymologisch zwischen þ und ð (s. Bugge, Aarbøger 1884, s. 86). aber schon um 775 zeigt sich eine verwechselung, die wol wenigstens für Schweden den übergang þ > ð beweist, z. b. die umgekehrte schreibung Sölvesborg wᴀþ(i) ein mannsname (ags. Wada, ahd. Wato). In Dänemark wiederum scheint dieselbe verwechselung weit früher belegt zu sein durch Overhornbæk auþa (ags. Éada, ahd. Ōto) c. 550. Ob sie in Norwegen schon c. 650 durch By m[arki]þė? belegt ist, (vgl. ebendaselbst alaifu ? st. -ƀu) bleibt unsicher.
§ 222. Die stimmlose spirans h (deutsch ch) wird zu:
Anm. 1. Der übergang ist wol schon durch siᵹaðuʀ (Svarteborg) st. -haðuʀ, aber jedenfalls aus dem anfang der vikingerzeit bezeugt durch das air. lehnw. elta knopf oder schutzvorrichtung am schwert, urn. *helta (aisl. hialt).
Anm. 2. Dialektisch werden hl, , hn, hr weiter zu gehauchten l, n, r (geschrieben nh, rh; lh ist noch unbelegt) entwickelt. Der übergang ist schon etwas nach 700 bezeugt durch die schreibung der Vatner inschrift: rhoᴀltʀ statt urn. *Hrōþuwalðuʀ oder -aʀ (aisl. Hróaldr); dann etwas vor 1100 durch den spitznamen Nhaki statt Hnakke in einer inschrift aus Man (s. Bugge, Aarbøger 1899, s. 236). Vgl. weiter Noreen, Geschichte³, s. 13, § 8, 6.
Anm. 3. Der übergang ist wenigstens älter als die in § 112, 2 und § 110, 3 übergänge u > o (>ó) und i > e (>é) vor h. Sonst wären ja formen wie uxe ochs, víxl wechsel unmöglich; vgl. § 110 anm. 5 und § 112 anm. 4.
§ 223. Die stimmhaften spiranten ƀ, ð, ᵹ werden zu:
Anm. 1. Schon urn. zusammensetzungen behalten im sekundären inlaut einstweilen die spirantische aussprache nach ausweis air. lehnwörter wie Trevan 830, Colvan (aus Kolƀainn), s. Marstrander, Bidrag s. 106; ebenso ióþís (im Yynglingatal) zu iór pferd und dís hehre frau (die form ióðdís in Snorra Edda beruht wol auf volksetymologischem anschluss an ióð neugeborenes kind). Vgl. aschw. Ōwrādher st. Ōbradher u. a., s. Noreen, An. gr. II, § 225 anm.
Anm. 2. Der übergang scheint um 700 durch die umgekehrte schreibung -sƀᴀ Björketorp st. -spā prophezeiung bezeugt zu sein.
§ 224. Die stimmhafte spirans urgerm. z (weiches s) ist in den ältesten finnisch-lappischen lehnwörtern noch als spirans erhalten, z. b. finn. armas (got. arms, aisl. armr) elend, tiuris (aisl. dýrr) teuer u. a., später aber — vielleicht schon vor 550 (s. anm. 1) — allgemein (vgl. aber 2 unten)
Anm. 1. Dass urn. ʀ wirklich einen r- und nicht einen s-laut bezeichnet, ist vielleicht aus Jordanes fervir einwohner von Fjäre zu erschliessen (s. Bugge, No. I. II, 511). Beispiele aber, wo man bisher verwechselung von ʀ und r angenommen hat, sind alle hinfällig.
Anm. 2. Diese assimilation muss sehr früh, vor dem eintritt des ʀ-umlautes (ob auch vor dem übergang z > ʀ? so Setälä, Journal de la Société Finno-ougrienne XXIII, 1, s. 34, dagegen aber Karsten, Neuphilologische Mitteilungen 1906, nr. 12, s. 15 f.), durchgeführt worden sein; sonst würde man ja ʀ-umlaut des vorhergehenden vokals (§ 71) finden.
Anm. 3. Ueber eine, vielleicht schon urgerm., assimilation zl > ll in knylla schlagen zu knosa zerstossen, hrolla zittern zu hriósa schaudern s. Kluge, Beitr. VIII, 524.
Anm. 4. Ist zm (ʀm) — oder ðm (s. § 268 anm. 3) — zu mm, woraus dann nach § 285 anm. 1 m, geworden in dem häufigen þykke mér statt þykker mér (oder þykkeþ mér) es scheint mir? Vgl. þykke þér aus *þykkeþ þér nach § 241 (vgl. § 285 anm. 1).
§ 225. mn wird zu ƀn, z. b. nafn name, safn sammlung (zu saman zusammen), hefna rächen und hafna verwerfen neben hemia hemmen, dat. sg. hifne (anal. wieder himne) und gafne (gamne) zu himenn himmel, resp. gaman freude; hierher wol auch der schlangenname Fáfner (< Faðmnir § 292; auch Famner, s. M. Olsen, Vǫlsunga saga, s. XXVIII) neben anorw. Faðmer ‘umarmer’ wie anorw. (s. Hertzberg) fafn neben gew. faðmr busen (vgl. adän. fafnæ neben aisl. faþma umarmen).
Anm. 1. Die erscheinung stammt vielleicht zum teil schon aus urgerm. zeit, s. Noreen, Urgerm. lautl. s. 140 f.; Brugmann, Grundriss d. vgl. gram.² I, 383; dagegen J. Schmidt, Kritik der sonantentheorie, s. 133 ff.
Anm. 2. Dies ƀn kann später wieder zu mn werden, s. § 237, 2.
§ 226. Die halbvokale j, w werden, wo sie durch synkope des folgenden sonanten antekonsonantisch oder auslautend zu stehen kommen, sonantisch d. h. zu silbenbildendem i, resp. u. Insofern diese neuerschaffenen sonanten schon vor der allgemeinen i-, resp. u-synkope (s. § 153) entstanden sind, werden sie gleichzeitig mit altem i, u synkopiert (s. v. Friesen, N. Spr. I, 3 ff.), z. b. urn. Harja- > später Hari- > aisl. Har- in mannsnamen (s. § 69); urn. dat. sg. kunimu[n]ðiu Tjurkö aus *-iwi ein mannsname; urn. *ᵹarwaʀ (ahd. garwēr) bereit und acc. *Siᵹitriggwa (vgl. got. triggws) ein mannsname > in der vikingerzeit karuʀ, resp. Siktriku (s. § 153, 7 und 77, 5, a) > aisl. gǫrr, resp. Sigtrygg; vgl. aschw. nakudher nackt durch kontamination von nakwidher : acc. *nak(u)ðan (aisl. nøkkueþr : nǫkþan, s. § 159). Sonst bleiben i, u, z. b. bei enklitischer verwendung von *weg in hinnog dort, þannog dahin, huernog wohin, huersog wie (s. § 158), oder wo die pänultima späterer zusammensetzungsglieder mit der zeit zu völliger unbetontheit niedersinkt und daher der synkope anheimfällt, z. b. ǫndugi hochsitz statt des älteren ǫndvege, (andvege, s. § 79), dǫgorþr neben -verþr frühstück, ǫndorþr neben -verþr vorwärts gerichtet, wol auch fälle wie harþynde (ags. heardwende) härte, heilynde (ags. hálwende) gesundheit (s. § 173, 2 mit anm. 2), Aun(n) Edwin durch kontamination von *Auwinn (bei Einhard als Aovin belegt; aus *Auðvinʀ, s. § 228; latinisiert Auduen(n)us, s. Lind, Dopnamn, s. 105 und 1278, air. Oduind, ags. Eádwine) und gen. Auþunar (wonach nom. Auþon, -onn, wie umgekehrt nach Aunn der gen. Aunar entsteht), gen. Ingunar zu Ynguinn (s. Noreen, Namn och bygd VIII, 1 ff.), Hákon(n) neben anorw. latinisiert Haquinus (air. Acuind; anorw. und aschw. durch kontamination Háquon, s. Noreen a. o.) mannsnamen oder Biorgyn Bergen statt urspr. Biorgvin (zu vin, gen, viniar weideland) : gen. Biorgyniar (< *-uniar durch j-umlaut), später auch durch kontamination Biorgin, gen. Sigyniar (wonach nom. Sigyn) zu nom. *Sygvin oder (s. Lind, a. o. s. 901) durch kontamination Sygin ein frauenname; u. a. dgl.
§ 227. jj (got. ddj) und ww (got. ggw) werden wenigstens im anfang der vikingerzeit zu ggj, resp. ggw. Nach dem urn. niuwila Næsbjærg ein mannsname zu urteilen wäre der übergang nicht (früh)-urnordisch (sonst stände *Niᵹwila); vgl. aber Bugge, Arkiv VIII, 22. Jedenfalls ist aber das finnische lehnwort kuva bild (aisl. skugge, got. skuggwa, s. unten 2) vor dem übergang entlehnt worden (s. Karsten, Germ.-finn. Lehnwortstudien, s. 151).
§ 228. ð altes oder nach § 221, 1 aus þ entstandenes schwindet sporadisch vor w (s. Noreen, Arkiv VI, 315 ff.), z. b. die personennamen Hrólfr (ags. Hróðwulf) Rudolf, Hǫ́lfr (urn. hᴀþuwulafʀ Istaby, -wolᴀfʀ Stentoften), Ǫ́lfr (belege dieser schreibung gibt Bugge bei Fritzner III, 1105 und Lind; aschw. run. Āulfr, ags. Æðwulf) Adolf. Ǫ́nn, Ǫ́n (mnorw. oft nach § 116 Ón, s. Rygh, Gamle personnavne s. 10, och Lind, Dopnamn, neben Án; ahd. Advin), Aunn, Aun neben Auþon(n) Edwin (s. § 226), mnorw. Awwlff (s. Lind) neben gew. Auðulfr, Kǫ́lfr (ahd. Cathwulf, ags. Ceaðwulf), pl. mó(þ)ylfingar nachkommen von Móþulfr, Hróaldr (ahd. Hrōdowald, vgl. § 235, 1, d), Hróarr (*Hrōþu[ᵹ]āʀʀ, ags. Hróðᵹár) Rüdiger; ferner þý(þ)verskr deutsch, pl. Unavágr mythischer ortsname zu unaþ genuss. Vgl. aber mit ðw — wol im allgemeinen durch einfluss verwandter wörter — z. b. Bǫþuarr, Bǫþuildr (s. § 134, a), stǫþua hemmen, vǫþue muskel u. a.
Anm. Das alter (spätestens bald nach 700) der erscheinung wird durch rhoᴀltʀ = Hróaldr in der Vatner inschrift erwiesen. Uebrigens zeigt die entwickelung *Hrōþuwolfaʀ > *Hrōðwolfʀ > *Hrō(w)olfr > Hrólfr u. dgl., dass der vorgang nach der betreffenden u-synkope aber vor dem schwunde des w vor o stattfindet.
§ 229. ᵹ fehlt ohne ersichtliche regel im anlaut einiger späteren zusammensetzungsglieder: -gísl (-gisl § 127, 2, -gils § 4), -geirr, -genge, z. b. die mannsnamen Aþisl (Aþils, alt wol noch Aþgils, s. Sievers, Beitr. XII, 487), mnorw. Auðels neben Auþgísl (ags. Eádᵹils); Hróarr (s. § 228, § 151, 1; ags. Hróðᵹár), Þórarr (Þorgeirr, s. § 54, 3, b; air. Tomrair), Óttarr (aisl. auch *Ottir, s. Marstrander, Bidrag, s. 89 und 156), ferner nafarr (ahd. nabagēr) bohrer; vǽringe, forninge, lanzofringe, anorw. unningi (undingi), hǫfþinge, erfinge, brautinge, frelsinge, lausinge, hamingia s. § 149 (Bugge, Arkiv II, 224 f.); leiþangr kriegszug zur see zu gangr gang (s. E. Olson, De appellativa substantiven, s. 206).
Anm. Wenigstens in den namen auf -isl fehltdas ᵹ schon in der vikingerzeit nach ausweis des mannsnamens aschw. pl. Hąislaʀ (Rök).
§ 230. h schwindet:
§ 231. j schwindet anlautend, z. b. ár jahr, ok joch, ungr jung, enn (got. jains) der, ostr (finn. juusto) käse, ýsa (lapp. jukso) gadus aeglefinus, ?einer (lat. jūni-perus, s. Tamm, Arkiv II, 347 f.) wacholder, eykr zugvieh (vgl. got. juk joch), iól (ags. ᵹeohhol) weihnachten, ýler (got. jiuleis) weihnachtsmonat, iokoll (vgl. ags. ᵹicel) eiszapfen.
Anm. 1. Eine scheinbare ausnahme, die bejahende partikel iá (got. ja) erklärt Lidén, Arkiv III, 235 ff. Iaga jagen, iungfrú jungfrau u. dgl. sind (spät) aus dem deutschen entlehnt.
Anm. 2. Dass schon um 550-650 j geschwunden war, beweisen die inschriften von Fonnås und Istaby, wo die alte jāra-rune die bedeutung ᴀ, d. h. a (nicht mehr j) hat. Ihr name war also schon damals ār (nicht mehr jāra), wie im Abecedarium nordmannicum.
§ 232. m ist wol (wie n, s. § 233) vor s geschwunden, z. b. láss (*lamsaʀ zu aisl. lǫm türangel an einem kästchen, lat. lammina metallplatte, s. Noreen, Arkiv III, 13) riegel, ?áss (got. ams schulter, s. Torp, Nyno. et. ordbok) bergrücken.
§ 233. n schwindet (vielleicht schon in vorchristlicher zeit, s. Wiklund, Le Monde Oriental V, 235) vor s, z. b. aaðaᵹasu Vi ein frauenname zu aisl. gǫ́s gans, gen. asuᵹisalas Kragehul und acc. asmu[n]t Sölvesborg mannsnamen zu aisl. ǫ́ss gott (vgl. got. Ansi- in namen), báss (nhd. banse) kuhstall, fúss (ahd. funs) willig, ístr (nhd. instr) schmer, ós, ǿs (oss, øss s. § 112, 1) uns, ósk wunsch, ǫ́st (got. ansts) liebe, Ratatoskr (s. § 112, 1) mythisches eichhörnchen, ǽs (vgl. lat. ansa griff) schuhloch.
Anm. 1. Ob die erst misl. je 1 mal belegten hunsl, -a (s. Unger, Heilagramanna sögur I, 41, 394) neben gew. húsl (s. § 112 anm. 1) auf ausgleichung von *hunisla- : *hunsla- beruht (s. v. Grienberger, Untersuchungen zur got. wortkunde s. 122; anders, aber unannehmbar, Kock, Arkiv XV, 327 note), bleibt sehr unsicher.
Anm. 2. Auch vor þ eines späteren zusammensetzungsgliedes ist n verstummt nach ausweis von uþᴀrᴀƀᴀsƀᴀ Björketorp unglücksprophezeiung.
§ 234. r schwindet vor wo, wu (vor dem schwunde des w nach § 235, 1, a) um 800 (s. Noreen, Arkiv VI, 303 ff.; anders Kock, Arkiv IX, 154 ff.), z. b. Þóolfr (ags. lehnw. Toulf, s. Björkman, Nordische personennamen, s. 63 mit note 3) > Þólfr neben Þórolfr (*-wolfʀ), Stólfr neben Stórolfr mannsnamen, naumr (*narwurmʀ, vgl. as. naru, ags. nearu) eng. Ebenso wo w nach § 223, 3 aus ƀ entstanden ist, z. b. aumr (*arƀumʀ) neben armr (*arƀm-) elend, haust (*harbusta, vgl. ahd. herbist, ags. hærfest) herbst. — In fällen wie dat. spǫrfum zu nom. spǫrfar sperlinge u. dgl. war die verbindung rwu zur zeit des r-schwundes nicht vorhanden (s. § 235 anm. 1).
§ 235. w, sowol altes wie nach § 223, 3 aus ƀ entstandenes, schwindet:
Anm. 1. Durch einfluss verwandter formen kann das w anal. erhalten resp. wieder eingeführt werden, z. b. prät. s(u)ór zu sueria schwören; umgekehrt auch anal. entfernt werden, z. b. k(u)efia niederdrücken (nach prät. kóf), k(u)afna ersticken, gata, suala, tiara, fiara statt *gǫtua usw., s. § 84 anm. — Nachdem w zu v (f) geworden ist (s. § 250), kann die analogische einführung dieses lautes natürlich noch leichter vor sich gehen, z. b. prät. pl. vunnum statt unnom zu sg. vann, part. prät. vunninn statt unnenn zu vinna ausführen, vorþinn statt orþenn zu verþa werden, prät. (v)óx zu vaxa wachsen, dat. pl. spǫrfum statt spǫrom nach nom. spǫrfar < spǫruar zu spǫrr sperling, máfum nach máfar zu mór (anal. már, später auch máfr) möve, dat. sg. f. gǫrfri nach acc. gǫrfa < gǫrua zu gǫrr fertig. Beisp. zeigen sich schon um 1250, am frühesten in anorw. hdschr. (z. b. AM. 310, 4º), dann in aisl., wo aber diese erscheinung immer ziemlich selten bleibt.
Anm. 2. Das auffallende lófe (aschw. lautges. lōe, finn. luuva, vgl. gr. ἀλωϝή) dreschtenne hat wol sein f von der nebenform láfe (s. § 83, § 171) bekommen.
Anm. 3. Vor kons. i scheint w ebenfalls zu schwinden, z. b. hiól (ags. hwéol) rad, siót (Vǫlospǫ́ 40, 3, Hyndlolióþ 43, 8, Fiolsuinzmǫ́l 1, 3, Biskupa sögur I, 647; ags. swéot) schar.
Anm. 4. Wo w sonst geschwunden ist, beruht dies auf dem einfluss verwandter formen, z. b. ykkar (got. igqar) euer (von zweien) nach ykkor, ykkrom, -rer usw., yþ(u)arr euer (von mehreren) nach yþor, yþrom u. a., tyr(u)e kien nach den synonymen tyro-tré, tyr-viþr u. dgl., Fyr(u)e ein ortsname nach fiara strandwasser, kuik(u)ende animal nach kuikr lebendig, keyk(u)a neben kueikia beleben (s. § 82, 13), anorw. Bløykin ein ortsname statt *-vin nach bleikr bleich, dáenn tot (s. § 163, 1), mý(f)ell (*mūwilaʀ, s. Falk, An. Waffenkunde, s. 87 note) ball nach pl. mýlar, áe urgrossvater neben afe grossvater (s. Kock, I. F. V., 163 ff.), Leik(v)angr ein ortsname nach kaupangr stadt, Biorg(v)in § 226, Sygin mythischer frauenname durch kontamination von *Sygvin : gen. Sigyniar (anal. auch nom. Sigyn, Sigun, gen. Sigunar, vgl. § 226), siá < séa < *sehan (st. *sefan, got. saíƕan) sehen nach prät. *sah > sá, 1. pl. präs. *sehum > sióm u. dgl., þiá (aus þéa nach § 133, b, 2), prät. þiáþa durch ausgleichung einer flexion *þefa (got. gaþiwan), prät. *þéþa knechten, Haraldr § 148, gá beachten st. *gafa (mengl. ᵹawen, s. Björkman, Nord. stud. s. 169 ff.) nach prät. gáþa, pl. firar männer (as. gen. pl. firiho, und vgl. aisl. fior leben § 124, 2) neben fioruar und fyruar (vgl. got. fairƕus welt), hiá ‘neben’ (s. § 405). Im anorw. s(u)ívirðing missachtung könnte wol der w-schwund dissimilatorisch sein.
Anm. 5. Sá (4 mal in St. Hom., nicht selt. im anorw., s. Hertzberg) neben gew. suá ‘so’ ist wol eine kontamination von suá und só (s. § 171 und § 77, 11). Pá neben dem wol anal. neugeschaffenen páe (z. b. Sn. E. II, 489, Njála I, 325, 351, Fornm. sögur II, 19, Kormaks saga 1832, s. 118; mitteilung R. Arpi's) pfau ist wol mittelenglisches lehnw. (s. Kock, I. F. V, 166).
§ 236. þ schwindet vor l, z. b. mál (got. maþl) sprache, nǫ́l (got. nēþla) nadel, stál (ahd. stadal) der einer halbstrophe eingefügte parenthetische satz, heuschober, válaþ (zu ahd. wadal) elend, síl (*sīþla-) ein fischname neben síld hering (*sīðla-, s. E. Smith, Maal og minne 1910, s. 141).
Anm. Das auffallende anorw. (und aschw.) mall (s. Hertzberg) statt gew. mál ist wol mit wgerm. mallo- in Lex salica u. a. zu vergleichen.
Ohne zweifel sind mehrere der im folgenden behandelten lautgesetze auch der urnordischen zeit zuzuschreiben, was jedoch zur zeit nicht erweisbar ist.
§ 237. ƀ unterliegt folgenden veränderungen:
Anm. Ueber die weitere entwickelung von fs, ft zu ps, pt s. § 240 anm. 4.
Anm. 2. Unklar sind aisl. þermlask (sehr selt. þerflask) entbehren zu þǫrf bedürfnis; huilmt : huilft (vgl. got. ƕilftri sarg) höhle, ntr. féskylmt : -skylft < skyflt (s. § 313, 1; zu skyfla vergeuden) geldvergeudend; ialmr : -ialfr (selt.) geräusch; anorw. hæim(f)t : aisl. heipt (got. haifsts, vgl. § 291 anm. 2) hass; mnorw. gen. Óleims st. Óleifs Olafs. Ueber anorw. Ælmtrartiorn ein ortsname zu ælftr (vgl. ält. ndän. elmte) schwan (vgl. nschw. Ämterud = anorw. *Ælftruð, s. Noreen, Namn och bygd I, 9f). Aus lat. scamellum, scabellum entlehnt ist skemell, resp. skefell schemel.
Anm. 3. Seltene schreibung (s. z. b. Bugge, Helge-Digtene, s. 343) wie sopna (sofna) einschlafen, dat. hipni (hifni) himmel sind vielleicht nur schreibfehler (s. Brieskorn, Arkiv XXV, 168).
Anm. 4. Mnorw. kommt bisweilen b auch vor ð vor, z. b. hæbdhi (< hæfði) hatte, libde (< hlífðe) schützt, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 126 f. und II, 2, ɪɪ, s. 40. Vgl. das nisl.
§ 238. ð (altes oder nach § 221, 1 entstandenes) ist ebenso in mehrfacher weise verändert worden:
Anm. 1. Schreibungen mit ðd, þd (s. § 44, 2 mit anm. 2) beruhen auf analogischem anschluss an formen mit einfachem ð, þ (z. b. fǿðda, fǿþda nach fǿða, fǿþa), s. Hoffory, Arkiv II, 31 f., note.
Anm. 2. Nach konsonanten tritt ðð teils (z. b. immer im Cod. AM. 310, 4º) als d (aus dd nach § 283), teils (nach § 245, 2) als aisl. þ, anorw. ð auf, z. b. prät. hirda (hirðda, hirþda, s. anm. 1) und hirþa, hirða zu hirþa, hirða bewachen. Spätere formen wie prät. hirta (aus hirð-ta) haben zur verdeutlichung des tempus nach der analogie anderer verba mit lautgesetzlichem t (wie rǽna rauben, prät. rǽnta) t angenommen.
Anm. 3. Ueber zð (ʀð) > dd s. § 224, 2.
Anm. 4. Ueber vereinzelte, auf neubildung beruhende, fälle wie sǽlþ glück, huilþ, girnþa, s. Celander, a. o. s. 4 ff., 9 ff. und — wol besser — Pipping, Stud. nord. fil. VI, 5, s. 23 f., 38.
Anm. 5. Wo also in älterer zeit d nach einer kurzen auf l, n auslautenden silbe auftritt, wie in prät. selda zu selia verkaufen, vilda zu vilia wollen, skylda zu skolo, skulu sollen, munda zu mono, munu werden, hat keine synkope stattgefunden, sondern d ist nach § 219 anm. 1 zu beurteilen, also schon urnord. So vielleicht auch in Vǫlsungasagas (s. M. Olsens ausg., s. XXVII) skillde (vgl. sellda u. dgl.) scheidete gegenüber kulde, kualde, valde u. dgl.
Anm. 6. Die mittelstufe þ zeigt sich in runeninschriften, z. b. raisþi (er) richtete auf.
Anm. 7. Wo also in den ältesten hdschr. t nach f, p ausschliesslich herrscht, wie in prät. þurfta, keypta zu þurfa bedürfen, kaupa kaufen, ist t schon urgermanisch. þurfta ist got. þaúrfta; über keypta < keyfta (§ 240, 2) < *køyftða (§ 268, 2, § 283) < *kauftiðō zu kaufta (ahd. koufta) s. Noreen, Språkvetenskapliga sällskapets i Upps. förhandlingar 1916-1918, s. 96 ff.
Anm. 8. Helfþ, -t hälfte neben lautgesetzlichem (anorw.) hælfð, -d (*halƀið-) ist wol nach tylft zwölfter u. dgl. umgebildet worden (vielleicht zum teil unter fremdem einfluss; vgl. mndd., afries. helft); ebenso anorw. þýft, aisl. þýfþ (*þiuƀið-) diebstahl nach þyrft bedürfnis u. a.
Anm. 9. Vor f ist derselbe übergang belegt durch anorw. statfesta feststellen (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 125).
Anm. 10. Die textausgaben haben hier gewöhnlich etymologische schreibung mit ðs.
Anm. 11. Auch hier haben die meisten textausgaben etymologische schreibung mit ð.
Anm. 12. Formen wie acc. bet statt beþ bett, prät. kuat statt kuaþ sprach, misl. bat (Olson, Yngvars saga, s. LI) st. baþ bat u. dgl. sind wol aus gen. bez, pass. kuazk (s. oben d), bazk abstrahiert (anders Celander, a. o. s. 94 f.). Natürlich können so auch formen wie forat (-aþ) gefährliche passage, høfut (hǫfoþ) kopf erklärt werden. — Misl. imperat. vert (z. b. Bósa saga, Jiriczek's ausgabe s. 18⁷) statt verþ ist aus verttu (verþ-þú nach § 241) abstrahiert. Wegen mnorw. vart (Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 126) wurde vgl. Noreen, An. gr. II, § 260 anm. 7 (schluss).
Anm. 13. Was bedeutet tð statt ð, z. b. matðr (maðr) mann, ytðr (yðr) euch, bitðia (biðia) bitten u. a. im anorw. (Þiðreks saga)? Eine vermutung bei Celander, a. o. s. 96.
Anm. 14. Auf dissimilation beruht wol ð > r in anorw. hǫfuðbarmr (-baðmr) männliche seite (stammbaum, hauptzweig), ais. hróþrbarmr ‘ruhmbaum’ (doch auch ǽttbarmr, -baþmr stammbaum). Aber anorw. lanzøyra neben landøyða verwüstung eines landes? Suíþior (Ágrip) st. Suíþióð ist dittographie (s. Brieskorn, Arkiv XXV, 148).
Anm. 15. Ein dialektischer übergang ðm > nm (vgl. An. gr. II, § 257 anm. 7) ist durch anorw. vanmál (z. b. Hægstad, G. Tr. s. 73) neben vaðmál kleiderstoff und häufiges mnorw. Gunmundr st. Guðmundr ein mannsname belegt.
Anm. 16. Ueber rð > kakum. l s. § 252 anm.
Anm. 17. Anorw. l statt ð vor b ist im mannsnamen Gulbrandr (wie auch im aschw.) belegt (s. E. Schröder, ZdfA. L, 222 f. und bes. E. Noreen, Namn och bygd IX, 53).
§ 239. ᵹ wird in folgender weise verändert:
Anm. 1. Der übergang in k vor t ist früher in unbetonten silben eingetreten als in betonten, welche in den allerältesten aisl. hdschr. noch immer g aufweisen; vgl. Hoffory, Arkiv II, 19 ff., Wadstein, F. Hom. s. 110.
Anm. 2. Dialektisch und selt. tritt derselbe übergang im schwachtonigen auslaut ein, z. b. aisl. þannok (Unger, Alexanders Saga, s. 51) neben þannog dorthin, anorw. allrek (s. Hertzberg) statt aldrege nie; vgl. (§ 238, 2, f und) An. gr. II, § 258, 3.
Anm. 3. Vor þ ist ᵹ > k im mannsnamen anorw. Hakþorsson neben Hag- (vgl. aschw. Haghþorn).
Anm. 4. Daher erklärt sich, dass statt etymologisch berechtigten ng nicht selten gn geschrieben wird, z. b. gen. fagns (fangs) zu fang griff, empfang, ntr. lagnt statt langt langes u. dgl.
§ 240. Ueber f ist folgendes zu bemerken:
Anm. 1. Dass derselbe übergang lautgesetzlich auch da eintrat, wo f als anlaut des späteren gliedes eines zusammengesetzten wortes stand, geht aus schreibungen wie air. Torbend aus *Þorƀinnr st. -finnr (s. Marstrander, Bidrag s. 105), (anorw.), Þorvastr < Þorfastr (dazu der kurzname Vaste statt Faste) ein mannsname, tuévalldr < tuéfaldr doppelt u. dgl. hervor. So auch nach ᵹ dann und wann; z. b. mnorw. Si(g)vaster (-faster) ein mannsname.
Anm. 2. Dass dieser übergang nicht der urn. zeit, sondern erst dem 9. jahrh. (s. Marstrander, Bidrag s. 106) angehört, beweisen ausser air. lehnwörtern auch aschw. und adän. runeninschriften der vikingerzeit, die noch in der bezeichnung streng zwischen dem stimmlosen f (got. f) und dem stimmhaften ƀ (got. b) unterscheiden (vgl. aber By alaifu?, s. § 221 anm. 2); s. Noreen, Geschichte³, § 6, 21 und § 64, a sowie An. gr. II, § 259, 1; vgl. auch M. Olsen, No. I. III, 189 note 3 über die Eggjum-inschrift.
Anm. 3. Die 2. sg. prät. starker verben richtet sich gewöhnlich nach der 1. sg.; also drap, drapt tötete, -test, aber gaf, gaft gab, gabst. Auch sonst liegen vielfach analogiebildungen vor.
Anm. 4. Auch das aus ƀ (nach § 237, 1) entstandene f kann in p übergehen, z. b. ups (got. ubizwa) traufdach, anorw. gen. skaps zu skaf rinde zum essen, erpskinn zu erfr vielfrass, Stúpsruð ein ortsname zum mannsnamen Stúfr, wenn auch dies weit öfter durch analogiebildung verhindert wird, z. b. hapt (selt.), haft gehabt zu hafa haben, leypt, leyft gelobt zu leyfa loben, øpstr, øfstr oberster. Vgl. Hoffory, Arkiv II, 4 ff., Hægstad, Vestno. maalf. I, 111 und II, 1, s. 34, Kålund, Heiðarvíga saga, s. XXI.
Anm. 5. Die nicht seltene schreibungen pft, (seltener) fpt drücken wol verschiedene übergangsstadien aus; vgl. Noreen, Geschichte³ § 64, b.
Anm. 6. Nach s ist f zu p geworden in húspreyia (so z. b. regelmässig in der Laxdǿla nach Möðruvallabók; anorw. auch húsprøya, -prøy, -præia, -prei, s. Hægstad, Vestno. maalf. I, 20 und II, 2, ɪ, s. 101, 124, 126) neben húsfreyia (nach freyia frau aufgefrischt) hausfrau.
Anm. 7. In Ióseppr (griech. Ἱώσηπος) neben Iósef (griech. Ἱωσήφ) ist die doppeltheit alt.
§ 241. þþ wird nach starktonigem vokal zu tt, z. b. motte (ags. moððe) motte, spotta spotten, rytta (ags. ryðða) lumpenhund, brotfall (als lehnwort mengl. broþþfall im Orrmulumm) fallsucht Suttungr (*suþ-þungr ‘vom absud beschwert’ zu soþ, aschw. suþ ‘absud’, s. Noreen, Uppsalastudier, s. 208; durch volksetymologie selt. Súptungr) der riese des dichtermets, imperat. bióttu biete (du), kuettu sage (du; s. Þorkelsson, Beyging, s. 36 und 284) aus bióþ (s. § 223, 2), resp. kueþ þú, kuittr geschwätz zu kueþa sagen. Nach schwachtonigem vokal tritt ð (aus þ § 221, 1 und dies aus þþ § 285, 1) ein, z. b. meþan (got. miþþan-ei) während, siþan (ags. siððan) ‘seitdem’ neben síþan (nach síþare ‘später’ umgebildet) ‘nachher’, eþa (got. aíþþau) ‘oder’ neben sehr seltenem etþa (Physiologus I 1 mal; kompromiss von *etta und eða), Guttormr (Gutthormr, Guðþormr u. a. schreibungen) ein mannsname zu þyrma ehren.
Anm. 1. Mnorw. wird þ allmählich in allen stellungen zu t, in Jämtland schon um 1350, sonst erst etwas später, am spätesten im südwesten (s. Hægstad, Upphavet s. 9, Kong. s. 35, Vestno. maalf. II, 1, s. 31 f. und II, 2, ɪ, s. 59, Festskrift til Torp, s. 69), am frühesten nach s, z. b. ortsnamen wie Gaukstorp, Gautstorp zu þorp dorf. Am allerfrühesten — schon seit c. 1100 — tritt t in hypochoristischen namen ein und dann auch im aisl., z. b. Tobba st. Þorbiorg, Todda st. Þordís, Tubbe st. Þorbiorn und vielleicht Toste st. Þorsteinn; vgl. F. Jónsson, Aarbøger 1907, s. 301.
Anm. 2. Unklar ist das t statt þ in den mannsnamen Angantýr (ags. Ongenþeow; vielleicht nach týr gott umgebildet) und Hialmtér, -pér aus urn. þewaʀ.
§ 242. sl wird in wnorw. mundarten schon im 14. jahrh. zu tl oder hl (s. § 14, e), z. b. sýtla (sýsla) beschäftigung, Pintlar (Pinslar) ein ortsname, gøymhla (gøymsla) aufbewaarung. S. z. b. Hægstad, Vestno. maalf. I, 146 und II, 2, ɪ, s. 125.
Anm. Ueber ls, rrs > kakum. s s. § 252.
§ 243. hw wird zu kv wnorw. schon im anfang des 14. jahrhs. (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 57 und II, 2, ɪ, s. 126 f.), onorw. um 1400, im norden und westen Islands wol noch später, z. b. kvat (huat) was, kvítur, -ar (huítr) weiss.
Anm. Vor vokal fallen hi und þi anorw. beide in eine palatale frikativa (ch) zusammen, dies zum teil schon bald nach 1300, z. b. þiá st. hiá bei, hiónosta st. þiónosta dienst u. dgl. (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 60, 61 f. und II, 2, ɪ, s. 132, 133).
§ 244. b wird, wo assoziation nicht hindert, zu p nach s, z. b. gen. Aspiannar (im Hoprekstader notizbuch, 2. hand) statt Ásbiarnar zum mannsnamen Ásbiorn.
Anm. Nach vokal ist b zu ƀ geworden in biflia neben biblia bibel und vielleicht dem Óþens-namen Biflinde, Biblinde. Unklar ist misl. Vernarðr neben Bernarðr (Biarnharþr) Bernhard.
§ 245. d wird schon zur zeit der ältesten hdschr. :
Anm. 1. In den ältesten skaldengedichten (und einigen späteren) ist jedoch ds, nach ausweis der reime, noch erhalten; s. Mogk, Anz. f. d. A. X, 65.
Anm. 2. Vereinzelt steht mnorw. Hallingedaal aus Haddingiadalr (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 59).
§ 246. g wird zur selben zeit:
Anm. Die von Bugge (Helge-Digtene, s. 129 note und s. 344) angenommene entwickelung ggl > kl ist durch kein sicheres beisp. gestützt.
§ 247. ps und pt treten im anorw. sehr selten (aisl. noch seltener, aber nisl. allgemein, wiewol die schrift p behält) als fs, resp. ft (beides mit labiodentalem f, s. § 255) auf, z. b. aisl., anorw. allg. glefsa kläffen neben glepia zu kläffen bringen, gen. anorw. Greifs, Iakofs zu Greifr, Iakopr, aisl. Hófs zum seenamen Hóp (Kålund, Heiðarvíga saga, s. 64 note); prät. leyfti (leypti), anorw. stæyftizt (stæyptizt) zu leypa laufen lassen, stæypa stürzen; s. Wadstein, F. Hom., s. 109 note, Hægstad, G. Tr. s. 35.
Anm. Vor einem auf b, d anfangenden zusammensetzungsglied ist p zu b geworden in anorw. ubborit aufgetragen, Ubdale ein ortsname; s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 124, 126. Zur erklärung s. Noreen, Minneskrift tillägnad A. Erdmann, s. 1 ff., Lindroth, Namn och bygd III, 37 ff. (bes. s. 50).
§ 248. In unbetonter silbe (bes. im auslaut) werden t, k nach vokal häufig zu ð (woraus t nach § 238, 2, f; s. Kålund, Laxdœla saga, s. XXII f.), resp. ᵹ. Beispiele kommen (wenigstens bei t > ð), wenn auch selten, schon in den allerältesten hdschr. bei einigen pro- und enklitischen wörtern vor, z. b. aþ (at) ‘zu’, ‘dass’. Später werden die fälle häufiger. In hdschr. des 13. jahrhs. treffen wir z. b. miog (miok) viel, mig (mik) mich, þig (þik) dich, sig (sik) sich, viþ (vit) wir zwei, iþ (it) ihr zwei, skylduþ (skyldu-at) sie sollten nicht, nom. acc. sg. ntr. wie mikiþ (-it) gross, kallaþ (-at) geheissen, þakiþ (-it) das dach u. dgl. Um 1300 und später werden die beispiele noch häufiger, z. b. eg (ek) ich, og (ok) und, huað (huat) was, hið (hit) jenes, Peðar, Peðr st. Pétarr, Pétr Petrus.
Anm. 1. Einige aisl. hdschr. (z. b. das Kringla-fragment, Hauksbók, Finnboga saga nach Mörðruvallabók und Jomsvikinga saga nach Cod. AM. 291, 4º; zum teil auch Elis saga), die nicht zu den ältesten gehören, haben eine art dissimilation durchgeführt, so dass immer ð steht, wenn die silbe mit t anlautet, z. b. litið wenig; sonst ist t häufiger, z. b. tekit genommen; vgl. Gering, Finnboga S., s. XI, Jones, The phonology of the Elis S., s. 19, Hægstad, Vestno. maalf. I, 115, 131. Umgekehrt ist oft t besonders gut bewahrt, wenn die silbe mit ð oder d anlautet, z. b. boðit geboten, bundit gebunden; vgl. P. Pálsson, Krókarefs saga, s. XV, M. Olsen, Vǫlsunga saga, s. XLI, Kålund, Kirialax saga, s. XIII, Hægstad, a. o., II, 2, ɪ, s. 130.
Anm. 2. Im südwestlichen mnorw. sowie gleichzeitig im orkn. (im 15. jahrh. auch bisweilen anderswo, aber dann durch dänischen einfluss) treten b, d, g statt p, t, k auch nach haupttonigem vokal ein, z. b. ræignædæ (schon 1344 statt ræiknaðe) zählte, orkn. lúga (1369 st. lúka) schliessen, bordo (1426 st. burtu) weg, weghe (1529 st. vika) woche u. a. dgl.; s. Hægstad, Upphavet s. 7, Arkiv XV, 106, Hild. z. 65 und 67, Vestno. maalf. II, 1, s. 58, J. Storm, Norsk Retskrivning I, 10.
Anm. 3. In Rímur des 15. jahrhs. steht regelmässig (sporadisch weit früher) ð statt t auslautend nach langem haupttonigem vokal, z. b. séð (sét) gesehen, spáð (spát) prophezeit. Das häufig schon früher vorkommende búð (bút) als adv. ‘vielleicht’ neben búiþ (búet) als adj. ‘fertig’ erklärt sich nach (§ 248 und) § 159.
Anm. 4. Vereinzelte schreibungen wie Goþland, Gauþland, Goðþioð land der Goten, Gauten u. dgl. (s. Heinzel, Ueber die Hervararsaga, s. 75 f.) beruhen auf volksetymologischer umbildung nach goþ götter. Das schon in der ältesten zeit auftretende -ligr, -legr in adj. wie dagligr täglich u. dgl. beruht wol wesentlich auf analogischer umbildung von líkr ‘gleich’ durch anschluss an adj. wie auþigr, -egr, ntr. auþikt, -ekt reich (ebenso in adv. wie ellegar = got. aljalaikōs ‘sonst’); zum teil anders Sverdrup, Arkiv XXVII, 2 f.
Anm. 5. Vor einem auf d, g anfangenden zusammensetzungsglied ist t zu d geworden in anorw. Fladdal < Flatðalr (s. No. gaardnavne VII, 331), Gr(i)ódgarðr (Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 125, 127), Grǿd- (s. § 295 anm. 3) ein mannsnamen. Zur erklärung s. die § 247 anm. angeführte literatur.
§ 249. Anlautendes kn wird im misl. (jedoch nicht in den nördlichen mundarten) des 15. jahrhs., selten im anorw. seit 1300 (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 151 f.) zu hn, z. b. hnútur (knútr) knoten, hnífur (knífr) messer.
Anm. Hieraus erklärt sich, dass hie und da umgekehrte schreibungen mit kn statt etymologisch berechtigtem hn anzutreffen sind.
§ 250. w (d. h. kons. u) geht anlautend und nach vokal allmählich seit dem ende der vikingerzeit, nach heterosyllabischen konsonanten wol erst im 13. jahrh. in bilabiales ƀ woraus dann (s. § 255) labiodentales v (geschrieben v, f, s. § 42, § 36, 2), über, z. b. var (vgl. urn. was Tanum) war, vinna (got. winnan) ertragen, pl. háfer zu hór (hár) hoch, ǽfe (vgl. got. aiws zeit) leben, sniófa (vgl. ahd. snīwan) schneien, part. snifenn beschneit; nach 1200 auch z. b. gerfe kleidung (zu gerr gemacht), stǫþfa (älter stǫþua) hemmen; vgl. auch neuschöpfungen wie máfr möwe statt mór (már) nach pl. máfar (§ 83), dat. sg. f. gǫrfri statt gǫrre nach acc. gǫrfa zu gǫrr gemacht (vgl. § 235 anm. 1). Eine frühzeitige spur des assonierens eines nach vokalischen ƀ aus w mit altem ƀ ist vielleicht Suívor : lífe bei Þorbiorn dísarskald (c. 1000), aber sonst kommen solche assonanzen erst nach 1300 häufig vor. Andererseits scheint anlautendes w noch im Cod. AM. 310, 4º (gegen 1250) erhalten zu sein. Vgl. Kahle, Die sprache der skalden, s. 69; Groth, Det AM. haandskrift 310 qvarto, S. XXXIV; v. Friesen, N. spr. I, 62 f.; Mogk, I. F. XXVI, 209 ff., ; Noreen, Stud. nord. fil. III, 5. — Weit später (und wol zu sehr verschiedener zeit in verschiedenen dialekten) tritt derselbe übergang nach tautosyllabischen konsonanten ein, z. b. svartr st. suartr usw. Nach h ist w in gewissen gegenden noch erhalten, z. b. nisl. huat neben (nördlich und westlich) kvat (beides hvat geschrieben); vgl. § 243.
§ 251. Kons. i wird wenigstens dialektisch seit 1250 zur spirans j, wie aus assonanzen mit g : i wie geiga : sýiur, eigi : skýium u. dgl. (s. Kahle, Die sprache der skalden, s. 69) hervorgeht.
§ 252. r und kakuminales l schmelzen im onorw. — zu sehr verschiedener zeit in verschiedenen mundarten — mit folgendem d (ð), n, s, t zu kakum. d, resp. n, s, t (geschrieben rd, ld, d; rn, ln, n usw.) zusammen, wenn die betreffende konsonantengruppe durch synkope entstanden ist, bei rð und rt auch sonst, z. b. run. (schon Flatdal) gen. sg. m. kamas (d. h. gamals) zu gamall alt; nach 1300 Súrdǿler 1301 ff. st. Súldǿler einwohner von Súldal, áltíð st. ártíð seelentag (Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 92), kólsbróðer (st. kórs-) kanonikus, gen. sg. Bærdóls st. Bær(g)ðórs (Bergþórs), Giuls st. Giur(ð)s, Vardiúfr st. Valdiúfr (Valþiófr), Pa(l)ne, miu(l)na mühle, kiu(l)na darrofen; mnorw. ortsnamen (s. Rygh, Oplysninger II, 155, 241, vgl. 194) wie Mo(l)skones, Vígu(l)staðer.
Anm. Kakuminales d wird dann mnorw. zu kakum. l, z. b. Fingal 1351 < -garðr, latinisiert Hallualus (Hallvarðr) 1351 (Lind, Dopnamn, s. 1290) mannsnamen, Kammefiol < *fiorð ein ortsname.
§ 253. r (altes oder nach § 265 aus ʀ entstandenes) wird:
Anm. 1. Das erste r ist dissimiliert worden im anorw. ortsnamen Læiðangr (um 1200 Læirangr, s. Rygh, Oplysninger II, 244 f.). Dagegen ist baþmr ‘beide ausgebreitete arme, busen, baum’ (eigentlich ‘verzweigung’) wol nicht, wie allgemein geschieht, mit barmr, got. barms busen, resp. bagms baum zu identifizieren, sondern vielleicht eine nebenform von faþmr ‘beide ausgebreitete arme’ (gr. ποταμός? vgl. Noreen, Urg. lautl. s. 126).
Anm. 2. Unklar bleiben einige fälle von (selt.) ð statt r, wo dissimilation nicht vorliegen kann, z. b. bǫ́fǿþa neben -fǿra (s. Falk, Beitr. XIV, 16) brünne (vgl. bǫþfara brünne), mannløþa neben -løra (und mannleyse) verächtlicher mensch, ? dat. sg. bǫþue und bǫrue zu bǫrr baum.
Anm. 3. Das erste r ist dissimiliert in mnorw. Cantelbergh (Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 60) st. anorw. Kantarabyrg Canterbury.
§ 254. l wird bisweilen durch dissimilation zu r oder n, z. b. das zweite l in hialmur-, hialmun- (hialmu-, s. § 297) neben hialmul-vǫlr (eine tautologische zusammensetzung, denn hialmul- < hialmvǫl- nach § 148), hialmvǫlr helmstock, al(e)mandr neben alemandel mandel und wol auch helfningr, helmningr hälfte st. *helflingr (ags. hylflinᵹ, mhd. helbelinc, s. E. Olson, De appellativa substantivens bildning, s. 256 note), anorw. (selt.) nykill st. lykill (anders Byskov, Arkiv XXV, 179 f.) schlüssel.
Anm. Unklar ist ulfalde kamel gegen got. ulbandus, ags. olfend und anorw. hǿgeldekirkia (Hægstad, Vestno. maalf., I, s. 39) st. hǿgindekirkia private kirche. Nicht verwandt sind bulke (engl. bulk) und anorw. bunki (afries. bunk) schiffsladung. — Unklar ist auch der wechsel l; r in kǫngol- (selt.) : kǫngorváfa spinne. — Ueber einen wol fraglichen übergang anorw. lr > ðr im ortsnamen Odhrin, Æðrin und órir (*ǫðrir?) erle neben ǫlr, ælrir erle s. No. gaardnavne XII, 64 f. und Amund B. Larsen, Maal og minne 1914, s. 165 f.
§ 255. Die bilabialen spiranten urgerm. und noch urn. f und ƀ gehen, wol während des 13. jahrhs. (im aisl. jedenfalls zum teil nach dem § 237, 3 erwähnten übergang lƀ, rƀ > lb, rb), in die entsprechenden labiodentalen spiranten (beide mit f bezeichnet) über.
Anm. Die verbindungen lft, rft werden im nisl. zum teil noch bilabial ausgesprochen, s. B. M. Ólsen, Germania XXVII, 271 f.
§ 256. ƀ wird in anorw. mundarten sporadisch zu ᵹ, z. b. stoga, acc. stugu (stofa, stufa) stube, Algaræim (aisl. Alfarheimr) ein ortsname, Liðskialg (aisl. Hliþskialf) ein mythischer ortsname, hælgdar- (hælfðar-)land stück land von gewisser grösse, Stagló (Stafló), Ragund (Rafund) ortsnamen, Lǫgðarhorn (Lofðar-) ein gebirgsname (jetzt ‘Lyderhorn’), nagle (gew. nafle) nabel, sugl (sufl) zuspeise, Valdiúgær (Valdiúfr, aisl. Valþiófr), Vígiul- in ortsnamen st. Vífill (s. § 104, § 145 anm. 5) mannsnamen, ællugu (vgl. ælluva § 172, 1 und gew. ællifu) elf, stiúg- (stiúf-) stief-, mnorw. Biúgr oft st. Biú(l)fr ein mannsname. — Ebenso wo w zu grunde liegt, z. b. siógarbúð, -hús (Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 132; siófar-) baude am see, mnorw. mit hiatusfüllendem w (s. § 312, 2) Iógan (Iówan, Ióan, Ióhan), Iógar (Iówarr, Ióarr), Rógar (Rówar, Róarr), Ró(g)alder, Ró(g)e, Tró(g)en mannsnamen.
Anm. Die anorw. mannsnamen Hagþór(e)r und Hafþorn sind wol am ehesten durch kontamination von den beideb ursp. verschiedenen namen Hagþorn und Hafþór(e)r entstanden; vgl. § 239 anm. 3.
§ 257. p wird ebenfalls im anorw. sporadisch zu k, bes. vor n, z. b. (ziemlich selt.) vákn (auch nisl. selt. vókn, s. Maurer, Arkiv IV, 284 ff., Þorkelsson, Supplement IV, 180; färöisch vakn, finn. vaakuna) statt gew. vápn waffe, Gaukna st. Gaupna (s. Rygh, Sproglig-historiske studier tilegnede Unger, s. 41 note) ein ortsname, gauka? 1 mal (s. Hertzberg) st. gaupa luchs, stiúk-, stýk- (stiúp-, stýp-) stief-, ux (s. Rygh, No. gaardnavne, Inledning s. 83) st. gew. ups (vgl. § 240 anm. 4) traufdach, øllykti (vgl. § 77, 7 und ællugu § 256; gew. ællipti) elfte.
Anm. Vielleicht durch umgekehrte schreibung kommt seit dem 15. jahrh. finngálpn statt -gálk(a)n kentaur vor; s. Bugge, Aarbøger 1895, s. 127.
§ 258. m wird, wo nicht assoziation hindert:
Anm. 1. Auf dissimilation beruht m > n in ánu-maþkr statt ámu-maþkr eine art made, anorw. Munán neben Munámr, Monámr (s. § 54, 3, b; wol unrichtig Rygh, Gamle personnavne s. 183) ein mannsname; wol auch móna mutter (ahd. muoma, mndd. mōme, mōne, mengl. mōne muhme), mnorw. millin (Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 132) st. millim zwischen. Vgl. noch § 278 anm. 2. — Bukran, -ram eine art zeug ist mlat. bucaranum, resp. mhd. buckeram; siklatun ist afranz. siglaton, während siklatum wol dat. pl. von siklat (lat. cyclas) eine art zeug ist.
Anm. 2. Unklar ist der wechsel fiós : später þiós walfischfleisch.
§ 259. ð (urspr. oder nach § 221, 1 entstandenes) wird schon vorliterarisch zu ᵹ zwischen io, iu, au und einem (erhaltenen) sonantischen u (s. Noreen, Svenska etymologier, s. 40 ff.), z. b. ntr. fiogor (*fioður nach § 89 aus *feðuru, vgl. got. fidur-, aschw. fioþer-) vier; iúgr neben iúr (*iuðr § 292) euter durch ausgleichung von nom. *iúgur (urn. *iuðura, afries. iader, mndd. jeder) : dat. iúre (< *iúðre); anorw. laugur-dagr sonnabend neben aisl. lauþr (nach den synkopierten kasus; ags. léaðor < *lauþur) aschenlauge; anorw. Augun (s. Rygh, Gamle personnavne, s. 25, Lind, Dopnamn, sp. 105) neben Auðun (nach sonstigen namen auf Auð-) ein mannsname. — In fällen wie dat. trauþum, -u (blauþum, rauþum usw.) ist ð erhalten durch einfluss von formen wie trauþr, -an, -ra usw. unwillig (vgl. umgekehrt nschw. dial. traug, nnorw. dial. blaug, raug u. a. nach *traugum, -u < *trauðum, -u u. a.).
Anm. 1. Über gagarr (air. gagar, erst später gadhar) hund s. Marstrander, Bidrag s. 158. Ueber selt. fagma (s. Möbius, Analecta norrœna², s. 309) neben faþma (vgl. ags. fæðm) umarmen s. An. gr. II, § 274 anm. 3.
Anm. 2. Zweimaliges Biarkmarr st. Biartmarr ein mannsname ist wol nur schreibfehler.
§ 260. Vor einem nach § 238, 1, b entstandenen d (aber nicht vor ð) und vor altem oder nach § 238, 2, b entstandenem t werden bald nach 1200 kakuminales l und n in starktoniger silbe zu dentalem (oft ll, nn geschriebenem) l, n, z. b. huíld > huílld ruhe, greinda > greinnda erörterte, erst weit (vgl. § 238, 1, b) später (anorw. schon früh, s. Wadstein, F. Hom., s. 134) skilda > skillda entschied u. dgl.; fúlt > fúllt hässliches mǽl(l)ta sprach, van(n)t gewohntes, rǽn(n)tr beraubt; vgl. Åström, Sv. Landsm. VI, 6, s. 109 ff., XIII, 2, s. 62 ff., Kristensen, Arkiv XII, 313 f., Pipping, Stud. nord. fil. VI, 5. Die schreibung mit ll, nn hat also jetzt die aufgabe bekommen, die qualitative art der l-, n-laute anzugeben (vgl. § 40, 1 und 2, § 41, 1 und 3). Daher werden jetzt auch die altererbten verbindungen ld, lt, nd, nt, wo l, n von alters her dental gewesen sind, oft mit ll resp. nn geschrieben, ohne dass dadurch eine veränderte aussprache angegeben werden dürfte, z. b. hallda halten, sallt salz, lannd land, ntr. vannt zu van(n)dr schwierig. Vor r steht aber oft nd (nicht nnd), was vielleicht angibt, dass hier nd etwas alveolar ausgesprochen worden ist, s. Pipping, Stud. nord. fil. VI, 5, s. 3 ff.
Anm. Cod. AM. 921, 4º hat (nach der mitteilung Kristensens) immer mǽlta, aber mǽllt neben mǽlt, sodass hier l > ll vielleicht nur vor tautosyllabischem t stattgefunden hat; vgl. ? St. Hom. rǽntesk gegen rǣnnt(r).
§ 261. nn (altes oder nach § 275 und § 277, 2, c entstandenes) wird vor r (wegen ʀ s. § 277, 4, b) zu ð, z. b. iþre aus *inneri innerer (vgl. minne aus *minniʀi, got. minniza minder), suþr südwärts zu sunnan von süden, pl. aþrer zu annarr anderer. Da die gruppe nnr überall durch synkope entstanden ist, fällt demnach dieser übergang frühestens in die vikingerzeit (beisp. bei Einarr Skálaglamm gegen 1000). Aber auch wo etwas später ein (ursprüngliches oder aus ʀ nach § 265 entwickeltes) r zu nn tritt, findet dieselbe entwickelung statt, z. b. pl. meþr (mit neu zugetretenem plural-r) aus menn (*manniʀ, got. mans) männer, 2. sg. präs. breþr (*brenn+r) neben brenn (got. brinnis) zu brenna lodern. Durch ausgleichung entstehen dann häufig nebenformen mit nnr, z. b. innre (iþre) nach innan innerhalb, (alt, s. Jónsson, Skjaldesprog, s. 63) mannr (maþr) nach dat. manne mann und pl. (s. ib.) mennr (meþr) nach gen. manna, brunnr (bruþr) brunnen und munnr (muþr) mund nach pl. brunnar und munnar, suinnr (suiþr) weise, sannr (saþr) wahr, kunnr (kuþr) kund nach acc. suinnan, sannan, kunnan, tuennr (tueþr) neben tuenne doppelt, 2. sg. präs. finnr (fiþr), vinnr (viþr) zu finna finden, vinna ausführen usw.
Anm. Ob das auffallende yþr (got. izwis) euch hierher gehört, indem es ein nach unsis umgebildetes *inzwiz > *innwiʀ > *ynnr voraussetzt? Ebenso entspräche yþrum einem nach unsaramma umgebildeten *inzwaramma, und yþarr wäre dazu neugebildet statt *ynnwarr.
§ 262. n wird, wo assoziation nicht hindert, zu:
Anm. Aus umgekehrter schreibung erklärt es sich wol, dass (selt.) np statt alten mp geschrieben wird, z. b. kenpa, kempa kämpe.
§ 263. Velares g, ᵹ, k wird vor palatalen vokalen palatalisiert. Die in dieser weise modifizierte aussprache erhält der regel nach keine besondere bezeichnung (vgl. jedoch § 37 anm. 1, § 39 anm. 1). Wo aber, bes. durch synkope eines dazwischenstehenden palatalen vokals, ein palatales g, ᵹ, k vor einen nicht palatalen vokal zu stehen kommt, tritt die schreibung gi, ki auf, welche ohne zweifel in sehr vielen mundarten als g, ᵹ, k + i aufzufassen ist, z. b. merkia (2-silbig) aus *markian (3-silbig) merken, dat. pl. ríkiom, engiom, lǽgiom zu ríke reich, enge wiese, lǽge lage. Ein durch vorhergehenden palatalen vokal hervorgerufenes ki, gi tritt (fast) nur in lehnwörtern auf, z. b. kirkia (ags. cirice) kirche, Grikkiar (und Grikker) Griechen, fíkia (sehr selt. fíka; lat. ficus) feige, Mik(i)áll Michael, blíkia (ags. blícan) blinken, suíkia (ags. swícan) betrügen, víkia (ags. wícan) weichen; gígia (mhd. gīge) geige. In mergr, gen. mergiar mark scheint gi durch das einst vorhergehende frikative ʀ (vgl. asl. mozgŭ) hervorgerufen zu sein. — Mnorw. ist anlautendes g(i) zur spirans j geworden, z. b. Iærþrúð st. Gæ(i)rþrúðr ein frauenname. Inlautend ist gi zum teil weit früher zu j geworden, z. b. teyia st. teygia zeigen, Ryia- st. Rygiafylki die landschaft Ryfylke u. dgl. (vgl. umgekehrte schreibungen wie flýgia st. flýia fliehen, nýgian st. nýian neuen), s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 134 und II, 1, s. 60 f. Vgl. noch § 293, 2.
Anm. 1. Durch kontamination entstanden ist gi in giorr (auch gørr) statt gǫrr ‘gemacht’ nach gørua (woneben dann giorua nach giorr) machen, í giár (bes. anorw., s. Fritzner) st. *í gár (s. § 71, 2) nach í gǽr gestern, anorw. giognum (s. Fritzner und Þorkelsson, Supplement IV, 54) oder giagnum (s. Bugge bei Fritzner III, 1101, Hægstad bei O. A. Johnsen, Olafs saga, s. XXXV; giægnum § 70, 1) statt gǫgnum (s. Bugge, a. o.), resp. *gagnum (vgl. § 80, 3) nach gægnum und gøgnum (s. § 77, 7) ‘durch’. Unklar ist anorw. giáta (z. b. in No. Hom. 4 mal, vgl. Hægstad, Vestno. maalf. I, 50) neben gǽta hüten.
Anm. 2. Sehr selt. stehen k, g statt zu erwartenden ki, gi z. b. drykk(i)a trunk, was vielleicht nur ungenaue schreibung ist (wie in den runeninschriften, s. M. Kristensen, Tidskr. f. Fil. III R. XV, 150 f.), vielleicht aber auch eine verschiedene aussprache anzugeben hat (vgl. § 389 anm. 4).
Anm. 3. ᵹ wird im anorw. dialektisch wenigstens nach a, ú, ǫ (vgl. An. gr. II, § 279, 1) zu ƀ (f), z. b. Kagastaðum > Kǫfstǫðum (vgl. Rygh, Gamle personnavne, s. 152) ein ortsname, kúga > kúfa bezwingen, kǫgurr > selt. (s. Fritzner) kǫfurr teppich, anorw. rúfa (aisl. hrúga, s. Noreen, Vårt språk III, 259) haufe, Ǫfmundr < Ǫgmundr ein mannsname.
Anm. 4. kn wird im anorw. dialektisch zu tn, z. b. ortsnamen wie Gaukna (vgl. § 257) > Gautna, Bærknæs > Bærtnæs, *Au(ð)kn (aschw. þkn, kn, s. An. gr. II, § 308 anm. 3) > Autn; s. Rygh, Oplysninger I, 32 f., No. gaardnavne I, 5, Inledning s. 42. — Skarlat (-að, s. § 248) neben skarlak(an) scharlach ist mhd. scharlāt (mengl. scarlat), resp. scharlach (mndd. scharlaken). Unklar ist das verhältnis von trane zu mhd. krane (annd. krano, ags. cran) kranich.
Anm. 5. Mnorw. fallen k(i) und vorvokalisches ti (sowie þi und hi, s. § 241 anm. 1 und § 243 anm. ) in eine palatale frikativa (ch) zusammen, z. b. Kiǿsos st. Tiósás ein ortsname (vgl. umgekehrte schreibungen wieTie- st. Kiðia-), s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 138.
§ 264. Velarer nasal ŋ ist zu n geworden in enskr aus eng(l)skr englisch, harþenskr einer aus Harðangr, anorw. Ban(g)se ein mannsname, ænti aus *ængti nichts, syn saka statt syng s. oder sygn s. (s. Hertzberg) freigesprochen, mnorw. Ben(k)t, gen. Dræn(g)s mannsnamen, Ran(g)díðr < Ragn(f)ríðr(s. § 239, 2 und 253); zu m in iumfrú, iomfrú (anorw. auch ionfrú) neben iungfrú (aus dem deutschen) jungfrau; beides durch partielle assimilation an den folgenden konsonanten.
§ 265. Das aus urgerm. z entstandene urn. ʀ (s. § 224, 1) ist schon vorliterarisch (vgl. F. Jónsson, No.-isl. kultur- og sprogforhold, s. 206, 262 f.; anders Marstrander, Bidrag, s. 116 f.), am frühesten nach dentalen und interdentalen konsonanten (s. Noreen, Geschichte³ § 62), mit altem r zusammengefallen, z. b. betre (got. batiza) besser, meire (got. maiza) mehr, er (got. iz-ei) welcher u. a. (s. § 71 und § 72.).
§ 266. Die nasale werden schon in der vikingerzeit in folgenden fällen assimiliert:
Anm. 1. mp kommt fast nur in lehnwörtern, oder wo es (nach § 262, 1) älteres np vetritt, vor; dialektisch ist mp bisweilen erhalten, z. b. dumpa schlagen, gumpr steiss, stumpr stumpe, kumpr, rympell, vimpr beinamen (s. Lidén, Stud. nord. fil. I, 1, s. 47). Wegen der schwachtonigkeit der silbe ist mp assimiliert worden im lehnw. kumpánn > selt. anorw. kuppán (s. Kock, Arkiv XI, 317 note).
Anm. 2. Nicht durch synkope entstandenes nt kommt wol nur in einigen lehnwörtern vor sowie in der 2. sg. prät. ind., z. b. kannt kannst, mant erinnerst dich, munt wirst u. dgl. formen, die nach 1. 3. sg. kann, man u. s. w. neugebildet sind.
Anm. 3. nk kommt vielleicht nur in lehnwörtern und neubildungen wie dunkr ein beiname (einheimisch? vgl. as. dunkar dunkel), hǫnk (vielleicht einheimisch) henkel und hanke haspen (wol aus mndd. hank handhabe), krankr krank, anorw. senktr besetzt u. a. vor; vgl. noch § 299, 1.
Anm. 4. Beispiele einer assimilation mb > bb sind wol nicht (s. v. Friesen, Om de germ. mediageminatorna, s. 8 note) klubba, klumba keule, kubbr, kumbr klotz; vgl. kamb kamm, lamb lamm, vǫmb bauch u. a.
Anm. 5. Die von Noreen, Arkiv VIII, 147, als wahrscheinlich und von Kock, ib. XIII, 186 f. und XXI, 118 f. als sicher angenommene assimilation mn > nn existiert nicht (vgl. über mn > mm § 278 anm. 2). Hinna (zu skinn haut und air. ceinn schuppe, s. Lidén, Bezz. Beitr. XXI, 107 ff.) und einmaliges himna (zu agutn. hīmin, nnorw. hīm, hīma haut) häutchen sind nicht verwandt; málfinne (s. Egilsson), -fime beredsamkeit und vélfinne, -fime kunstfertigkeit gehören zu finna (er)finden, resp. fimr rasch. Ueber den von Kock ebenfalls hierher geführten typus kauponautr s. § 137 anm. 6. — Eher ist eine assimilation nm > mm anzunehmen, s. § 299 anm. 2 und misl. Brummaðr st. Brúnmaðr? ein mannsname.
§ 267. ht wird vor 900 (s. Marstrander, Bidrag s. 98), ja nach Eggjum sot (d. h. sótt) gesucht zu urteilen wenigstens wnorw. schon um 700, zu tt, das dann antekonsonantisch (s. § 284) und nach schwachtonigem vokal (s. § 285) zu t wird, z. b. dótter (vgl. urn. pl. ðohtriʀ Tune, aisl. dǿtr, wonach auch sg. dóter) tochter, rétta richten, nótt, nátt nacht, átta acht, mátta mochte, sǫ́tt, sǽtt (ags. seht) vertrag, frétt orakelbefragen (ags. freht orakelspruch), váttr zeuge (vgl. ahd. giwaht erwähnung) u. a. m. (s. z. b. § 110, 3; § 111, 2; § 112, 2; § 113; § 175, 4; § 321). Vgl. mit t z. b. pl. nǽtr nächte, ǽtla (mengl. ehtlen, zu as. ahtōn) die absicht haben, átián (zu átta acht) achtzehn, rétr (und réttr nach den 2-silbign kasus) recht, richtig, drótenn (dróttenn) nach dat. drótne fürst, almátegr (-máttegr) nach acc. -mátkan allmächtig u. a.; eyvet, -ar, -o § 151, 2 nichts, þóta neben haupttonigem þótta schien, þót (seltener þótt, vgl. § 158 und § 230, 2, s. Jónsson bei Gislason, Udvalg af oldno. skjaldekvad, s. XX), gen. lýrit(t)ar § 151, 2 des allgemeinen rechts.
Anm. 1. t statt tt in frǽta (gew. frétta) ausfragen, þrǽt(t)a zanken (wonach þrǽta zank), nít(t)a verneinen ist eine neubildung zu tt in prät. frǽtta usw. nach der analogie von verben wie vǽta, hlíta : prät. vǽtta, hlítta (s. v. Friesen, De germ. mediageminatorna, s. 16 note). Iáta (ahd. gi-jāzen) bejahen ist urspr. von iátta (ahd. jihtan) ‘gestehen’ verschieden, s. Lidén, Arkiv III, 238 f. Unklar bleibt t in Bót, knésbót und sót(t), s. § 112, 2.
Anm. 2. Ob seltene schreibungen wie recta st. rétta, magtigr st. máttegr, gect st. gǽt, aktag st. áttak, þokt st. þótt, freckt st. frétt, lyrictar st. lýrit(t)ar eine dialektische aussprache des alten spiranten (noch in literarischer zeit) bezeichnen oder nur schreibfehler sind, bleibt unsicher; vgl. Bugge, Arkiv IV, 116 f., Runeindskriften paa ringen i Forsa, s. 57, Wadstein, F. Hom. s. 110, Kock, Undersökningar i sv. språkhistoria, s. 81 ff., Lidén, Arkiv III, 238 note. Noch unklarer sind schreibungen wie lyriftar, liriptar (vgl. typta st. tykta züchtigen; d. lehnw.), lyrirtar.
Anm. 3. Eine assimilation hd > dd ist wol durch anorw. suiddá, suiddauðr (s. § 110 anm. 4) belegt; hk > kk? s. § 280, 2 (schluss).
§ 268. d und ð werden in folgenden fällen assimiliert:
Anm. 1. Glaðt, goðt u. dgl. in späteren hdschr. sind wol nur etymologische schreibungen. Anders Hoffory, Arkiv II, 31 note.
Anm. 2. ddl ist ebenso (über dl § 284 > ðl § 245, 2) zu ll geworden in den personennamen Olleif, -r, Ollaug neben Oddleif, -r, Oddlaug; vgl. aber Arpi, Nord. stud. s. 74.
Anm. 3. Vereinzelt steht ðb > bb in anorw. Gu(ð)brand, Robbærder (isl. Hróþbiartr) mannsnamen; ðm > mm in anorw. Gummundr ein mannsname, vammál < váðmál kleiderstoff; ðn und ddn > nn in anorw. Ronný, resp. Onný frauennamen.
§ 269. Das stimmhafte f (ƀ) kann sich einem folgenden ƀ oder stimmlosen f assimilieren, z. b. abbragþ statt afbragþ das was sich vor andern auszeichnet, abbinde stuhlzwang, abburþr < afburþr überlegenheit, obbelde < ofbelde übermut; affǫr abreise. Vgl. Hoffory, Arkiv II, 9.
§ 270. ggk wird kk, z. b. hykk (hygg ek) ich denke, þikkat (*þigg-ek-at) ich empfange nicht.
Anm. ᵹm scheint anorw. (wol über ŋm, vgl. § 239, 2 und An. gr. II, § 258 anm. 1) zu mm geworden zu sein im mannsnamen Ammundr, Ǫmmundr (z. b. schon im Hoprekstader buche, 2. hand; s. übrigens Lind, Dopnamn) neben Agmundr, Ǫgmundr. — Vereinzelte fälle sind auch: ᵹb > bb in anorw. Sibborg (Sigbiorg) ein frauenname, mnorw. Habbarðr ein mannsname; ᵹf > ff in mnorw. Daffinder (Dagfinnr). Auffallend ist ᵹt > dd (wol über ᵹd) in ags. Sidroc 871 (Sigtryggr, s. Marstrander, Bidrag, s. 159, und Björkman, Nordische Personennamen, s. 120) ein mannsname.
§ 271. pt wird im mnorw. dialektsich zu tt, z. b. tutt (anorw. tupt < tuft; vgl. nisl. tótt < aisl. tópt; s. § 112, 1) bauplatz, anorw. (bes. mnorw.) und orkn. a(t)ter < aptr zurück, ætter < æptir noch; s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 35 und II, 2, ɪ, s. 138, 140, Hild. s. 66, O. Skulerud, Telemaalet, s. 79.
Anm. Vereinzelt steht pk > kk im selt. (s. Fritzner) skakker < skapker (und volksetymologisch skaptker) bowle; s. Falk, Arkiv XIII, 203.
§ 272. r wird im aisl. und vielen anorw. mundarten in literarischer zeit in folgenden fällen assimiliert:
Anm. 1. In gewissen gegenden ist nur tautosyllabisches rl assimiliert worden, z. b. aisl. kall, aber dat. pl. kǫrlum u. a. (Hb., s. XLIX).
Anm. 2. Anderer art ist wol spenna (prät. spenta und spann) neben wahrscheinlich unverwandtem sperna (spernta, sparn) einen fussstoss versetzen; vgl. nschw. dial. spänna(spann). S. Persson, Beiträge zu indog. Wortforschung, s. 412 note 2.
Anm. 3. Hieraus erklärt sich wol, dass man (durch umgekehrte schreibung) bisweilen rs statt etymologisch berechtigten ss geschrieben findet; so besonders in anorw. hdschr. (aisl. beisp. s. z. b. Hb., s. XLV).
Anm. 4. Ueber eine andere behandlung der gruppen rn, rs im onorw. s. § 252.
§ 273. ʀs wird zu ss assimiliert und dann eventuell nach § 284 verkürzt, z. b. 3. sg. präs. ind. pass. kallask aus *kallaʀ-s(i)k nennt sich, mannsnamen wie gen. Þorgei(r)s, anorw. Géstæin (aisl. Geirsteinn).
Anm. 1. Eine assimilation ʀl > ll (mit späterer kürzung) wird wol vom onorw. mannsnamen Gæi(r)lauggr (zu gæirr aus *ᵹaiʀaʀ speer) vorausgesetzt.
Anm. 2. Ueber eine möglicherweise vorhandene assimilation ʀr > rr s. Pipping, Neuphilologische Mitteilungen 1909, s. 214.
§ 274. t wird in folgenden fällen assimiliert:
Anm. Vereinzelt steht tl > ll (wol über ðl, s. § 268, 4 und § 248) in Þorkell u. a. mannsnamen auf -kell < -ketl (so sehr selt., z. b. im mnorw. ortsnamen Rafnketlsstaðir) statt -ketell nach dem dat. -katle; vgl. § 359, 2.
§ 275. lþ, nþ werden zu ll, resp. nn wenigstens um 950, wie aus ags. lehnwörtern wie Gunner Günther (Björkman, Nordische Personennamen, s. 34 f.) u. a., sowie auch Reichenauer Necrologium Arnur (d. h. Arnórr < Arnþórr) ein mannsname hervorgeht, aber noch nicht um 700, nach Valby ᴀfunþ zu urteilen, wiewol andererseits aus lapp. skidnē (< urn. skinna, s. Wiklund, Finn.-Ugr. Forschungen XII, 34 ff.) hervorzugehen scheint, dass die assimilation irgendwo schon vor dem schwund des auslautenden a, also c. 700, vorhanden war; vgl. Noreen, Geschichte³ § 6, 16. Z. b. goll, gull (got. gulþ) gold, hollr (got. hulþs) hold, ellre (got. alþiza) älter, hallr (vgl. got. halþei) geneigt, vǫllr (ahd. wald) feld, prät. fell (selt., s. Egilsson; gew. felt, dem pl. nachgebildet, nach § 220; vgl. got. faífalþ) zu faldan falten, prät. hell (selt., s. Egilsson; gew. helt, s. § 317, 2, a) zu halda halten, prät. olla zu valda walten, Ullr (got. wulþus; vgl. urn. owlþu-þewaʀ Torsbjærg) ein göttername; annarr (got. anþar) ein anderer, finna (got. finþan) finden, munnr (muþr § 261; got. munþs) mund, skinn (vgl. ahd. scindan) haut, linnr (ahd. lint) lindwurm, unnr (ahd. undea) welle, hlenne (vgl. ahd. landeri, ags. hlóðere) räuber, tinna (vgl. mhd. zinden) flinte, sinn (vgl. got. sinþ-s) gang, kynne (got. kunþi) kunde, prät. kunna (got. kunþa) konnte, prät. unna liebte, minne (got. gaminþi) gedächtnis, nenna (got. nanþjan) wagen, tǫnn (vgl. got. tunþus) zahn, suinnr (suiþr; got. swinþs) weise, sunnan (ags. súðan) von süden her, sannr (saþr; ags. sóð, lat. sōns, gen. sŏntis) wahr, ǫlonn (vgl. ahd. lunt) eine fischart, stinnr (stiþr; ags. stíð) steif, u. a. m. (vgl. § 317, 2).
Anm. In onorw. mundarten der mnorw. zeit werden ld, nd zu ll, resp. nn, z. b. Vestfoll (so auch Hb., s. XLV, wol norvagismus) < -fold ein landschaftsname, Ragnhill < Ragnhildr ein frauenname; bann < band band. S. bes. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 148, resp. 146 f.
§ 276. tð wird zu tt ausnahmslos, z. b. átte (got. ahtuda) der achte, prät. bǿtta (got. bōtida) büsste, prät. matta (got. matida) schlürfte, gaftattu (aus *gaft-at-ðu) du gabst nicht, brióttu (briót ðu) brich (du), þóttu (aus *þóh-at-du) obgleich du, líttat (lítt ðat) ein wenig, u. a. (s. Wadstein, F. Hom., s. 115). — Ebenso würde dð zu dd werden; nach § 283 ist aber kürzung des dd eingetreten, z. b. prät. venda (got. wandida) zu venda wenden.
Anm. Eine assimilation td (oder vielleicht auch hier tð, s. § 223, 1) > tt, woraus nach § 283 t, zeigen anorw. ortsnamen wie Aftalr (< *Aftdalr), Gæstalr u. a., s. Fritzner I, 236. — Ebenso ist pb (oder pƀ) zu pp geworden im aisl. ortsnamen Pappýli aus -býli (s. Kålund, Bidrag til en historisk-topografisk beskrivelse II, 276).
§ 277. Die gruppen lʀ, nʀ, rʀ, sʀ (über mʀ s. anm. 4 unten) wurden gegen das ende der urn. zeit fast überall zu resp. ll, nn, rr, ss (woraus später oft l, n, r, s, s. § 283, § 285, 5, § 286). Folgende fälle sind zu unterscheiden:
Anm. 1. Statt ss tritt um 1300 bei adj. auf -s in obliquen kasus analogisches sr auf, z. b. g. pl. víssa, später vísra (nach góþra u. a. formen gebildet) zu víss weise, g. sg. f. ýmissar, -srar, dat. sg. f. ýmisse, -sri, f. pl. ýmissa, -sra.
Anm. 2. Auffallend ist das einigemal vorkommende anorw. sonn, sunn (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 145 und Hertzberg, selt. aisl., s. Egilsson; got. sunus) sohn neben selt. sonr (aisl. gew. sonr, sunr) und gew. son (vielleicht urspr. als letztes zusammensetzungsglied wie regelmässig im aisl.), selt. sun.
Anm. 3. In adj. auf -n ist in den obliquen kasus das r analogisch wieder hergestellt worden, z. b. gen. sg. f. iafnrar (nach góþrar u. dgl.), dat. sg. f. iafnre, g. pl. iafnra zu iafn eben. Später können auch derartige formen bei adj. auf -s vorkommen, z. b. friáls(r)ar, (r)i, -(r)a zu friáls freigeboren, huass(r)ar, -(r)i, -(r)a zu huass scharf.
Anm. 4. Ueber die wörter auf -ll, -nn s. unten 4.
Anm. 5. Auch mʀ ist wol nach schwachtonigem vokal zu mm (woraus dann nach § 285, 5 m) assimiliert worden. Wenigstens kommt im No. Hom. 10 mal dat. pl. ǫllumm neben sonstigem ǫllom ‘allen’ vor (s. Wadstein, F. Hom., s. 135). In derselben weise entstanden sind fälle wie létom < *-omʀ (léto mér, s. § 158) sie liessen mir, erom (ero mér) sie sind mir u. dgl. Vgl. dat. pl. selt. tueimr (gew. und ältest tueim — eine urspr. dualform, ags. twám, s. Loewe, KZ XLIII, 91 f. — s. Jónsson, Hb., s. XXX) analogisch (nach þrimr, s. Loewe, a. o., s. 92) zweien, gew. þrimr (später þrim — so 1 mal schon in St. Hom. — nach anderen dat. pl.) dreien mit -mr nach starktonigem vokal und urn. ᵹestumʀ (Stentoften) gästen mit noch unassimiliertem -mʀ. Framm (got. framis, s. Sievers, Beitr. XV, 405 note) ‘hervor’ ist wol ursprünglich nur schwachtonig gewesen (daher später — aber in der skaldenpoesie noch äusserst selten [wiewol schon bei Egell], s. Jónsson bei Gislason, Udvalg af oldno. skjaldekvad, s. XVII f. — fram nach § 285, 1 und 3), dann aber auch starktonig gebraucht worden.
§ 278. Eine eigentümliche assimilation von anlautenden w mit einem vorhergehenden, auslautendem m kommt vor in fällen von enklise wie ǫþrom megen (statt vegenn, s. Kock, Arkiv XXXV, 82) oder megom (statt vegom) auf der andern seite, bǫ́þom m. auf beiden seiten, ǫllom m. auf allen seiten u. a.; dann steht megen, megom auch in ausdrücken, wo das nächstvorhergehende wort nicht auf m endet. In derselben weise sind die fast ausschliesslich anorw. formen mit, met neben vit, vet ‘wir zwei’, mér neben vér ‘wir’ entstanden, denn diese pronomina standen oft unmittelbar nach ihrem verbum, das auf -m auslautet, z. b. anorw. kallum mér wir rufen.
Anm. 1. mb wird nach schwachtonigem vokal zu mm, woraus m nach § 285, 1. Altes beispiel ist nur die präpos. umb (alt und dichterisch, s. Jónsson, Skjaldesprog, s. 122), später umm (anorw. bald nach 1200, s. Wadstein, F. Hom., s. 135, Hertzberg, s. 660), gew. um um. Spät mnorw. tritt mb > mm auch in starktoniger silbe auf, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 146.
Anm. 2. Schwachtoniges mn ist wol zu mm (woraus nsch § 285, 5 m) assimiliert worden in dem mit suffigiertem artikel versehenen dat. pl., z. b. selt. mǫnnomnom > *mǫnnom(m)om (aschw. mannomom, s. An. gr. II, § 294, 1) > gew. mǫnnonom (mit dissimilation des mittleren m um die spezifische dativendung -om zu wahren; vgl. auch § 258 anm. 1) den männern; s. Lidén, Bezz. Beitr. XXI, 110 note 3; Noreen, Geschichte³ § 267, c.
§ 279. Vor einem anderen konsonanten tritt dehnung in folgenden fällen ein:
Anm. 1. In literarischer zeit tritt im anorw. (ziemlich sporadisch, z. b. Þiðreks saga, Cod. Tunsb.) dehnung auch bei n und t (hier auch im aisl., obwol sehr selten) vor kons. i auf, z. b. synnia weigern, brynnia brünne, vittia besuchen, sættia setzen, sittia sitzen u. a. gleich aisl. synia usw.
Anm. 2. Vor r werden im anorw. (selten im aisl.) k und t sporadisch gedehnt, z. b. blak(k)ra flattern, vak(k)r wachsam, gen. pl. spak(k)ra zu spakr weise; bæt(t)ri besser, vit(t)ra klugheit, präs. ettar (§ 161, b) statt etr zu eta (bisweilen anal. etta) essen. Vgl. u. a. Wadstein, F. Hom., s. 134, Hb., s. LVII. — Mnorw. kann ð vor r (zu dd) gedehnt werden, z. b. þydder < (þ)yðr euch, medder < meðr mit; s. Larsen, Arkiv XVIII, 86.
Anm. 3. Vor n kommt dehnung sehr selt. (am häufigsten bei t, s. Hb., s. LVII) vor, z. b. vit(t)ne zeuge, Þót(t)n ein ortsname, nom. pl. m. lyg(g)ner zu lygenn lügnerisch.
§ 280. Nach langem, haupttonigem vokal tritt bisweilen dehnung ein (vgl. über diese schwierige frage Noreen, Arkiv VI, 319 ff., und Kock, ib. VII, 334 ff.) Die fälle sind:
Anm. 1. Imper. wie blótt opfere, grátt weine neben blót, grát können aus blóttu ( < blót-ðu § 276), gráttu abstrahiert sein; prät. wie biótt wohntest, hiótt hiebst neben selt. biót, hiót können zu der 1. sg. bió, hió neugebildet sein nach der analogie slótt ( < slōht § 267) schlugst, hlótt lachtest zu sló, hló.
Anm. 2. Nicht hierher gehört das schon in einigen der ältesten hdschr. (z. b. Cod. AM. 315 F — s. § 15, B, b, 4 — wo þeirri, aber noch fǽre, nicht fǽrre) alternativ vorkommende -rr- der nicht surch synkope entstandenen formen þeir(r)ar, -r(r)e, -r(r)a ‘der(er), deren’ nach deren analogie dann zum pron. siá ‘dieser’ þessar(r)ar, -ar(r)e, -ar(r)a statt þessar, -se, -sa entstanden sind. Nach E. Olson, Östgötalagens 1300-tals-fragment, s. XCVI f., wäre þeirrar usw. ein urn. þaiʀiʀōʀ usw., d. h. eine umbildung von þaiʀōʀ usw. nach *blindiʀōʀ ( > blindrar) u. dgl.
Anm. 3. Ueber das wol nicht hierhergehörige anorw. suiddauðr, -ða neben suídauðr, -dá s. § 267 anm. 3.
Anm. 4. Wo kein vokal folgt, ist vielleicht überhaupt (vgl. doch 1 oben) keine lautgesetzliche dehnung anzunehmen. Z. b. ist wol das schon in den ältesten hdschr. auftretende komp.-adv. nǽrr ‘näher’ so zu erklären, dass, nachdem der urspr. komp. nǽr (got. nēƕis) früh die bedeutung ‘nahe’ angenommen hatte, die komp.-endung -r zum zweiten male hinzugetreten ist (wie in miþr < minnr weniger neben aschw. min, got. mins, oder fremr ‘weiter’ zum urspr. komp. framm, got. framis, s. § 277 anm. 5); ebenso in dem eines eigentlichen positivs entbehrenden komp. meirr (so schon in den ältesten hdschr. häufiger als meir, got. mais) mehr. Von nǽrr, meirr u. a. ist wol rr anal. übertragen worden in fällen wie optar(r) ‘öfter’, neþar(r) ‘weiter unten’, — Ebenso zweifelhaft ist dehnung bei anderen auslautenden kons. als r. So z. b. ist vielleicht ss urspr. (vgl. þess, huess, hirþess u. dgl.) in solchen gen. wie adj. grás(s) u. a., subst. ntr. bús(s), trés(s) — so schon im St. Hom. — m. Týs(s), mós(s), wozu möglicherweise rr in nom. Týr(r), mór(r) eine neubildung ist. Seltenes siákk statt siák ‘ich sei’ kann ja nach siákka (s. 2 oben) u. dgl. sein kk angenommen haben. Und es konnte wol auch sein, dass das schon in den ältesten hdschr. weit überwiegende tt in sg. n. a. ntr. wie fátt weniges, miótt schmales u. dgl. auf assoziation beruhte, indem fátt statt des selt. fát zu fár, miótt zu miór neugebildet wäre nach der analogie smátt (*smāht nach § 267, vgl. ahd. smāhi) : smár, hótt (*hōht, got. hauhata) : hór u. dgl.; umgekehrt selt. smát, hát nach fát u. a. Upp (ags., as. upp; vgl. aisl. uppe, yppa u. a.) neben seltenerem (s. Larsson, bes. s. 340) úp (ags., as. ūp, ahd. ūf; vgl. aisl. selt. úpi, s. Larsson, ib.), selt. durch kontamination úpp hinauf ist wol nach § 318, 2 zu erklären (s. Johansson, Beitr. XV, 240 ff.).
§ 281. Nach kurzem, haupttonigem vokal tritt, scheinbar ganz regellos, dehnung in einigen fällen auf, wie in brot(t), brutt (vgl. § 152, 2) neben braut weg, hin, selt. huatta beschleunigen, hatta hassen u. a. statt huata, hata (s. Bugge, Norrøne skrifter, s. 356), skattyrþe neben skǿting hohn u. a. (s. Falk, Arkiv V, 121 f.), anorw. forrað (s. z. b. Wadstein, F. Hom., s. 133) gefährliche passage und huarra, -e wo in aller welt neben forað, huara; vielleicht auch das rätselhafte snimma, snemma (s. § 162, 1) neben seltenerem (bei den älteren skalden nie vorkommendem, s. Jónsson, Skjaldesprog, s. 13) snema, snima (aschw. snima; vgl. got. sniumundō) früh, bald.
Anm. Das im mnorw. häufige till statt til ‘zu’ ist wol wie im aschw. zu erklären (s. An. gr. II, § 299).
§ 282. Nach gewissen konsonanten, bes. l, n, r tritt (wie im aschw., s. An. gr. II, § 301) dialektisch dehnung ein und zwar nach l, n, r in der anorw. Barlaams saga, z. b. birtta offenbaren, endda enden, halldda halten; nach f, g, r in derFlateyjarbók; bei l nach r und bei n nach f, g, r im anorw. Cod. AM. 655, 4º, fragm. IX, b und Cod. Hom. der Ólafs saga helga (vgl. Brenner, Beitr. X, 436 ff.); bei n nach f, r in Cod. Reg. n. s. 1824 b, 4º, c. 1400 (s. M. Olsen, Vǫlsunga saga, s. XXXIV); bei l, n nach r in einem teile der Hauksbók (s. Hb., s. XLIV) und (hier auch bei n nach f) in Jöfraskinna (s. De bevarede brudstykker s. XVIII), z. b. nafnn name, karll alter mann, kornn korn, same.
Anm. In lehnwörtern wird d nach haupttonigem vokal zu dd, z. b. kredda (ags. créda) credo, stedda (ags. stéda) stute. Zur erklärung s. Noreen, Vårt språk IV, 62.
§ 283. Nach einem anderen konsonanten (nicht aber konsonantischen vokal) wird geminata verkürzt, z. b. ntr. blint (aus *blintt § 268, 1; got. blindata) blind, prät. venda (aus *vændda, -dða § 276) zu venda wenden, ntr. huárt(t)ueggia jedes von beiden, karl (*karll < *karlʀ § 277, 3) alter mann, botn (*botnn < *botnʀ) boden, lax (*lakss < laksʀ) lachs, hiarne (*hernne, *herznǣ § 224, 2; vgl. hiarse scheitel und § 317, 4) hirn, þorna (*þorzna, vgl. got. þaúrsus) dorren. Vgl. dagegen z. b. teinn zweig, aurr lehm, nass, eyss schöpft u. dgl.
§ 284. Vor einem anderen konsonanten sind schon vor 1200 alle geminaten (wenigstens in der schrift) vereinfacht worden, ausser ll, mm, nn, rr vor l, m, n, r und gg, kk vor kons. i, u. Jedoch ist schon in den ältesten hdschr. diese regel durch ausgleichung vielfach durchbrochen worden. Beispiele des alten verhältnisses sind u. a. hlátr (ahd. hlahtar) gelächter, vát(t)r zeuge, slátr schlachtfleisch, látr ruhestätte der seehunde, nǽtr, dǿtr (selt. dǿttr) u. a. § 267, vetr § 266, 2, ketlingr junge katze (zu kǫttr katze), Otkell § 245, 1, etki nichts (zu eitt ein), vetke gar nichts (*wétt-ᵹi nach § 239, 1, a; vgl. ahd. wiht), brotfall § 241, miskunn barmherzigkeit (zu präfix miss-), ǫk(k)la § 266, 3, bygþa, gugna, ugla § 246, 2, *skygna (*skuggwinōn) spähen, galdr (*gaðl- § 313, 2, § 245, 2 zu gaddr) fussstapfe im schnee, ntr. þurt zu þurr dürr, prät. kipta zu kippa rücken, samfeþr § 245, 2, apr § 266, 1. Vgl. Hoffory, Arkiv II, 38 ff., Mogk, Anz. f. d. A, X, 61 ff., Wadstein, F. Hom., s. 127 ff.
§ 285. Nach schwachtonigem vokal tritt regelmässig kürzung ein, jedoch nur zu sehr verschiedenen zeiten in verschiedenen fällen, je nachdem ein ursprünglich starktoniger vokal früher oder später schwachtonig geworden ist. Beispiele sind:
Anm. 1. Die oben erwähnten kürzungen können auch dann eintreten, wenn die geminata aus dem auslaut eines wortes und dem anlaut eines folgenden besteht, z. b. þá kua(þ) þat Blindr ‘dann sprach so B. ’, drepe(þ) þá tötet sie, þykke þér aus *þykkið (got. þugkeiþ) ðér (þér) ‘es scheint dir’, a(þ) þat (at þat, s. § 248) ‘dass es’, tóko(m) mér (mit) ‘wir (zwei) nahmen’, þei(m) mon ‘in dem masse’, vé(r) róm aus vér erom (s. § 158 anm. 2) ‘wir sind’.
Anm. 2. Anders zu beurteilen sind fälle wie die urspr. zusammengesetzten mannsnamen Hákun neben selt. -kunn (s. Egilsson), auch -konn (s. Lind, Dopnamn; air. Agonn 847, s. Marstrander, Bidrag, s. 118), später gew. kon (s. Gislason, Efterladte skrifter I, 3), Aun(n) § 228 neben (sehr selt. anorw. Auðunr, s. Lind, Arkiv XIII, 193, und) gew. Auþun(n), -on und Ǫ́n(n) < *Áun(n) § 226 und § 228, wo auch in aisl. hdschr. -n häufiger als -nn ist. In jenen formen fehlt nämlich die nominativendung wie bisweilen im simplex kon (s. Egilsson), vin neben konr sprössling, vinr freund. Zur erklärung s. Noreen, Arkiv III, 14 note, VI, 308 f., Uppsalastudier, s. 195 f. und 201. Auffallend ist son, sun neben sonr, sunr, sonn, sunn (s. § 277 anm. 2) und Halfdan neben selt. -danr st. des zu erwartenden *Halfdann (doch air. Albann 874, 876, Albdann 934, s. Marstrander, Bidrag, s. 118).
§ 286. Nach langem, starktonigen vokal (oder diphthong) wird auslautende geminata in älteren aisl. hdschr. nur ganz ausnahmsweise (sporadisch) verkürzt, z. b. þión(n) knecht, 3. sg. präs. skín(n) leuchtet, ís(s) eis, laus(s) los, vís(s) weise, 3. sg. präs. frýs(s) friert, stól(l) stuhl, sǽl(l) glücklich, heil(l) gesund, þiór(r) stier, skír(r) klar u. a. schon um 1200 (s. Gislason, Njála II, 628 ff.), fälle die wol sämtlich auf übertragung aus formen mit lautgesetzlich einfachem konsonanten (wie acc. sg., 1. sg. präs. u. dgl.) beruhen können; in den misl. rímur aber ganz regelmässig (s. Jónsson, Fernir fornísl. rímnaflokkar, s. VI f.). Dagegen in anorw. (bes. onorw.) hdschr. ist schon früh (in nebentoniger silbe schon um 800 durch air. lehnwörter bezeugt, s. Marstrander, Bidrag, s. 119) diese kürzung durchaus regelmässig (s. Wadstein, F. Hom., s. 130 ff.), z. b. ntr. brát zu bráðr hastig (aber satt zu saðr wahr), vís weise (aber koss kuss), krós (vgl. ahd. chrūzi) neben kross kreuz.
Anm. Fälle wo eine geminata nach kurzem, starktonigem vokal verkürzt worden zu sein scheint, beruhen — mit ausnahme der misl. kürzung eines auslautenden rr, worüber s. Gislason, Efterladte skrifter II, 169 f. (und vgl. An. gr. II, § 305) — wol auf anal. übertragung, z. b. 3. sg. präs. selt. stel, skil, fer, oft les statt stell (stelr, s. § 277, 2, b) stiehlt, skill (skilr) scheidet, ferr fährt, less liest, wol durch entlehnung aus der 1. sg. präs. Unklar bleiben þaka (so immer im Cod. AM. 645, 4º) neben þakka danken, þori (so immer im aisl. teile der Hauksbók, s. Hb., s. XLIV, wie zum teil im nisl.) neben þorre der 4. wintermonat, aisl. þes(s)a dieses, -er (gen. sg. und pl.; ein erklärungsversuch bei Hänninger, Fornskånsk ljudutveckling, s. 38; aber vielleicht kommt þesa nur in solchen hdschr., z. b. St. Hom., vor, wo ss durch s wiedergegeben wird, s. § 45 anm. ).
§ 287. Wo durch synkope einer unbetonten vorsilbe (§ 154) eine der sprache fremde konsonantengruppe oder auch eine geminata entstehen sollte, schwindet der anlautende konsonant, z. b. nǽma (ags. benǽmen) berauben, stolenn (ags. bestolen) beraubt; burþr (got. gabaúrþs) geburt, minne (got. gaminþi) gedächtnis; prät. sueip § 154 u. a. m. Vgl. Delbrück, Synkretismus, s. 5 f. und 178, Vonhof, Zur entwicklung der germ. echten verbalkomposita, s. 4 f.
Anm. Aus demselben grund fehlt gew. p in den lehnwörtern (p)salmr psalm und (p)saltare psalter.
§ 288. w schwindet im allg. schon vorliterarisch vor r, z. b. reiþr (aschw. vrēþer) zornig, reka (aschw. vræka, got. wrikan) treiben, rangr (aschw. vranger, engl. wrong) schief, rata (got. wratōn) wandern, rist (nschw. vrist) rist, rise (vgl. as. wrisilīk) riese, ríþa (aschw. vrīþa, ags. wríðan) drehen, ríta (ags. wrítan, mndd. wrīten, vgl. urn. prät. warᴀit Istaby, präs. waritu Järsberg) schreiben, ráþe (vgl. ags. wrǽð, got. wriþus statt *wrēþus, s. Bugge, Bezz. Beitr. III, 114) ferkel, rǫ́ (aschw. vrā) winkel, reine hengst (vgl. aschw. vrēna, mndd. wrenschen wiehern), reitr (aschw. wrēter, vgl. urn. wraita Reistad) abgesteckte fläche.
Anm. 1. Noch im 10. jahrh. ist w in dieser stellung nicht fortgefallen, wie bewiesen wird durch gedichte, die zu dieser zeit verfasst worden sind, wo wörter, die später mit r statt wr anfangen, durch die alliteration mit solchen wörtern verbunden sind, wo w als v auch später geblieben ist, z. b. bei Eilífr Guþrúnarson: [W]reiþr stóþ [W]rǫsko bróþer, vá gagn faþer Magna, u. a. (s. Bugge, Bidrag s. 8). Noch später als auf Island schwand w in Norwegen und hier später im süden (wo, bes. onorw., noch heute wr als vr in vielen dialekten herrscht; vgl. anorw. vreiðe zorn aus dem j. 1381, s. Fritzner III, 58) als im westen und norden. Vgl. noch Sijmons, Die lieder der Edda I, CLXXIV und CCLXXXIV, F. Jónson, Arkiv VI, 150 f., No.-isl. kultur- og sprogforhold, s. 264 ff., B. M. Ólsen, Tímarit XV, 43 ff.
Anm. 2. In anorw. hdschr. seit dem 13. jahrh. kommt es einigemal vor, dass statt wegfall von w metathesis von w und r eingetreten ist, z. b. ruæiði (gew. ræiði) zorn, ruangr (rangr) schief: s. Vigfusson, Eyrbyggja saga, s. XLIX note; Fritzner III, 58; Hægstad, Kong. s. 24 und 35, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 151; G. Flom, University Studies IV, 2, s. 15 (wo unrichtige erklärung).
§ 289. Im anorw. schwindet h schon vorliterarisch vor l, n, r, z. b. lutr (aisl. hlutr) teil, níga (aisl. hníga) sich neigen, ræinn (aisl. hreinn) rein.
Anm. 1. Die orthographischie einiger alten runeninschriften (wie Hrikariki = Hringaríki Alstad im 10. jahrh., Hrabisun = Hræppiss sun Skollevold c. 1000, s. Bugge, Norsk Sagafortælling, s. 124 note 2) und die alliteration der ältesten anorw. gedichte zeigen, dass im 10. und 11. jahrh. h noch da war; andererseits fehlt es schon in der Fåberger inschr. c. 1050 (Ruar = Hróarr, s. Bugge, ib.) und in der literatur schon bei Theodoricus monachus um 1175 (Ranason = Hranason, Ringr = Hringr). Orkn. blieb es wenigstens bis ins 13. jahrh. (s. Vigfusson, Eyrbyggia s., s. XXXV); shetl. ist noch aus dem j. 1360 Hrolfs bezeugt (s. Hægstad, Hild. s. 64).
Anm. 2. Auch in aisl. hdschr. des 13. und 14. jahrhs. finden sich einige beispiele von dem wegfall des h vor l, n, r (s. z. b. Bugge, Norrœn Fornkvæði, s. XII und 446; Gering, Isl. Æv. ɪ, .).
Dagegen fehlt sporadisch, sowol in aisl. als in anorw. hdschr., anlautendes h vor vokalen; so z. b. oft in St. Hom., in Ágrip u. a.
Anm. 3. Dieser unsicherheit des anlautenden h verdankt wol das bisweilen zugesetzte unetymologische h (§ 306) sein dasein.
§ 290. Seit 1300 schwindet im aisl. g vor n, z. b. (g)naga nagen, (g)neisti funke; mnorw. auch in einigen dialekten, z. b. Núpr st. Gnúpr ein mannsname.
Anm. Die schon früher (und auch anorw.) auftretenden nógr hinreichend, líkr gleich neben älteren gnógr, glíkr sind wol selbständige bildungen ohne das präfix ᵹa-.
§ 291. Wo durch synkope, zusammensetzung oder sonst eine aus drei konsonanten zusammengesetzte gruppe entsteht, welche sonst nicht der sprache geläufig ist, fällt der mittlere konsonant fort, wo er nicht durch assoziation erhalten wird:
Anm. 1. Explosives g (oder wol eher k, s. § 246, 1) fehlt in enskr (sehr selt. engskr, vgl. 7 unten), harþenskr, anorw. ionfru, s. § 264.
Anm. 2. Unsicher bleibt, ob s in der gruppe fst (pst) schwinden kann (vgl. § 309, 1). Heipt, heift und selt. (3 mal bei Larsson) heifst hass können mit verschiedenen suffixen (-ti-, resp. -sti-) gebildet sein (vgl. mhd. heifte sturmwetter : got. haifsts neben haifts, s. Streitberg, Got. elementarbuchʀ, s. 88, streit), oder auch ist heifst nach § 309, 1 aus heift entstanden. Ebenso können das nicht seltene (s. z. b. Larsson) eftr, eptr (vgl. got. iftuma?) und das gew. efstr letzt sich zu einander verhalten.
§ 292. ð (altes oder nach § 221, 1 aus þ entstandenes) schwindet sporadisch vor r, n, seltener vor m, g, l, f, k, z. b. die personennamen Górøþr (Goþrøþr) Gottfried, Gýríþr (Guþríþr, mnorw. auch Gúríðr), Þrý(þ)rekr, Mórekr (ahd. Mōderīh), Bǫ́rekr (*Bǫðríkr, ahd. Paturīh), Frírekr (Friþrekr) Friedrich, Þió(þ)rekr Dietrich, Hrǿ(þ)rekr Roderich, mnorw. Pé(ð)r, ferner z. b. á(þ)r vorher, iúr euter, fiórer (*feðurēʀ > *fioðrir) vier und fer- (aus schwachtonigem *feðr-?, s. Noreen, Svenska etymologier, s. 41; selt. anorw. fier-, s. Hægstad, Vestno. maalf. I, 130, entspricht wol aschw. fiæþr-, mschw. fiær-) vier-, ýr (yþr) euch, lýritr (*lýðréttr) allgemeines recht, pl. huárer zu huaþarr (gew. anal. huárr) wer von zweien, mnorw. Endri(ð)r ein mannsname, nér (niðr) hinunter (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 32, resp. II, 2, ɪ, s. 60); Skáney (ags. Scedeníᵹ, aber Scónéᵹ schon bei Wulfstán vor 900; lat. Scadinauia, aber Sconia bei Adam von Bremen c. 1050) Schonen, pl. heiner (bei Widsið hǽðnas, vgl. Ptolomaeus Χαιδεινοι in Schweden) einwohner der Heiþmǫrk (ebenso Hb. s. LVI heinir statt gew. heiþnir heidnische), grein bescheid zu greiþa in ordnung bringen (vgl. § 154), reyner sperberbaum zu rauþr rot, pl. tróner (troþner) zu troþenn getreten, vielleicht Rǫ́n die meerfrau zu ráþa walten (s. Kock, ZfdA. XL, 205); die mannsnamen Hró(þ)mundr, Gu(þ)mundr, Hrei(þ)marr (s. Lind, Arkiv XI, 269), anorw. Rá(ð)mundr (s. Rygh, [und Bugge], Gamle personnavne, s. 197 f. mit note), mnorw. Frómundr (ahd. Frōdomund); mnorw. Augaut (*Auðgautr), Rógard (*Hróðgarðr); Fri(þ)leifr (s. Hb., s. XLV), gó(þ)legr schön (über das zweifelhafte ólegr s. v. Friesen, N. Spr. I, 11), mnorw. Sauland (Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 60) ein ortsname zu sauðr schaf; Fáfner (s. § 225, aus Faðmner Hægstad bei O. A. Johnsen, Olafs saga, s. XLIX) mythischer schlangenname, bǫ́fǿra neben bǫþfara brünne (vgl. § 253 anm. 2), mnorw. sta(ð)feste (Hægstad, ib.) bestätigen; anorw. (sehr selt. aisl.) Vi(ð)kunnr ein mannsname. Beispiele kommen schon bei Þióðolfr (um 900) vor. Vgl. Bugge, Ant. tidskr. f. Sv. V. 41, Ringen i Forsa kirke, s. 56, Arkiv II, 212 f., 218 f., 246 ff.; Gislason, Udvalg af oldno. skjaldekvad, s. 64 und 72.
Anm. 1. Ueber zweifelhafte fälle, wo ð vielleicht nach schwachtonigem vokal auch vor anderen konsonanten als den oben erwähnten geschwunden ist, s. Falk, Arkiv IV, 354 (bes. die note) und andererseits Noreen, Urg. lautl., s. 171.
Anm. 2. Anorw. fällt bisweilen ð teils intervokalisch, z. b. swara(ð)e antwortete u. dgl. (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 32 und II, 2, ɪ, s. 60), mnorw. Víer (Víðarr) ein mannsname, teils auslautend nach r, z. b. órskur(ðr) entscheidung, skipgær(ð) schiffsausrüstung, mnorw. ior(ð) erde (s. Hægstad, ib. I, 15 und II, 2, ɪ, s. 60, vgl. 132). Mnorw. kann ð auch inlautend nach r schwinden, z. b. gior(ð)e machte, Har(ð)angr ein ortsname (s. Hægstad, ib. II, 2, ɪ, s. 60). — Vgl. auch § 303, 3.
§ 293. ᵹ schwindet:
Anm. 1. Vereinzelt steht mnorw. Stían st. Stígandr (schreibfehlerʀʀ) ein mannsname. Ueber die nicht hinreichend erklärten adv. auf -la neben -lega s. bes. Sverdrup, Arkiv XXVII, 181 ff. und Kock, ib. XXVIII, 178 ff.
Anm. 2. Auslautend in hize(g) dort, huersu(g) wie und mnorw. Ingebior(g) ein frauenname.
§ 294. h schwindet, wo es durch zusammensetzung in den umlaut zu stehen kommt, wiewol es natürlich oft durch assoziation erhalten wird, z. b. óneiss bedeutend zu hneiss unbedeutend, óf aus óhóf (s. Jónsson, Skjaldesprog, s. 24) grosse menge, umboge (ags. ymbhoᵹa) sorge, at(h)ǽfe gebärde, ør(h)ǽfe küste ohne hafen, ør(h)óf unmenge, austr-, vestr-, norþr(h)alfa (danach anorw. anal. auch als simplex alfa neben halfa) östlicher usw. weltteil, elsk(h)uge liebe, afr(h)endr vollendet, lík(h)amr, -me körper, frials (vgl. got. freihals) frei, Gimlé wohnort der seligen (zu hlé obdach), gullaþ (gullhlaþ) goldenes band, brullaup (selt., z. b. St. Hom., brúþlaup) hochzeit, ein(h)arþr zuverlässig, varþ(h)ald wache, Seimr oder Sǽmr (§ 130 anm. ) aus Sǽ(h)eimr, anorw. Ullarváll (< *-huáll, s. M. Olsen, Maal og minne 1917, s. 48) ortsnamen; ferner eine menge von personennamen, z. b. Illuge (zu huge), Níþoþr (zu hǫþr; ags. Níðhad), Alf(h)eiþr, Móeiþr, Ragneiþr, Randeiþr, Arn(h)eiþr (zu heiþr), Alf(h)ildr, Bǫþuildr, Yng-, Inguildr, Gunn(h)ildr, Grím(h)ildr (zu hildr), Sig(h)uatr, Þór(h)allr, Þór(h)addr und bes. die vielen auf -arr (zu herr), z. b. Gunnarr (ahd. Guntheri), Hárr (alt Háarr, s. § 54, 1).
Anm. Ueber die möglicherweise hierhergehörige — dann aus den vielen zusammensetzungen losgelöste — reifr froh (nisl. hreifr) s. Pipping, Runinskrifterna på Ardre-stenarna, s. 21 f.
§ 295. Kons. i (welches urspr. überhaupt nur antesonantisch nach kurzer silbe vorkam, s. § 226) schwindet in nicht haupttoniger silbe vor palatalen vokalen, z. b. 2. pl. präs. veleþ (got. waljiþ) zu velia wählen, vile (gen. vilia) wille. In alten gedichten zeigt sich noch bisweilen i vor æ, ø, z. b. nom. pl. part. präs. dyliændr verneinend, hyggiændr denkend, viniøy weideland am wasser u. a. (s. Sievers, Beitr. XII, 486, ZfdPh. XXI, 104 note). Später kann lautgesetzlich erhaltenes i durch analogie schwinden, z. b. miþ(i)aldr ‘von mittleren jahren’ (nach miþr mittlerer), skegg(i)ǫld kriegerische zeit (nach skeggøx ‘securis barbata’ u. dgl.).
Anm. 1. Durch dissimilation ist i geschwunden in siaután, selt. sautián (seytián) nben siautián (sieytián) siebzehn (Gislason, Aarbøger 1879, s. 161; Noreen, Arkiv VI, 331 f.).
Anm. 2. Ueber das scheinbar erhaltene i nach langer auf ᵹ, g, k endenden silbe s. § 263.
Anm. 3. Frelsa frei machen (zu frials § 133, a frei) hat kein i verloren, sondern ist aus *fré(h)elsa < *frīhalsian entstanden. Aber sonst schwindet nicht selt. im anorw. und noch häufiger im mnorw. i zwischen r und haupttonigem vokal, z. b. fr(i)als frei, fr(i)ǽdagr (s. § 70, 2) freitag, Gród-, Grǿd- (s. § 248 anm. 5), Grǿt- (vgl. § 70, 4) st. Griótgarðr ein mannsname, Strǿnsstǫðum (Strións-) ein ortsname, þr(i)ú drei, þr(i)ózka widerspenstigkeit; seltener auch nach l, z. b. Lǿðolfr (Lióð-), Lót-, Lǿtulfr, -olfr (Liót) mannsnamen, lǿp (aus hlióp) lief; noch seltener nach n, z. b. snǿnám (snió-, s. 70, 4) schneeschmelzung; s. bes. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 54, 87 und II, 2, ɪ, s. 119. — Norw. frauennamen wie anorw. Ingiborg, -burg, mnorw. Gunnborg, Hallborg (statt der älteren -biorg) sind wol den wgerm. auf -burgis (neben -berga) gleichzustellen, sei es dass sie urn. verwandt oder woll eher entlehnt sind.
§ 296. k kann vor sk durch dissimilation schwinden, z. b. prät. pass. lau(k)sk schloss sich, tó(k)sk nahm sich, fe(kk)sk (vgl. § 284) empfing u. dgl. (s. Wadstein, F. Hom., s. 139), gri(k)skr griechisch, háley(k)skr aus Hálogaland stammend.
§ 297. Kakuminales l schwindet dialektisch im anorw. (vorzugsweise wnorw., s. M. Olsen, Namn och bygd II, 248 f.) vor labialen und gutturalen konsonanten, z. b. 3. präs. konj. (runisch) hiabi (Aardal, Bygland), d. h. hiápe (hialpe) helfe wie Hb. s. XXXVIII hiáp; im Hoprekstader buche úvaldr, hóf statt ulfalde kamel, hǫlf halb; in Hb. siá(l)fo; ferner Biú(l)fr, Brynio(l)fr, Gunnu(l)fr, Hró(l)fr, Sando(l)fr, Ú(l)fgestr, Sǫ(l)fe, Þó(l)fr, Stó(l)fr, Nótto(l)fr mannsnamen, háfsáld, -sǽlda halbes mass, hialmu(l)vǫlr (s. § 254) helmstock; E(l)ftaleyti; Á(l)mdaler ortsnamen, Hó(l)mstæinn, Sá(l)mundr, Viliá(l)mr; Ko(l)biorn;, Hæ(l)ge, Va(l)garðr mannsnamen, fy(l)gt gefolgt; he(l)kn steinboden, fó(l)k volk, Fó(l)ke ein mannsname; vgl. umgekehrte schreibungen wie þiolfr statt þiófr dieb, Húndiulfr, Valdiulfr statt -diúfr (s. § 238, 1, b). Vgl. z. b. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 75 und II, 2, ɪ, s. 154, sowie II, s. 47.
Anm. 1. Selten ist dieser schwund bei dentalem l, z. b. fria(l)s frei, kyndi(l)smessa lichtmesse, Páfa(l)stað ein ortsname; Ha(ll)dórr ein mannsname, landsky(l)d pachtgeld (s. z. b. Hægstad, a. o.). Shetländisch ist Hiatland (schon 1226) st. Hialtland (s. Wadstein, F. Hom., s. 67 f. note); vgl. nshetl. getling aus *gæltlingr.
Anm. 2. Ausnahmsweise kann l, sowol aisl. als amorw., im unbetonten auslaut nach vokal schwinden, z. b. helzti, mikilsti allzu, nǫkkursti ‘ein bisschen zu’ neben til ‘zu’, ska(l) soll.
§ 298. m schwindet:
Anm. Mnorw. schwindet m ziemlich allgemein in der dativendung -um, -om, gardeno, -ne st. garðenom dem hofe; s. A. B. Larsen, Arkiv XIII, 250 f., Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 160.
§ 299. n ist in folgenden stellungen fortgefallen:
Anm. 1. Der vorgang gehört der vikingerzeit, z. b. air. Turges 845 (aisl. Þorgestr; s. Marstrander, Bidrag, s. 118), adän. run. Þur (d. h. Þórr) Nørre Nærå (c. 850), Glavendrup (c. 900).
Anm. 2. Ob n lautgesetzlich auch vor m schwindet (oder vielleicht eher nm zu mm assimiliert — vgl. § 266 anm. 5 — und dann mm nach schwachtonigem vokal und? nach diphthong verkürzt wird)? Wenigstens hat St. Hom. 2 mal þolemǿþe geduld, St. Hom. und Cod. AM. 645, 4º je 1 mal þolemóþlega geduldig neben gew. þolen-, und der mannsname Eymundr scheint ags. Éanmund, ahd. Aunimund zu entsprechen (s. Levander, Ant. tidskr. f. Sv. XVIII, 3, s. 21, Björkman, Studien z. engl. Phil. LVIII, 14 ff.). Ob Ámundr (wie Björkman, a. o., s. 16 f., annimmt) aus *Ánmundr entstanden ist?
Anm. 3. Vor w dürfte n geschwunden sein im mannsnamen mnorw. Áfarr (adän. run. ąuaiʀ, agutn. Āwair, s. Bugge, Arkiv II, 224) und aisl. íviþgiarn böse (zu as. inwid bosheit), íviþia hexe.
Anm. 4. Wo n im urn. durch einen auslautenden vokal geschützt war, bleibt es, z. b. acc. sg. blindan (got. blindana) blinden, einn (got. ainnō-hun) ein. Zur erklärung der scheinbar widersprechenden 3. pl. konj., z. b. präs. bere (gegen aschw. bærin, got. baíraina), prät. bǽre (gegen aschw. bārin, got. bēreina) und nom. acc. pl. der schwachen neutra, z. b. augo neben seltnerem anorw. augun (aschw. ghon, got. augōna) augen, s. teils Noreen, Geschichte³, § 252, 3 und 195, 7, teils Falk, Anz. f. d. A. XVIII, 191 (anders Kock, Beitr. XV, 244 ff.; noch anders Holthausen, ib. XI, 555).
Anm. 5. Die präfixe ó-, ú- (got. un-) ‘un-’ und sí- (got. sín-) ‘immer-’ sind vor k, l, r, s (f?, h?, m?, w?, þ?) eines späteren zusammensetzungsgliedes lautgesetzlich (s. 1-4 oben sowie anm. 2 und 3) entstanden und von da aus verallgemeinert worden. Vgl. die lautgesetzlichen Gest-umblinda, Umblauzstaðir (§ 262, 1).
Anm. 6. Dialektisch schwindet im anorw. n auch im unurspr. auslaut, z. b. siða(n) später, norða(n) von norden her u. a., s. Kock, Arkiv XIII, 173 note; beisp. aus dem mnorw. s. A. B. Larsen, ib. XIII, 253, Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 71 und II, 2, ɪ, s. 162, 166; vgl. noch oben § 145 anm. 6.
§ 300. r (urn. r, vgl. § 301) schwindet:
Anm. 1. Vielleicht ist eher analogische umbildung anzunehmen. Nǫkkon kann sehr wol nach ntr. nǫkkot, das nie -rt gehabt hat (vgl. huat), umgebildet sein. Noch wahrscheinlicher ist, dass annat u. dgl. anal. zu annarr, annan neugebildet ist nach massgabe von nǫkkor, (nakkuarr) : nokkot (nakkuat), þan(n) : þat u. a. m.
Anm. 2. Fyre, fire — neben häufigerem fyrer, firer (s. § 147) oder fyr, fir — kann hierher gehören, aber beruht wol eher wie im agutn. (s. Pipping, Gutalag, s. LXXXIV) auf sandhi, so dass ʀ vor gewissen konsonanten (durch assimilation, vgl. § 273 mit anmerkungen) geschwunden ist.
§ 301. r (urn. ʀ, vgl. § 300) schwindet:
§ 302. s fehlt nicht selten durch dissimilation auslautend nach st, z. b. gen. sg. (vorzugsweise anorw.) Krist(s) Christus, hest(s) pferdes, prest(s) priesters, mest(s) meist (Wadstein, F. Hom., s. 141). Ob schreibungen wie Kriz (oft in St. Hom.), prez die ausstossung des ersten s angeben? Vgl. jedoch § 316 anm. .
Anm. 1. Vereinzelt steht der dissimilatorische schwund des inlautenden s im anorw. silki(s)parlak seidener vorhang.
Anm. 2. Ueber iárn (alt éarn, aus dem keltischen) neben älterem ísarn eisen s. M. Kristensen, Nord. Stud., s. 23.
§ 303. t fehlt:
Anm. Ueber mnorw. schwund von w zwischen l, m, r und betontem vokal s. § 134, b.
§ 304. b wird anorw. selt. zwischen m und r (wie im aschw.) eingeschoben, z. b. dat. ham(b)re, sum(b)ri zu hamarr hammer, sumar sommer.
§ 305. Von ddl, ddn statt ll, nn (sowol alten wie aus rl, rn nach § 272 entstandenen) zeigen sich spuren im misl. des 15. jahrh. und in gewissen mnorw. dialekten (s. Marstrander, Bidrag, s. 115, Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 116 und II, 2, ɪ, s. 142 f.), z. b. faddla, hoddn, st. falla fallen, horn horn. Vgl. das nisl.
Anm. 1. Vereinzelt steht der einschub von d zwischen n(n) und l, r (vgl. das aschw.) in Vín(d)land, Sun(d)lendiga fiorþungr (s. Hb., s. XLI) ortsnamen, anorw. (nach 1300) andrum, -a anderen, -e (s. § 455 anm. ), mnorw. Dagfin(d)er ein mannsname. Unklar bleibt der aisl. (selt. anorw.) mannsname Hǫskoldr neben (gew. anorw.) Hǫskollr, hǫskollr graukopf.
Anm. 2. In lehnwörtern tritt nicht selt. ein unurspr. d nach auslautendem n auf, z. b. prísund (afranz. prisun) kerker, vend (ags. wén) namen des buchstaben v, u. a., s. Bugge, Studier I, 130 f.
Anm. 3. Mnorw. ist auslautendes au dialektisch zu aug geworden in siaug sieben, tuaug zwei, þaug die, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 1, s. 76 und II, 2, ɪ, s. 170, 190 sowie Kong., s. 37.
§ 306. h wird nicht selt. im anlaut vor vokalen (selt. vor l, n, r) zugesetzt, z. b. (h)elska lieben, (h)af ‘von’, (h)er ‘ist’ (alle in St. Hom.) u. a.; s. Gislason, Um frumparta, s. 64 ff., Om navnet Ýmir, s. 5 ff., Wadstein, F. Hom., s. 111, Bugge, Norrœn Fornkvæði, s. 417. Vgl. § 289 anm. 3. — Immer h zeigt hiúpr (vgl. frz. jupe und oben § 243 anm. ) kurze jacke ohne ärmel.
Anm. Auffallend ist der (wie im aschw., s. An. gr. II § 328) sporadisch vorkommende einschub von kons. i nach anlautenden konsonanten im mnorw., z. b. f(i)orn von alters her, h(i)engia aufhängen, l(i)opt luft, m(i)ellom zwischen, n(i)ǽttr nächte, s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 123. — Das ziemlich häufige anorw. millium (s. Fritzner) ‘zwischen’ ist wol aus milli und millum kontaminiert.
§ 307. k wird in anorw. mundarten sporadisch vor st eingeschoben, z. b. ortsnamen wie Kui(k)staðer, Læiri(k)stúnir, Óri(k)staðer, Gau(k)storp (aus Gautsþorp), Gau(k)staðer u. a. (s. Rygh, Oplysninger, Gaardnavne, Personnavne u. a. passim.).
§ 308. p tritt ziemlich selt. zwischen m und t ein, z. b. Iam(p)taland, ntr. skam(p)t (in St. Hom.) zu skammr kurz, ósǿm(p)t (in St. Hom.) zu ósǿmr unpassend, sum(p)t (in Ágrip) zu sumr irgendein. Noch seltener, mnorw. jedoch ziemlich häufig (s. Hægstad, Kong., s. 34 f.), sind fälle von eingeschobenem p zwischen m und n, z. b. sam(p)na (in Ágrip) sammeln, anorw. Ram(p)n- (aisl. Hrafn-) in ortsnamen. Vgl. das aschw. (s. An. gr. II, § 332). — Sehr selt. ist (wie im aschw.) mnorw. mps st. ms, z. b. Ónempshúser ein ortsname, s. Lidén, Språk och stil VI, 12 note.
Anm. Ueber das nicht genügend erklärte r in iþu(r)legr unaufhörlich, náþu(r)legr gnädig u. a. s. Sverdrup, Arkiv XXVII, 172 ff.
§ 309. s wird eingeschoben:
§ 310. t wir in vielen stellungen eingeschoben:
Anm. 1. In den ältesten hdschr. kommt noch s statt z dann und wann vor.
Anm. 2. Vereinzelt steht anorw. ræik(t)na rechnen (s. Hægstad, G. Tr., s. 37); vgl. § 263 anm. 4. — Ueber selt. (s. Hertzberg) anorw. aldrigi(t) ‘nie’ s. die erklärungsversuche bei Kock, Svensk ljudhistoria IV, 74.
Anm. 3. Etwas unklar ist das, bes. in anorw. hdschr., seit c. 1250 häufige z statt s zwischen a und t, z. b. der frauenname Áztríðr und bes. die vielen superl. auf -aztr, ntr. -az (statt -azt nach § 303, 1ʀ), wie diúpaztr neben -astr tiefster (aber z. b. nur flæster zahlreichster, siðarstr spätester usw.); s. z. b. Brenner, Beitr. X, 432, Gering, Isl. Æv. ɪ, s. ɪ, Wadstein, F. Hom., s. 118, F. Specht, Acta Germanica III, 18 f., 34 f., Hb., s. XXXIV und LVI, F. Jónsson De bevarede brudstykker af … Jöfrskinna, s. XVIII, Rydberg, Die geistlichen drápur, s. XXXII, Olson, Yngvars saga, s. LII, G. Indrebø, Sverris saga, s. XXVII. Wahrscheinlich ist z nur eine orthographische variante zu s und st, s. § 43 und § 303, 1. Vgl. § 316 anm. — Ueber arz, raz s. § 315 anm. 3.
§ 311. Volksetymologischer art ist wol der einschub von g, r, n in fällen wie aisl. Rik(g)arþr (Lind, Arkiv XI, 266) Richard, anorw. Kristia(r)n (nach den namen auf -iarn und -biarn, s. Lind, ib. 257 f., Kock, ib. XII, 269) Christian, línspund neben selt. lí(f)spund (aus mndd. līspunt, līvespunt) livischer pfund.
Anm. Ueber anorw. aldrege(n), huærgi(n) s. § 158.
§ 312. Hiatusfüllend tritt bisweilen im anorw. ein:
§ 313. l kann in folgenden gruppen umgestellt werden:
Anm. Vereinzelt stehen aþal st. alaþ nahrung (Gislason, Aarbøger 1881, s 224 f.), eþle st. elþe leibesfrucht, gen. Skapls (Hb., s. XLV, 2 mal) zu Skalpr ein mannsname.
§ 314. n wird ausnahmsweise umgestellt in den auslautenden gruppen sn, tn, kn (pn? s. anm. 2), z. b. selt. launs (Hb., s. LVI; vgl. An. gr. II, 337, 9) st. lausn erlösung, anorw. pl. ynx (! Fritzner II, 922, 2 mal) st. yxn ochsen, anorw. vant (s. Hertzberg, s. 686) st. vatn wasser, anorw. sonk (s. Hægstad, Vestno. maalf. II, 2, ɪ, s. 176, Skulerud, Telemaalet, s. 47; auch aschw.) und (durch kontamination?) sonkn (Hoprekstad) statt sókn kirchspiel.
Anm. 1. Anorw. sygn neben sykn (got. swikns, s. § 77, 12) schuldlos, zu gerichtlicher belangung frei kann aus dem ntr. syknt > synkt > syŋt (geschrieben synkt, syngt, sygnt, syngnt, s. Hertzberg) stammen, indem zu syŋt ein m. sygn geschaffen worden ist nach der analogie loŋt (< loŋnt < lognt, s. § 239, 2 mit anm. 4 und § 291, 9) : logn ruhig u. dgl.
Anm. 2. Im anorw. dürfte auch ausnahmsweise (wie im aschw., s. An. gr. II, § 337, 5) auslautendes pn zu mp werden können. Dann wäre selt. vampn (s. Hertzberg) waffe als kontamination von nom. *vamp < vápn und dat. vápne aufzufassen (vgl. sonkn oben). Dunkel bleibt die selt. anorw. form vamn (Hoprekstad; vgl. auch Heinzel, Ueber die ostgot. heldensage, s. 55, wogegen aber F. Jónsson, Heimskringla IV, 53 note), denn zwar könnte sie eine vereinfachung (nach § 291?, vgl. aber § 308) von dem eben genannten vampn sein, aber vielleicht entspricht sie eher dem ebenfalls unklaren ags. wǽmn (neben vǽpn) und dem wāmbn-um des Hildebrandsliedes.
Anm. 3. Vereinzelt steht anorw. Mághins (früh nschw. Mågens) aus Mágnus; anders Hægstad, G. Tr., s. 94.
§ 315. r wird bisweilen nach dem folgenden vokale versetzt, z. b. schwachtonig bort, burt neben starktonigem brot(t), brutt (s. § 152, 2) weg, hin, akarn (got. akran) ecker, pl. Girker und Grikker Griechen, girskr und gri(k)skr (s. § 296) griechisch, mnorw. Anders und Andreas; auffallend umgekehrt mnorw. Þrú(g)ils, Þróels, Þruls neben gew. Þorgils ein mannsname.
Anm. 1. Gewaltsamer ist die umstellung gewesen in fífrilde aus *fífildri (vgl. ahd. fīfaltra) schmetterling (vgl. nisl. fiðrildi aus *fiðildri zu aschw. fiædhal u. a.). In kokodrillus statt crocodilus ist die umstellung schon auf ausländischem boden vorgenommen.
Anm. 2. Ueber auslautendes rw statt wr s. § 288 anm. 2.
Anm. 3. Die verschiedene stellung der r im adj. (urspr. part.) skorpenn eingeschrumpft und skreppa (wozu neu gebildet part. skroppenn) gleiten stammt aus urgerm. zeit; vielleicht auch selt. hors neben hros (vgl. as. hros und lat. currere laufen aus curs-). Ueber die euphemistischen formen ragr neben argr (ahd. arg) feige, raz neben arz arsch, einmaliges erþr (Fritzner II, 50) neben gew. reþr (ib. III, 47) männliches glied, freta furzen (: schw. fjärta, ahd. ferzan, gr. πέρδεσθαι), streþa (part. prät. stroþenn) neben serþa (sorþenn) perverse unzucht treiben s. E. Noreen, Studier i fornvästnordisk diktning II, 60 ff. — Gramr neben Garmr (zu mnorw. garma, gorma lärmen) name eines mythischen hundes ist wol das von Garmr etymologisch verschiedene adj. gramr zornig.
§ 316. s erleidet (von dem § 313, 4 und § 314 erwähnten fällen abgesehen) selten metathese wie in geispa (zu geipa den mund verzerren) gähnen, rispa (zu no. und schw. dial. ripa ritze; vgl. Noreen, Vårt språk III, 187 mit note 2) f. ritze, v. ritzen, britxle neben brixtle (brixle § 239, 1, b) statt brigzle § 238, 2, d vorwurf, syzken statt systken geschwister, fylskne statt fylxne § 222, 2 versteck, anorw. Axnes oder Asknes (s. Rygh, Oplysninger II, 155) ein ortsname.
Anm. Kaum annehmbar ist, dass fälle wie gen., seltener acc., Kriz statt Krist (s. § 302) und superl. ntr. diúpaz statt -ast (gegen ausschliessliches flæst u. dgl., s. § 310 anm. 3) hierher gehören. Denn die annahme einer metathese von auslautendem -st (so dass m. diúpaztr zu dem ntr. diúpaz neu gebildet wäre statt des lautgesetzlichen diúpastr) erklärt weder den gegensatz diúpaz : flæst noch warum Kriz u. dgl. häufiger im gen. als im acc. auftritt (vgl. § 302 schluss). Vgl. § 310 anm. 3 (schluss) und § 303, 1.
§ 317. Unter allen urgerm. lautgesetzen ist das weitaus wichtigste das s. g. Vernersche gesetz, wonach inlautendes f, þ, h und s (ausser in den verbindungen fs, ft, hs, ht, sk, sp, ss, st) in resp. ƀ, ð, ᵹ (nach nasalen resp. b, d, g) und z (d. h. stimmhaftes s) übergehen, wenn der nächst vorhergehende sonant nach der altererbten betonung nicht den hauptton trug. Bei verschiedener betonung entstehen demnach doppelbildungen mit f : ƀ (b), þ : ð (d), h : ᵹ (g) und s : z.
Anm. 1. Unklar ist ll : ld in guþspiall evangelium, skillingr münze, anorw. auch -spiald, skildingr (dies, wiewol selt., auch im aisl.), Hǫskollr, -koldr (s. § 305 anm. 1) und haukstaldr (nur einmal -stallr, s. Egilsson) häuptling, wo nach got. spill, skilliggs und mndd. kol das ll, resp. nach got. -staldan das ld schon uregerm. ist. Ob in den zwei ersten fällen nur umgekehrte schreibungen mit ld nach § 275 anm. vorliegen? Wegen skildingr vgl. aber E. Schröder, KZ. XLVIII, 254 f.
Anm. 2. Weil hw unter umständen zu urgerm. f wurde, ist der wechsel hw : ᵹw (woraus teils ᵹ, teils nach § 319, 1 w) bisweilen durch einen wechsel f : ᵹ wie in ofn (vgl. got. aúhns) : anorw. (selt. s. Fritzner) ogn ofen, ulfr wolf : ylgr wölfin ersetzt worden. Sonst ist der wechsel hw : (ᵹ)w im nordischen gew. nicht bemerkbar, weil nicht nur h, sondern auch w (s. § 235, 1) in den meisten stellungen schwinden musste. Nur in den wenigen ällen, wo w (aus ᵹw) schon urgerm. vokalisiert worden ist oder in einem diphthong vorkommt (vgl. § 163), entstehen (vokalische) doppelformen, z. b. siá sehen : sión (*seᵹwni-) gesicht; hǫ́ nachgras : hey gras (s. § 163, 1); ǫ́ (got. aƕa) fluss : ey (*aᵹwja-) insel, aue; huél (*hwehla-, ags. hweohl) : hiól (*hweᵹwla- § 235 anm. 3, ags. hwéowol, hwéol) neben (nicht redupliziertem, s. Noreen, I. F. Iv, 320 ff.; anders Kock, Arkiv XIV, 246) huel (*hwela-, vgl. asl. kolo; die kürze des e ist durch den schwedischen dialekt von Dalarna sicher bezeugt, s. Noreen, Sv. landsm. IV, 106, so dass der zweifel Bugge's bei Fritzner III, 108 hinfällig ist) rad.
§ 318. Wechsel von einfachem konsonanten mit geminata (welche nach konsonanten und nach langem vokal verkürzt wird) findet in folgenden fällen, meistens infolge urgerm. assimilation eines n statt (s. Noreen, Urgerm. lautl., s. 154 ff., 160 ff., 163 ff.; v. Friesen, De germ. mediageminatorna, pass.; Sievers, I. F. IV, 335 ff.):
Anm. 1. Durch ausgleichung kann (auch nach kurzem vokal) ein wechsel ƀ : p entstehen (vgl. anm. 3), z. b. prät. gafði (s. oben 1) : gapa gaffen.
Anm. 2. Ein urspr. þ : þþ liegt in maþkr made : motte (s. § 241) motte vor.
Anm. 3. Durch ausgleichung entstehen sowol ᵹ: k (vgl. anm. 1), z. b. hrúga haufen : hroke aufmass, wie auch gg : kk, z. b. ? bagge packen : bakke anhöhe, kinnbakke backen; kǫggoll fingerspitze, kaggr, kagge : kakke fässchen, kǫkkr klumpen.
Anm. 4. Friá-dagr freitag (zu Frigg Odens gattin) ist lehnw. (ahd. frīatag, ags. frīᵹedæᵹ).
Anm. 5. Ueber man- in zusammensetzungen (manvit und pl. manheimar, s. Bugge bei Fritzner III, 1110; vgl. got. manasēþs) neben mannr (maþr, got. manna, dem vielleicht manne Vafþruþnesmǫ́l 55 entspricht; anders Neckel, K. Z. XLV, 6) mit unurspr. nn s. Noreen, Urg. lautl., s. 159 f.
§ 319. Sonstige, spärlicher vertretene, erscheinungen sind:
§ 320. t, d, ð, þ + t treten als ss, nach oder vor kons. sowie nach langem vok. oder diphthong als s auf, z. b. vita wissen : prät. vissa wusste, víss (pl. víser) weise, gewiss, vísa weisen, vísa gebundene rede; huatr keck, huetia anspornen : huass scharf; sitia sitzen : sess sitz; gióta giessen : giósa sich gewaltsam ergiessen, geysa in heftige bewegung versetzen, vgl. nisl. Geysir name einer quelle; hníta anstossen : hniss widriger geschmack; meita abhauen : meiss art holzgerät; fundr fund : fúss (*funss-, s. § 233) begierig; hlaþa laden : hlass fuhre; hnoþet gehämmert : hnoss geschmeide; sníþa schneiden : sneis spiess; hróþr ruhm : hrósa rühmen; fǿþa füttern : fóstr (*fōsra- mit eingeschobenem t) nahrung.
§ 321. k, g, ᵹ, h + t treten als ht (an. tt, s. § 267) auf; vor ht schwindet ein n (s. § 319, 6). Beispiele sind u. a. sǿkia suchen : prät. sótta; þykkia scheinen : prät. þótta; þekkia merken : prät. þátta; yrkia bewirken : prät. orta (urn. worahto Tune); siúkr krank : sótt sucht; miolk milch : mialtr (*melhtaʀ) melk; mega können : prät. mátta; stíga steigen : stétt fuss eines bechers; haga einrichten : hǫ́ttr beschaffenheit; draga ziehen : drǫ́ttr (mengl. draught) zug; ganga gehen : gǫ́tt (got. -gāhts) gang, durchgang; hanga hangen : hǽtta (vgl. mengl. hāht, haughte gefahr) von etwas abhängig sein lassen, riskieren.
§ 322. Anlautendes s kann unter umständen fehlen (s. Noreen, Urg. lautl., s. 202 ff., Siebs, K. Z. XXXVII, 277 ff., H. Schröder, Beitr. XXIX, 479 ff. und die dort — s. bes. s. 484 mit note 1 — erwähnte literatur). Statt sk, sp, st stehen dann h, f, þ. Beispiele sind u. a. :
Anm. Im auslautenden skr scheint r bisweilen schwankend zu sein, z. b. sk(r)okkr ranzen, sk(r)ukka runzel, pl. sk(r)ykker wellenbewegungen; skreppa ranzen : skeppa scheffel; skríþa gleiten (z. b. vom schiff), skreiþ (das) gleiten, lavine (ags. scrád schiff) : skeiþ f. schiff, ntr. lauf. Aber wahrscheinlich liegen hier nur reimwörter vor.
§ 323. p entspricht:
Anm. Anlautendes p kommt, soweit die etymologischen verhältnisse klar sind, fast nur in lehnwörtern vor, z. b. penningr pfennig, pund pfund, prestr priester und vielen anderen. Ueber mehr oder weniger sichere fälle von urspr. an. p- s. K. F. Johansson, K. Z. XXXVI, 342 ff.
§ 324. pp entspricht:
§ 325. t hat mehrfachen ursprung:
Anm. Ueber kakuminales t s. § 252.
§ 326. tt hat sehr verschiedenen ursprung:
§ 327. k (velares und palatales) hat folgenden ursprung:
§ 328. kk hat mehrfachen ursprung:
§ 329. b kommt nur anlautend und nach m vor. Es entspricht:
§ 330. bb ist im ganzen selten. Es ist:
§ 331. d kommt nach vokalen nur in zusammensetzungen (z. b. friádagr freitag) vor. Es hat folgenden ursprung:
Anm. Ueber kakuminales d s. § 252.
§ 332. dd hat folgenden ursprung:
§ 333. g (velares und palatales) kommt nur anlautend und nach n vor. Es ist:
§ 334. gg hat dreifachen ursprung:
§ 335. f kommt nur anlautend und im inlaute vor k, s, t, þ vor; auslautend ist es früh nach § 240, 1 zu ƀ geworden. Es entspricht:
§ 336. ff kommt fast nur in lehnwörtern vor, z. b. offra opfern, die buchstabennamen eff = f und vaff = v. In echt nordischen wörtern ist es aus ƀ + f entstanden, s. § 269.
§ 337. þ kommt nur anlautend und im inlaute vor k sowie nach k, p vor; auslautend ist es früh nach § 221, 1 zu ð geworden. Es entspricht:
§ 338. s ist:
Anm. Ueber kakuminales s s. § 252.
§ 339. ss hat mehrfachen ursprung:
§ 340. Der (velare und palatale) spirant h kommt nur anlautend vor kons. i und u vor und entspricht immer urgerm. h (s. § 222, 1), z. b. hiarta herz, huat (vgl. got. ƕa) was.
Anm. 1. Derselbe laut — jedoch g geschrieben — kommt als übergangsstufe in der entwickelung ᵹ > spir. h > k vor, s. § 239, 1.
Anm. 2. Ueber ch aus hi-, þi-, ki- s. § 243 anm. , § 263 anm. 5.
§ 341. Der hauchlaut h kommt (ausser in zusammensetzungen) nur anlautend vor sonanten vor und entspricht:
§ 342. ƀ, später (s. § 255 und vgl. § 250) v (anlautend durch v, sonst durch f bezeichnet) entspricht:
§ 343. ð kommt sehr selten anlautend (s. § 221, 1) vor. Es hat folgenden ursprung:
§ 344. ᵹ (velares und palatales) kommt nur nach vokalen und ð, (stimmhaftem) f, l, r vor. Es entspricht:
Anm. Ueber spirantisches j aus i s. § 251, aus g(i) s. § 263 (schluss).
§ 345. m entspricht:
Anm. Ueber anlautendes m statt w s. § 278. Ueber auslautendes stimmloses m s. § 34 anm. 2 (schluss).
§ 346. mm ist sehr mannigfachen ursprungs:
Anm. Ueber eventuelles mm aus urgerm. z + m s. § 224 anm. 4. Etwas unklar ist das mm in fim(m) fünf (vgl. § 298, 2); vgl. auch mehrere der im § 318, 10 angeführten wörter.
§ 347. Das dentale oder kakuminale n (vgl. § 349) ist:
Anm. Ueber kakuminales n s. auch § 252; über stimmloses n s. § 41 anm. 3.
§ 348. nn ist sehr mannigfachen ursprungs:
§ 349. Das velare n (ŋ) kommt fast nur vor g (sehr selt. k — dies vielleicht nur in lehnwörtern — und n) vor und entspricht:
§ 350. l ist:
Anm. Ueber stimmloses l s. § 40 anm. 2.
§ 351. ll hat sehr mannigfachen ursprung:
§ 352. r ist folgenden ursprungs:
Anm. Ueber auslautendes stimmloses r s. § 34 anm. 2 (schluss).
§ 353. rr ist folgenden ursprungs:
§ 354. i findet sich in starktoniger silbe — ausser in den § 306 anm. erwähnten fällen — nur in den § 193, §§ 195 — 208, § 213 und § 214 schon erwähnten diphthongen und triphthongen. In schwachtoniger silbe ist es:
§ 355. u (w) findet sich in starktoniger silbe nur in den § 192, §§ 209 — 212 und § 214 erwähnten diphthongen und triphthongen. In schwachtoniger silbe entspricht es:
§ 356. Die a-stämme sind maskulina und neutra, welche letzteren nur im nom. sg. und nom. acc. pl. von den maskulinen abweichen. Die endungen sind:
mask. | neutr. | ||
Sg. | N. | -r | — |
G. | -s | -s | |
D. | -i, -e (§ 145) | -i, -e (§ 145) | |
A. | — | — | |
Pl. | N. | -ar | — (u-uml. d. wurzelv.) |
G. | -a | -a | |
D. | -um, -om (§ 146) | -um, -om (§ 146) | |
A. | -a | — (u-uml. d. wurzelv.) |
Anm. 1. Nom. sg. m. endete urn. auf -aʀ. Die hierhergehörigen beispiele (auch adj.) sind (chronologisch geordnet): owlþuþewaʀ (Torsbejærg, þewaʀ Valsfjorden), laukaʀ (Fløksand, brakteat aus Schonen, Börringe, Skrydstrup), ðaᵹaʀ (Einang), erilaʀ (Lindholm, Kragehul, Järsberg, irilaʀ Veblungsnæs, By), wilaᵹaʀ (Lindholm), …ðaʀ (Vetteland), frawaraðaʀ und slaᵹinaʀ (Möjebro), hraþaʀ, stainawarijaʀ, sạirawiðaʀ und swaƀaharjaʀ (Rö), holtijaʀ (Gallehus), halaʀ (Stenstad), hou[h]aʀ (brakteat aus Fünen), ᵹakaʀ (brakteat aus Schonen), akaʀ (Åsum), uƀaʀ (Skärkind, Järsberg), leuᵹaʀ (Skåäng), sṭainaʀ (Krogsta), wiwaʀ (Tune), haðulaikaʀ und haᵹusta[l]daʀ (Kjølevig und, wenn -iʀ st. -aʀ verschrieben ist, haᵹustalðiʀ Valsfjorden), fakaʀ (Fæmø), haitinaʀ (Tanum), helðaʀ (Tjurkö), la[n]ðawarijaʀ (Tørviken I), haraƀanaʀ (Järsberg), iuþinᵹaʀ und wakraʀ (Reistad), laiþiᵹaʀ (Møgedal), hiwiᵹaʀ (Årstad), h[l]aiwiðaʀ (Amle), haụ[h]aʀaʀ (Eidsvåg), hroʀaʀ (By), mᴀlᴀ[u]sᴀʀ (Stentoften). Spät-urn. steht nur -ʀ, z. b. haþuwulafʀ (Istaby, -wolᴀfʀ Stentoften), mᴀlᴀusʀ (Björketorp), fiskʀ und mit assimilation nach § 277, 1 und 3 skorin, stᴀin, fokl (Eggjum), hroᴀltʀ (Vatn), tᴀitʀ (Tveito), ᵹaṃʀ? (Flistad). Vgl. § 370 anm.
Anm. 2. Nom. acc. sg. ntr. hatte urn. die endung -a. Beispiele: lina (Fløksand), horna (Gallehus, Strøm), auja (Seeland, Skodborg), arbija (Tune), hlaiwa (Bø), aʀina? (By). Ueber die synkopierten uilalð (Overhornbæk), lant, sot (Eggjum) s. § 153, 7.
Anm. 3. Gen. sg. endete urn. auf -as. Beispiele sind: asuᵹisalas (Kragehul), ᵹoðaᵹas (Valsfjorden), hnaƀ͡ụðas (Bø), wa[n]araas (Saude). Spät-urn. steht nur -s z. b. hᴀriwulfs (Rävsal).
Anm. 4. Dat. sg. hatte urgerm. die endung -ai, die vielleicht noch in den allerältesten urn. inschr. erhalten ist, z. b. ᵹisai (hobel von Vi), marihai (zwinge von Vi), hahai (Möjebro); später steht -ē, z. b. ski[n]þale (Skärkind), woðuriðe (Tune), wllhakurne (Tjurkö), waᵹe (Opedal), sᴀkse (Eggjum).
Anm. 5. Acc. sg. m. endet urn auf -a, z. b. makia (zwinge von Vi), (sta)ina (Vetteland, staina Tune), wraita (Reistad), haha? (Strøm), hᴀriwulafa (Istaby), hᴀðuwolᴀfᴀ (Gummarp).
Anm. 6. Nom. acc. pl. m. sind aus alter urn. zeit nicht belegt, müssen aber die endungen -ōʀ, resp. ann (vgl. got. ōs, resp. -ans) gehabt haben. Spät-urn. steht im nom. aʀ, z. b. stᴀinᴀʀ (Rävsal), im acc. -a, z. b. kᴀiƀᴀ (Eggjum). Nom. acc. pl. ntr. sind ebenfalls aus urn. zeit nicht belegt, müssen aber auf -u geendet haben; vgl. das finn. lehnw. joulu (aisl. iól pl. t.) weihnachten (noch älter wol -ō, vielleicht in finn. jukko joch entlehnt). Diese endung ist später fortgefallen, zeigt aber ihre frühere existenz durch u-umlaut oder -brechung in der wurzelsilbe des wortes.
Anm. 7. Gen. pl. ist urn. nicht belegt, aber endete wol auf nasaliertes -ō.
Anm. 8. Dat. pl. endet urn. auf -umʀ nach ausweis zweier anal. gebildeten i-, resp. an-stamms-dative: haᵹestumʀ, haƀorumʀ (Stentoften).
Als unterabteilungen der a-stämme werden gew. abgesondert die ia-, ja- und wa- stämme; die übrigen fasst man als ‘reine’ a-stämme zusammen. Wir behandeln hier zunächst die letzteren.
§ 357. Paradigmen: mask, armr arm, hamarr hammer, mór heideland; neutr. barn kind, sumar sommer, bú wohnsitz.
Sg. | N. | armr | hamarr | mór(r) |
G. | arms | hamars | mós(s) | |
D. | arme | hamre | mó | |
A. | arm | hamar | mó | |
Pl. | N. | armar | hamrar | móar |
G. | arma | hamra | móa | |
D. | ǫrmom, armum | hǫmrom, hamrum | móm | |
A. | arma | hamra | móa |
Sg. | N. | barn | sumar | bú |
G. | barns | sumars | bús(s) | |
D. | barne | sumre, -i (§ 145) | búi, -i | |
A. | barn | sumar | bú | |
Pl. | N. | bǫrn | sumor, -ur (§ 146) | bú |
G. | barna | sumra | búa | |
D. | bǫrnom, barnum | sumrom, sumrum | búm | |
A. | bǫrn | sumor, -ur | bú |
Anm. Die kursiv gedruckten formen sind hier und in allen folgenden paradigmen die altnorwegischen (bes. ostnorwegischen).
§ 358. Wie armr flektieren die meisten einsilbigen mask. mit langer wurzelsilbe, z. b. dómr urteil, fiskr fisch, gluggr lichtöffnung, hundr hund, kambr kamm, móþr mut, skattr tribut, toppr oberste spitze, vargr wolf, þiófr dieb usw.; ferner die vielen zweisilbigen auf -engr (ingr; oft daneben inge nach § 403), -ongr (-ungr), -angr (vgl. anm. 2), -leikr (oft daneben -leike nach § 401) sowie die zahlreichen urspr. zusammengesetzten mannsnamen auf -arr (urn. harjaʀ, -warijaʀ Rö), -geirr (-arr § 54, 3, b, § 151, 1), -gísl (-gisl, -gils, -isl, -ils, S. § 229), -kell (vgl. § 359, 2), -laugr, -leifr (-láfr § 54, 3, b), -leikr (-lákr § 54, 3, b), -marr (s. § 151, 1), -ráþr, -rekr (s. § 151, 3), -tannr (-taþr) u. a. (vgl. s. 250), z. b. búnengr rüstung, konongr könig, kaupangr stadt (vgl. anm. 2), kǽrleikr liebe, Ragnarr, Þorgeirr (Þórarr), Auþgisl, -gils (Auðils), Hrollaugr, Óleifr (gew. -láfr, selt. Áleifr air. Aleib, S. Marstrander, Bidrag, S. 89), Þorleikr (-lákr), Biartmarr, Aþalráþr, Eirekr, Hildetannr (taþr); dagegen von einsilbigen wörtern mit kurzer wurzelsilbe nur sehr wenige wie — von den urspr. langsilbigen malr § 230, 1, marr § 124, 2, melr (s. Bugge, Sv. landsm. IV, 150 note) sandabschuss, selr § 124, 2 abgesehen — dagr tag, huerr kessel, refr fuchs, verr mann und die schwankenden (s. 4 unten) dalr, smiþr, stafr, stigr, vegr (hualr, valr u. a., s. § 387, 2); ausserdem noch einzelne wörter wie die namen Heriann, Regenn und fast alle lehnwörter auf kons., z. b. bikarr becher, Pétarr (Pettarr) Peter, Kristr Christus usw., vgl. Wimmer, Forn. forml. § 32, § 35, § 36, § 47, Larsson, s. 422 f., Jónsson, Skjaldesprog s. 7 ff. — Ueber die einzelnen kasusendungen ist zu bemerken:
Anm. 1. Die endung fehlt ganz in einigen fremdwörtern: biskop, -up (alt auch byskop, -up § 77, 5, b), anorw. aber auch oft biskuper (s. Hægstad, Kong., s. 23) bischof, siniór Herr und eigennamen wie Benedikt, Israel, Nikolás, Magnús (seltener Mǫgnús), Salomón, Satán, Simón u. a.; gew. (s. Jónsson in Festskrift til V. Thomsen, s. 226) in Ádám(r), Dáviþ(r) (auch anal. Dáfiþr, -finnur, gen. -finz nach Fiþr, Finnr : Finz), Iákob(r), Iósef, gew. Iósep (Ióseppr, s. § 240 anm. 7), bisweilen in Krist(r) § 301, 2. Ueber Ǫ́n(n), Aun(n), Auþun(r), Hákun(n) (s. § 226), Halfdan(r) s. § 285 anm. 2; stól(l), þiór(r), is(s) u. dgl. 286; ulfge (*ulfrgi) u. dgl. § 291, 9. In den misl. ‘rimur’ fehlt die endung durchgehends in wörtern auf -ing, -ung sowie in vielen mannsnamen, bes. denjenigen auf mund (s. Gislason, Efterladte skrifter II, 167, 174). Mnorw. kann die endung -r überhaupt fehlen (s. Falk und Torp, Dansk-norskens syntax, s. XIV note) wol durch entlehnung der acc.-form.
Anm. 2. Nicht endung, sondern dem stamme gehörig und daher in der flexion durchgehend, ist -r in akr (vgl. 1 oben) acker, aldr alter, andr schneeschuh, angr reue, meerbusen, arþr pflug, austr schöpfen, bakstr backen, Baldr Balder, blómstr blume, bolstr polster, galdr zauberlied, gambr strauss (tier), hafr bock, hrúþr schorf, hungr hunger, klungr hagebuttenstrauch, kurr lärm, lióstr fischgabel, lúþr horn (zum blasen), motr kopftuch, naþr schlange, nykr nix, otr otter, pústr ohrfeige, sigr (selt. ntr. sig, s. Egilsson und zur erklärung Noreen, Arkiv III, 14 f. note) sieg und alle auf -angr, z. b. leiþangr kriegszug (jedoch schwankt im anorw. kaupangr stadt, z. b. dat. -ge neben -gre); ferner die 2 unten erwähnten hlátr, hróþr, lemstr, meldr, veþr und (alle schwankend) apaldr, gróþr, heiþr, rekstr, róþr (s. Ekwall, Suffixet ja, s. 68 note). Im gen. sg. ist dies r bisweilen nach § 291, 9 schwankend, z. b. apald(r)s, arþ(r)s, kaupang(r)s.
Anm. 3. In wörtern auf s mit einem vorhergehenden konsonanten ist natürlich der gen. dem nom. gleich (§ 283), z. b. þurs riese, lax lachs. Ueber . fälle wie hest(s), Krist(s) s. § 302 (hess, Kriss § 291, 11); liós(s) u. dgl. s. § 286. Sonst fehlt -s nur in einigen fremden eigennamen wie Dávíþ(s), Israel.
Anm. 4. Wörter auf ll, nn haben z statt s (§ 310, 1), z. b. hal(l)z zu hallr stein, mun(n)z zu munnr, muþr mund. Ueber formen wie elz zu eldr feuer s. § 245, 1; über garz zu garþr umzäunung u. dgl. s. § 238, 2, d; kar(l)s, iar(l)s, bot(n)s, stof(n)s s. § 291, 7 und 9.
Anm. 5. Statt Nóregs Norwegens kommt mnorw. ein nach dem dat. gebildeter gen. Nór(e)ges (s. § 160 anm. ) bisweilen vor (s. Hægstad, Kong., s. 22 und 23). — Anorw. Eirikis (aschw. run. Airikis Sparlösa), Erikis, Ærkis (s. § 160 anm. ) entspricht got. (Friþa)reikeis und geht von dem adj. *ríkir (später zu ríkr umgebildet) aus, vgl. got. -mēreis (urn. -mariʀ Torsbjærg s. § 385 anm. 1, aisl. mǽrr), *auþeis (aschw. þe, aisl. auþr, aber als erstes zusammensetzungsglied und substantiviert eyþe), wilþeis (an. ville-) u. dgl., s. Streitberg, Die got. Bibel II, 110; vgl. v. Grienberger, Gött. gel. Anz. 1908, nr 5, s. 423. Vgl. auch § 425 anm. 2.
Anm. 6. Mnorw. wird selt. -s zu der alten endung -ar gefügt, z. b. Auðunars.
Anm. 7. Von dagr tag heisst der dat. dege (s. § 73) neben selt. dag, welche form bei dem eigennamen Dagr die in alter zeit einzig gebräuchliche ist (mnorw. aber auch Dage). Bei dem urspr. u-stamm mundr (s. oben 2) kommt im anorw. (die u-stammform)myndi neben mundi vor.
Anm. 8. Gen. pl. von vegr zeigt die form vegna (statt gew. vega) in adverbiellen ausdrücken wie tueggia vegna beiderseits, minna vegna meinetwegen u. dgl.; vgl. An. gr. II, § 407, 4, und Bugge bei Hertzberg, s. 699.
§ 359. Wie hamarr flektieren die meisten mehrsilbigen mask. mit kurzer ableitungssilbe, z. b. þumall daumen,